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Es scheint das Ende einer Ära zu sein - Den All Blacks ist die Dominanz abhanden gekommen
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 13. August 2019

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Wirkte auf der Schluss-Position verschwendet - Beauden Barrett. Foto (c) Kessler

Als das Team des Weltmeisters am Samstag vom Feld des mit über 60.000 Zuschauern ausverkauften Optus Stadiums von Perth trottete, war nicht mehr viel übrig von der berühmten All Blacks Aura. Neuseeland steckt nach der Rekordniederlage gegen Erzfeind Australien (26-47) in einer handfesten Krise und das nur 5 Wochen vor dem WM-Start. Woran hat es gelegen und wie geht es weiter mit dem unglaublich dominanten Team der letzten Dekade.

Es ist verdammt lange her. Lady Gagas Paparazzi war gerade der Nummer eins Hit im Radio, Thierry Henry bugsierte das runde Leder unerlaubt per Hand im Tor der Iren, so dass die Grande Nation sich doch noch für die Fußball-WM in Südafrika qualifizieren würde und Bundesaußenminister Westerwelle machte gerade seine Antrittsbesuche. Wir schreiben das Jahr 2009, November genauer gesagt - warum das hier relevant ist? Damals waren die neuseeländischen All Blacks zuletzt nicht auf Platz eins der offiziellen Weltrangliste des Weltverbands World Rugby. Damals hatten die Springboks nach drei Siegen in Folge über Neuseeland zumindest für einige Monate den Platz an der Sonne übernommen - doch seitdem ist niemand dem Team aus Aotearoa gefährlich geworden, bis zu diesem Wochenende.

Die Dominanz des mittlerweile Dreifach-Weltmeisters in der letzten Dekade war schlicht erdrückend. Niederlagen waren maximal Ausrutscher und in fast jedem Spiel hatte man, selbst wenn der Spielstand eng war, immer noch das Gefühl, dass die All Blacks im Zweifel noch eine Schippe drauf legen können. Auch nach dem Karriere-Ende des für die All Blacks so unglaublich wichtigen Crusaders-Duos Richie McCaw und Dan Carter schien die schwarze Dominanz sich fortzusetzen - alle staunten darüber, wie einfach dem Neuseeland-Team der Generationenwechsel nach der letzten WM gelungen war. Doch zuletzt schien das Gerüst zu wackeln, ausgerechnet im WM-Jahr.

Die beiden Auftaktspiele zur Rugby Championship gegen Argentinien (20-16) und die Springboks (16-16) waren so gar nicht nach dem Geschmack der Fans des Weltmeisters, doch immerhin konnte man mit dem Ergebnis leben. Das würde so nach dem Debakel vom Samstag keiner mehr behaupten - 26-47 hieß es nach 80 Minuten im westaustralischen Perth gegen eine zuletzt ebenso kriselnde australische Mannschaft. Natürlich spielt die rote Karte gegen Scott Barrett mit dem Halbzeitpfiff bei diesem Ergebnis eine nicht unerhebliche Rolle. Der Zweite-Reihe-Stürmer der All Blacks hatte Australien-Kapitän Micheal Hooper mit der Schulter und dem Ellbogen am Kopf erwischt und regelgerecht rot gesehen.

Völlig ungewohntes Bild: Australien demontiert Neuseeland

Doch Australien hatte zu diesem Zeitpunkt bereits geführt und konnte die All Blacks nach der Pause regelrecht vorführen. Hatten die All Blacks noch 2017 gegen die British and Irish Lions nur hauchdünn verloren, obwohl sie damals sogar 60 Minuten in Unterzahl nach einer Roten für Sonny Bill Williams spielen mussten, wurde es dieses Mal zum Debakel. Nie hat ein Team in über 100 Jahren und 587 Länderspielen mehr Punkte gegen die Neuseeländer erzielt, als die Wallabies am Samstag. Nur ein einziges Mal verlor Neuseeland mit 21 Zählern Rückstand, damals auch gegen die Wallabies, die wenige Monate später im Jahr 1999 ihren zweiten WM-Titel holen sollten.

Muss man als Neuseeland-Fan mit Blick auf die WM nun schwarz sehen? Natürlich nicht - noch immer haben die Neuseeländer wohl das beste Team der Welt, Top-Spieler auf fast allen Positionen. Sorgen sollte den Anhängern des Weltmeisters aber bereiten, dass Coach Steve Hansen scheinbar seine beste 15 noch nicht gefunden hat. Das Experiment Spielmacher Beauden Barrett auf die Schluss-Position zu schieben und Richie Mo’unga als Verbinder auflaufen zu lassen, war bisher nicht von Erfolg gekrönt. Zwar konnte sich Barrett bei Konter-Situationen ein zwei Mal gefährlich ins Spiel bringen und wirkte zumindest nicht verloren auf der für ihn ungewohnten Position, aber als Australiens Samu Kerevi am Samstag auf dem Weg zu einem weiteren Wallabies-Versuch in Perth über den zweifachen Weltspieler des Jahres walzte, wirkte Barrett dann doch ein wenig verloren.

Dazu konnte Mo’unga sein so bekanntest Game Management bisher nicht gewinnbringend zeigen. Insgesamt wirkten die All Blacks einfach nicht wie die All Blacks - einfache Handling-Fehler und taktisch falsche Entscheidungen. Dazu jetzt die Krise auf der Lock-Position, wo mit Brodie Retallick und Scott Barrett zwei ganz wichtige Kräfte ausfallen. Die als Ersatz gehandelten Patrick Tuipulotu und Jackson Hemopo bringen bei weitem nicht die Erfahrung derjenigen Spieler mit, die sie ersetzen sollen.

Nur noch zwei Spiele werden bis zum WM-Auftaktspiel gegen die Springboks folgen. Der erste große Test erwartet diese verunsicherte Team am Samstag in Auckland. Zum Glück könnte man aus neuseeländischer Sicht meinen, haben die All Blacks doch in ihrer Festung Eden Park seit 1994 nicht mehr verloren. Gegen eine bis in die Haarspitzen motivierte australische Mannschaft jedoch könnte das Team erstmals seit 2002 den Bledisloe Cup verlieren. Nach 5839 Tagen in Neuseelands Besitz wäre das im Rugby-verrückten Neuseeland schon eine Tragödie - für das internationale Rugby nicht. Denn ohne eine ultradominanten All-Blacks-Mannschaft scheint die WM spannender denn je zu werden.

Und noch sind sie ja die Nummer eins der Welt. Virtuell war Wales nach der Neuseeland-Niederlage für gute 28 Stunden am Weltmeister vorbeigezogen, doch noch bevor World Rugby am gestrigen Montag das Update der Weltrangliste veröffentlichte, hatten die Waliser die Chance auf den Platz an der Sonne schon wieder verschenkt. Die Niederlage gegen England am Sonntag bedeutet, dass sie nicht an den All Blacks vorbeiziehen. Es hätte sich auch ein wenig unverdient angefühlt, nachdem zuletzt 1953 eine walisische Mannschaft gegen Neuseeland siegreich vom Feld gezogen war.

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