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Nach der Wachabblösung an der Weltspitze: Wer sind die Favoriten auf den Rugby World Cup?
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 20. August 2019

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Wir sehen die Boks mit Verbinder Handre Pollard aktuell als den größten Neuseeland-Konkurrenten um den WM-Titel. Foto (c) Perlich

Nun ist es also doch geschehen. Wales hat nach einem hart erkämpften aber schlussendlich glanzlosen Sieg den All Blacks den ersten Rang im World Rugby Ranking abgenommen und das obwohl die All Blacks im Blediesloe-Rückspiel Australien vom Feld fegten. Doch die Arithmetik der Weltrangliste zufolge ist Six-Nations-Sieger Wales nun das die Nummer eins weltweit. Aber sind die Waliser tatsächlich die beste Nationalmannschaft aktuell? Wir haben für euch den ersten Teil unseres TR-Ranking der WM-Favoriten zusammengestellt.

1. Neuseeland

Im offiziellen Ranking des Weltverbands World Rugby mögen die All Blacks vielleicht erstmals seit zehn Jahren nicht mehr an der Spitze stehen, doch wer nun meint, dass die All Blacks plötzlich kein heißer Anwärter mehr auf den World Cup seien, irrt sich. Samstag in der Festung Eden Park hat der amtierende Weltmeister beim 36-0 gegen Australien ein Mal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, was ihn dermaßen gut macht. Besonders in der Defensive dieses Mal gnadenlos - dabei im Verteidigen der eigenen Linie auch gerne Mal weit über die Grenzen des Erlaubten, doch immer so, dass der Unparteiische Peyper sich nicht gezwungen sah, mehr als nur Gelb zu geben.

Dazu brauchte es aber dieses Mal auch einige Geschenke der australischen Gäste. Diese verschwendenden erst mehrere einfache Chancen vom Tee und kamen auch nach einer minutenlangen Belagerung der Neuseeland-Linie, nicht mit Punkten davon. Dazu war der erste Versuch der All Blacks quasi ein Geschenk der Gäste. Australien hatte die Chance schnell über die Seite anzugreifen, Hodge ließ den regennassen Ball aber aus vielversprechender Position fallen und nachdem dieser dann in den Händen von Mo’unga landete, war es bereits zu spät. 0-10 aus australischer Sicht und danach stellten sich die noch in der Woche zuvor so mutigen Gäste wie die Kaninchen vor der Schlange an und ließen sich sukzessive vorführen.

 

Nicht so dominant wie einst, aber sicherlich der heißeste WM-Kandidat: Neuseeland

Aber während Neuseeland sicherlich weiter der heißeste Anwärter auf den Webb-Ellis-Cup bleibt, gehen die All Blacks dieses Mal doch ohne den Nimbus der Unbesiegbarkeit in dieses Turnier. Auf etlichen Positionen scheint Coach Hansen seine beste XV noch nicht gefunden zu haben und die Last-Minute-Wechsel vor dem Spiel gegen Australien sind Zeugnis davon. Lange schien es, als sei der Abgang der goldenen Generation um Carter, McCaw, Kaino und Nonu ohne Qualitätsverlust weggesteckt worden. Doch zuletzt hatten die Neuseeländer immer wieder Schwächen gezeigt. Schon im November 2018 lief die Angriffsmaschinerie gegen die gut eingestellten Defensiv-Reihen von England und Irland nie so richtig an.

In den ersten drei Länderspielen dieses Jahres dasselbe Problem und dazu noch ungewöhnliche Defensiv-Schwächen: Verpasste Tackles, schlechtes Stellungsspiel von zum Teil erfahrenem Personal, fragwürdige individuelle Entscheidungen und unnötige Straftritte. Zumindest gegen Australien war nun wieder ein wenig mehr von den All Blacks zu sehen, die die letzten zehn Jahre im Welt-Rugby dominiert haben. WM-Favorit sind sie noch immer, doch gleichwohl scheint der Thron wackliger denn je. Der erste richtige Härtetest folgt am 21. September in Yokohama - dann nämlich warten die Springboks im allerersten Gruppenspiel der WM auf den amtierenden Titelträger. Es könnte bereits ein richtungsweisendes Duell sein.

