Nationaltrainer Zangqa spricht nach der Irland-Niederlage mit seinem Team.
Der Traum von Olympia ist beendet. Die 0-21 Pleite gegen Irland im Viertelfinale des Quali-Turniers von Colomiers beendete die deutschen Hoffnungen auf Tokio, nachdem bereits gestern die Frauen in Kasan in der Gruppenphase gescheitert waren. Im deutschen Team muss die Devise aber heißen den Mund abzuputzen und sich schnell auf die nächsten Ziele zu konzentrieren - schon nächste Woche winkt die Chance auf die Quali für das World-Series-Turnier von Twickenham im kommenden Jahr.
Irland, immer wieder Irland. Auch in Colomiers endete ein großes Rugby-Turnier unserer Siebener-Jungs wieder mit einer Niederlage gegen die Boys in Green. Der diesjährige Hongkong-Gewinner beendete damit den deutschen Traum von Olympia und anders als in den letzten beiden Partien, als sich das direkte Duell jeweils erst mit der letzten Aktion entschied, war es heute eine eindeutigere Angelegenheit: Am Ende stand ein 0-21 auf der Anzeigetafel des Stade Michel Bendichou von Colomiers.
Freilich war unsere Mannschaft nicht dermaßen chancenlos, wie es das Ergebnis suggeriert. Doch die Ausflüge des deutschen Teams in Irlands 22 über die 14 Minuten in der Hitze Südfrankreichs endeten meist mit dem gleichen Resultat - Irland klaute dem deutschen Team den Ball jeweils den Ball in den Offenen. Der irische Sturm um Harry McNulty überlief mehrmals das deutsche Ruck und sorgte so für wichtige Entlastung in der Defensive durch Turnover. Gleichzeitig verteidigten die Iren ihre eigenen Rucks gefühlt mit der Stirn auf dem Boden, alles andere als legal, konnten so aber Turnover durch das deutsche Team verhindern - aber wenn es nun Mal nicht gepfiffen wird, muss man sagen, dass Irland hier schlicht cleverer war.
Doch auch insgesamt fand das deutsche Team nie die Mittel Irland über längere Phasen unter Druck zu setzten. Dazu funktionierte beispielsweise die Gasse zu schlecht, mehrmals konnte McNulty den deutschen Einwurf abfangen. Jedoch hätte auch diese Partie trotz dieser Unzulänglichkeiten im deutschen Spiel deutlich enger sein können. Denn auch die Iren zeigten zumindest anfangs der Partie Nerven. Spielmacher Dardis ließ am Anfang des Spiels zwei Bälle fangen und so kam die deutsche Mannschaft in Irlands Hälfte, ohne dort jedoch zu Punkten zu kommen.
Der Sargnagel für Deutschlands Chancen war derweil wieder ein Mal Jordan Conroy. Der irische Außen, der aktuell Carlin Isles den Titel „schnellster Mann im Rugby“ streitig macht, erzielte den ersten Versuch für Irland. Der zweite Versuch fiel, nachdem unsere Jungs zwei Mal im Ruck scheinbar legal die Hände am Ball hatten, der Unparteiische aber bei unseren Counter-Ruck-Versuchen weniger Sympathie zeigte, als beim grünen Favoriten. So kam McNulty aus kurzer Distanz über die Linie. Beim Stand von 0:14 zur Pause standen unsere Jungs unter Druck, doch noch war das Spiel nicht verloren.
Die Vorentscheidung fiel Mitte des zweiten Durchgangs, als Terry Kennedy im Zentrum des Feldes nach schlechter Koordination der deutschen Defensive viel zu einfach zum dritten Versuch durchbrechen konnte. Irland hatte nun nach jeder Aktion extrem viel Zeit und nahm so viel Zeit von der Uhr, wie nur möglich. Erst jetzt traute sich das erste Team etwas zu. Hatte Manasah Sita in Durchgang eins in Irlands 22 noch das Eins-zu-Eins gemieden und die „sichere“ Variante gespielt kamen unsere Jungs nun mit dem Messer zwischen den Zähnen nach vorne. Noch ein Mal ging es bis kurz vor die Linie, wieder jedoch hatte Irland im Offenen die bessere Antwort parat.
Man muss realistisch anerkennen, Irland ist aktuell die bessere Mannschaft. Auch wenn unsere Jungs sich zuletzt immer wieder auf Augenhöhe mit Irland messen konnten, reden wir hier immer noch von einer der wichtigsten Rugby-Nationen auf dem Planeten. Irland hat deutlich mehr aktive Vereinsspieler im Rugby, als Heidelberg Einwohner hat. Mit den Akademien der Top-Klubs Munster, Leinster und Ulster hat man ein riesiges Reservoir an Talenten - nicht umsonst sind mit Conroy und McNulty zwei der aktuell besten Siebener-Spieler der Welt in Irlands Auswahl.
Es hätte hier dennoch anders laufen können. Irland hatte gestern im letzten Gruppenspiel mit der allerletzten Aktion des Spiels gegen Spanien ausgleichen können und hätte mit der Erhöhung gar gewinnen können. Doch Dardis Kick fand sein Ziel nicht, hätte er getroffen, hätte unser Gegner heute morgen Spanien gehießen - wahrscheinlich hätte uns Spanien besser gelegen. Zumal der Olympia-Teilnehmer von 2016 im Viertelfinale sang- und klanglos mit 5-14 gegen Portugal ausgeschieden ist.
Der Blick muss nach vorne gehen: Twickenham-Chance nutzen
Für eine Reihe von Wolfpack-Routiniers könnte das heutige Turnier die letzte Chance auf Olympia gewesen sein. Nach Jahren der harten Arbeit im Training wird diesen Spielern dieses Resultat sicherlich ein Stich ins Herz sein. Doch die gute Nachricht ist, bereits in sechs Tagen können sich Heimpel, Himmer und Co. einen anderen Traum verwirklichen. Beim nächsten GPS-Turnier in Lodz winkt unseren Jungs die Chance im kommenden Jahr bei den Europäischen World-Series-Turnieren als Gastmannschaft aufzulaufen und dort gegen die Creme de la Creme des Rugbys anzutreten.
Die Ausgangslage dafür ist gut, das beste nicht auf der World Series vertretene europäische Team qualifiziert sich für London und Paris. Mit sechs Zählern Vorsprung auf Portugal rangiert das deutsche Team aktuell auf dem begehrten Platz und darf den Rekord-Europameister nur nicht zu weit entwischen lassen. In der Gruppenphase geht es in Lodz gegen die aktuell schwachen Russen, Georgien und England.
Die Chance auf ein World-Series-Turnier im Rugby-HQ Twickenham, der wohl berühmtesten Arena unseres Sports, für unsere Jungs muss dies Motivation genug sein. Außerdem stehen dem Trainerteam mit John Dawe, Claude Brechenmacher und Jarrod Saul in Lodz auch wieder ein paar weitere personelle Alternativen zur Verfügung.
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