Gerade wie sich ganz junge Kräfte wie Niklas Koch und Ben Ellermann etabliert haben, ist ermutigend. Foto (c) Perlich
Es ist der erste große Titel für unsere deutsche Auswahl im olympischen Siebener. Der gerechte Lohn jahrelanger harter Arbeit und entsprechend ausgiebig wurde er gestern auch von unseren Jungs gefeiert. Nach einer kurzen Sommerpause soll sie aber weitergehen, die tolle Entwicklung dieser Mannschaft. Wir wagen den Blick voraus.
Es ist nicht dermaßen lange her, da hießen Deutschlands Gegner im olympischen Siebener-Rugby noch Zypern, Israel und Griechenland. Siege gegen die vermeintlich kleinen Gegner waren damals alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Seit dem Aufstieg in die höchste EM-Spielklasse, die Rugby Europe Grand Prix Series, im Jahr 2012, kennt die Entwicklung dieses Teams aber nur eine Richtung - und zwar steil nach oben.
Mit den Erfolgen sind aber auch in Rugby-Deutschland die Ansprüche gestiegen, die Früchte hängen höher. Man muss es sich nur ausmalen: Hätten unsere Jungs gestern Vormittag den Rugby-Krimi im Viertelfinale gegen Frankreich nicht in Unterzahl auf dramatische Art und Weise für sich entschieden, hätte man fast ausschließlich die Stimmen der Nörgler gehört in den Kommentarspalten dieser Seite und auf den DRV-Kanälen. Vom Scheitern und Versagen wäre die Rede gewesen, aber dieser Anspruch ist halt auch eine Folge der Entwicklung dieses Teams.
Doch es kam gegen Frankreich bekanntlich anders: Manchmal entscheiden gerade im Siebener Nuancen solche Spiele und obwohl das Spielglück nicht auf Seiten der DRV-Auswahl war und man nach der gelben Karte für Henrik Meyer in der Schlussphase mit dem Rücken zur Wand stand, reichte es mit viel Willen und einem Kraftakt trotzdem zum Sieg. Was danach folgte waren zwei großartige Leistungen, die zeigen zu was diese Mannschaft imstande ist.
Der erste große Titel des Wolfpacks jedenfalls ist der Lohn jahrelanger harter Arbeit, sowie Beweis dafür, dass auch in diesem Jahr die positive Entwicklung der Mannschaft weiterging. Hatte man im Vorjahr noch in den Finalspielen der Grand Prix Series gegen Irland chancenlos ausgesehen, war es nun in Moskau einmal sehr knapp zu Ungunsten des deutschen Teams und dieses Mal etwas deutlicher zu Gunsten des deutschen Teams ausgegangen. Lediglich die 0-21 Niederlage in Colomiers stört da enorm, hatte sie doch unseren Jungs die Chance auf die Olympia-Teilnahme gekostet, wobei auch in diesem Spiel deutlich mehr drin gewesen wäre.
Überragende Nachwuchskräfte lassen positiv in die Zukunft blicken
Was aber umso erfreulicher ist: Mit Niklas Koch und Ben Ellermann haben sich innerhalb weniger Monate zwei ganz junge Kräfte im Team fest etabliert. Wie der junge Germanen-Gedrängehalb Koch im EM-Finale gleich zwei Spanier mit World-Series-Erfahrung aussteigen ließ und sich zum Versuch durchmogelte, war eine Augenweide. Weniger elegant aber dafür brutal und effizient bahnte sich das Pauli-Eigengewächs Ben Ellermann zwei Tage lang durch die Defensiv-Reihen der EM-Teams. Dabei sind beide nicht ein Mal am Ende ihrer Entwicklung und können noch zulegen - Koch im körperlichen und Ellermann im technischen Bereich - aber schon jetzt ist klar, dass sie auf Sicht eine verdammt wichtige Rolle in diesem Team spielen werden.
Wenn sich dann in den nächsten Monaten noch das prall gefüllte Lazarett leert - in dem momentan noch so wichtige Spieler wie Sebastian Fromm, Marvin Dieckmann, Sam Rainger sind - dann wird diese Mannschaft noch umso stärker und das ist auch gut so. Die Aufgaben und Herausforderungen werden nämlich größer. Zu allererst darf sich das deutsche Team bei den Oktoberfest 7s im September zum Wiesn-Auftakt mit einigen der weltgrößten Teams messen - Olympiasieger Fidschi und Weltmeister Neuseeland warten im Olympiastadion auf das Wolfpack, vor zehntausenden eigenen Fans. Für diese Jungs, die sonst eigentlich immer nur im Ausland spielen ein absolutes Highlight und für die deutsche Rugby-Community ist es das erst recht.
Nach Hongkong als Favorit auf den Aufstieg
Es wird der Auftakt zu einer großartigen Saison für dieses Team. Die Spiele gegen die besten World-Series-Teams in München werden eine großartige Vorbereitung auf Hongkong. Dort wird dieses Team den fünften Anlauf auf den World-Series-Aufstieg unternehmen. Ohne die Iren, die über ein Jahr lang die absolute Übermannschaft und der heißeste Aufstiegs-Anwärter waren, sind unsere Jungs in der Pole Position für den Aufstieg. Die erneut aus World Series abgestiegenen Japaner dürften der Haupt-Konkurrent sein.
Die Russen, die nächstes Jahr nach der WM ihre Siebener-Stars Ostroushko, Davidoff und Simplikevich zurück haben dürften und dementsprechend stärker wären, haben die Hongkong-Quali in Lodz verpasst. Die weitere Konkurrenz wird unter anderem Chile und Portugal sein - zwei Teams, die durchaus gefährlich sind, aber aus deutscher Sicht kein unschlagbarer Gegner, zumal man als Gruppenkopf dieses Mal eine relativ leichte Gruppe haben sollte.
Dazu steht nun schon fest, ob es unsere Jungs in Hongkong packen, oder nicht. Im Mai/Juni kommenden Jahres dürfen sie erstmals World-Series-Luft schnuppern und zwar als Gast-Team. Der Londoner Rugby-Tempel Twickenham, in ihm wird nach über zehn Jahren wieder Mal ein deutsches Team auflaufen. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele deutsche Fans unsere Jungs auf diesem Weg begleiten: München, Hongkong, London!
|