2. Südafrika

Zwar ist Südafrika aktuell nur auf Rang vier des offiziellen Rankings, doch wir bei TR sehen die Boks aktuell direkt hinter den All Blacks als zweiten Topfavoriten auf den Titel. Kein Team hat zuletzt dermaßen konstant gut gegen Neuseeland ausgesehen. Seit der Blamage von North Harbour vor genau einem Jahr, als die All Blacks Südafrika in Grund und Boden spielten, haben sich die Boks vier ganz enge Duelle mit dem dreimaligen Weltmeister geliefert. Wenn man die Ergebnisse dieser vier Spiele addiert, trennt nur ein winziger Zähler beide Teams.

 

In der aktuellen Form Neuseeland-Herausforderer Nummer eins: Südafrika

Dazu hat Coach Rassie Erasmus dem Südafrika-Team den Glauben an sich selbst zurückgeben. Selbst knappe Pleiten wie im letzten November auf Europa-Tour gegen England und Wales ändern nichts am Aufwärtstrend der Boks. Personaldiskussionen auf wichtigen Positionen gibt es momentan nicht - Verbinder Handre Pollard scheint in der Form seines Lebens und kombiniert seine Verteiler-Qualitäten mit einigen direkten harten Läufen in den Kontakt.

Südafrika ist derzeit wohl auch auf den Außen-Positionen am besten aufgestellt. Mapimpi, Nkosi und Kolbe stritten sich zuletzt um die Plätze. Erasmus zauberte zuletzt mit Herschel Jantjies einen Gedrängehalb aus dem Hut, von dem nur ganz wenige gehört hatten. Mit drei Versuchen wurde der zwei Mal als Bankspieler eingewechselte nur 1,67 m große Jungspund gleich Mal zum besten Try-Scorer der Rugby Championship, die die Boks erstmals überhaupt gewinnen konnten. Südafrika geht mit breiter Brust in das Turnier in Japan zählt für uns zu den absoluten Favoriten.

3. Wales

Die neue Nummer eins der Weltrangliste ist für uns nur die Nummer drei auf der Liste der Favoriten. Doch das ist für Wales bereits die beste Ausgangslage jemals vor einem Rugby World Cup. Nach 14 Siegen in Folge war sich Coach Warren Gatland sicher, dass seine Jungs das Verlieren verlernt hätten. Dann folgte letzte Woche die Pleite im Vorbereitungsspiel gegen England. Bei der verletzte sich zu allem Überfluss auch noch Verbinder Gareth Anscombe ohne Fremdeinwirkung schwer am Kreuzband. Damit bleibt erst Mal nur Dan Biggar als erfahrener Zehner für Wales.

 

Die neue Nummer eins im World Rugby Ranking Wales

Mit dem Northampton-Saints-Star jedoch haben die Drachen zuletzt einige wichtige Erfolge feiern dürfen. Die Siege über die Springboks und den Angstgegner Australien waren Balsam für die walisische Seele. Sollte der auch vom Tee bombensichere Biggar fit bleiben, schmerzt der Verlust von Anscombe nicht dermaßen. Immerhin legte er am Wochenende beim 13-6 Sieg über England George North den wichtigen und einzigen Versuch auf. Hinter ihm streiten sich Jarrod Evans, Rhys Patchell und Sam Davies um die Rolle als Backup. Alle jedoch haben wenig Erfahrung auf dem Niveau vorzuweisen.

Was für Wales bei der WM allerdings eine entscheidende Rolle spielen dürfte, ist die Defensive. Denn seit jeher definiert sich das Wales-Team unter Gatland über die taktische Disziplin in der Defensive, die überragende Fitness und die Fähigkeit jedes Loch zuzulaufen und irgendwann den Gegner so frustrieren, dass er Fehler macht. Das ist ein Rezept, dass in den Six Nations zum Grand Slam geführt hat. Mit nur zehn Versuchen hatten die roten Drachen bei den Six Nations nicht Mal halb so viele wie die Zweitplatzierten Engländer - nur Italien hatte es dermaßen selten ins Malfeld geschafft.

Wales kann damit sicherlich an einem guten Tag jeden Schlagen. Aber nicht umsonst ist den Walisern seit 1953 kein Sieg über Neuseeland gelungen. Weswegen sich der erste Platz in der Weltrangliste auch ein unrealistisch anfühlt. Doch 14 Siege in Folge sind durchaus eine Hausnummer. Die dritte Halbfinalteilnahme in der WM-Geschichte ist für die Waliser durchaus ein realistisches Ziel - dann wird sicherlich auch das Spielglück entscheiden, ob es für Wales noch ein Stück weiter geht.

4. England

Wo steht England aktuell? Diese Frage lässt sich so leicht nicht beantworten. Am Anfang der Ära Eddie Jones schien sie wieder zu laufen, die gut geölte Sturm-Maschinerie Englands. Der Grand Slam 2016 und die Titelverteidigung 2017, Jones schien sich sogar genötigt zu betonen, dass man als englische Nationalmannschaft eigentlich immer die Six Nations gewinnen müsse. Was dann aber folgte war der Einbruch 2018 und der vorletzte Platz im ältesten Rugby-Turnier der Welt.

Jones sah sich gezwungen einige altgediente Topspiele auszusortieren und tatsächlich scheint der Durchhänger nur ein kurzer gewesen zu sein. England konnte in diesem Jahr Irland schlagen und sich im November 2018 mit den All Blacks auf Augenhöhe messen. Doch insgesamt wirkt England wie ein fragiles Gebilde - zu Höchstleistungen fähig, aber genauso anfällig für grandiose Einbrüche, wie gegen Schottland im März, als England erst haushoch führte und dann im zweiten Durchgang gleich fünf Versuche kassierte.

Dazu brennen Kapitän und Verbinder Owen Farrell ab und an die Sicherungen durch. Ob nun indem er eine völlig sinnlose Schubserei im Spielertunnel initiiert, oder durch gefährliche Tackles. Sollte einer seiner Shoulder Charges Mal regelgerecht geahndet werden, droht England ein herber Verlust. Bei dieser WM dürfte England eine Wundertüte bleiben. In der Lage jeden zu schlagen, aber genauso gut für ein blamables Aus à la 2015 in der Lage.

5. Irland

Noch im November 2018 war in Irland heile Welt: Nach dem Grand Slam im Frühjahr hatte man endlich die All Blacks in Dublin bezwingen können. Mit Verbinder Johnny Sexton wurde erst der zweite Ire überhaupt zum Weltspieler des Jahres gewählt. Irland ging gefühlt als Topfavorit in das WM-Jahr - was dann aber folgte war ein durchwachsenes Six-Nations-Turnier, das direkt mit einer Pleite gegen England losging und einer Vorführung durch Wales endete. Irland hatte es in der WM-Geschichte nie weiter als bis ins Viertelfinale gebracht und bereits mehrmals lautete die Analyse nach dem Turnier, das man die Maximalform zu früh erreicht habe.

Auch in diesem Jahr könnte genau dieses Problem wieder bestehen, denn aktuell wirkt Irland deutlich schwächer als noch vor acht Monaten. Verbinder Sexton lässt sich von zwei drei harten Hits zu schnell aus dem Konzept bringen und diskutiert dann lieber mit seinen Mitspielern und den Unparteiischen. Dazu ist der formidable Backup Joey Carbery nun verletzt und dürfte erst gegen Ende der WM-Gruppenphase wieder einsatzfähig sein.

Irland hat noch immer ein tolles Team, haben einen tollen Sturm und trotz vieler Verletzungen noch viele personelle Optionen. Aus Gruppe A wird das Team von Trainer Joe Schmidt wahrscheinlich auch als Sieger ins Viertelfinale einziehen, aber ein Top-Favorit auf den Titel sind die Boys in Green sicherlich nicht mehr.

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