Eine Legende bei unseren Jungs. Jerome Kaino verteilte gestern die Trikots für unser Wolfpack.
Es war ein langer Weg für das deutsche Team, nun ist das langgehegte Ziel ist zum Greifen nah. Morgen könnten die ersten drei von im Optimalfall sechs Siegen bis Tokio folgen. Es wird heiß hergehen in Colomiers, nicht nur wegen der hochsommerlichen Temperaturen im äußersten Süden Frankreichs.
Für Deutschlands Siebener-Asse war es ein ganz besonderer Moment, als sie auf der gestrigen Team-Sitzung in einem unscheinbaren Hotel irgendwo zwischen den dutzenden Airbus-Gebäuden am Stadtrand von Toulouse in den für sie reservierten Konferenzsaal gingen. Dort wartete nicht nur die übliche Video-Analyse auf das Wolfpack, sondern schon einen Tag früher als sonst die Trikots für das Olympia-Qualiturnier. Und mit ihnen eine der größten Legenden unseres Sports, die Himmer, Heimpel, Buckman und Co. ihre Spielkleidung übergeben würde.
Jerome Kaino, 83-facher All Black und einer von nur 20 Spielern in der Geschichte unseres Sports, der sich Doppelweltmeister nennen darf. Dieser Jerome Kaino, gerade erst vor drei Wochen als Kapitän von Frankreichs Rekordmeister Stade Toulousain erneut Meister geworden, saß da nun und sprach den deutschen Spielern Mut ob ihrer kommenden Aufgabe zu. Für die deutschen Spieler sollte dies signalisieren, dies ist nicht irgendein weiteres EM-Turnier, nein hier geht es um eine Chance, die so nur alle vier Jahre kommt.
„Hier wollen wir uns endgültig eine Belohnung holen“, so Spielmacher Fabian Heimpel, einer der erfahrensten im deutschen Team. Nach Monaco 2016 und mittlerweile vier Hongkong-Teilnahmen in Folge ist nurmehr teilnehmen nicht mehr Anreiz genug für dieses Team. Man geht nicht als Favorit in dieses Turnier, da macht sich im deutschen Camp keiner irgendwelche Illusionen, aber immerhin mit einer Chance das Tokio-Ticket als Turniersieger zu losen, oder zumindest als Zweiter oder Dritter sich die Chance dazu beim Repechage-Turnier zu wahren.
Stimmen aus dem deutschen Team beim Abschlusstraining
Das Feld ist knüppelhart und schwerer als in Europa ist der Sprung zu Olympia nirgends, Dank des fragwürdigen Quali-Modus von World Rugby. Doch alles hadern hilft nichts, was die deutsche Mannschaft leisten muss, um das große Ziel Olympia zu erreichen, ist allen klar. Zuerst ein Mal müssen es zwei Siege gegen Georgien und Litauen sein, sonst kann man das Thema Tokio sowieso abhaken. Dass Georgien durchaus ein Stolperstein sein kann, ist aber ebenso klar. Die physische Spielweise der Lelos ist für unsere Jungs unangenehm zu spielen.
Trophy-Sieger Litauen dagegen muss aus deutscher Sicht geschlagen werden, alles andere wäre eine Enttäuschung. Das Spiel gegen England schließlich dürfte dann über den Gruppensieg entscheiden. Das Team aus dem Mutterland tritt im Vergleich zu Moskau unverändert an und da schienen Dan Norton und Co. trotz eines 14-24 durchaus schlagbar. Immerhin tritt das deutsche Team im Vergleich zum Turnier letzten Monat mit einigen Verstärkungen an.
Zum Einen wäre da der Deutsch-Franzose Kilian Bendjaballah, dessen Familie mütterlicherseits aus dem westfälischen Gütersloh stammt. Nicht unbedingt Rugby-Hochburg, aber zumindest für die zuverlässigen Miele-Waschmaschinen bekannt. Genau diese sind dem zu 3/4 in Frankreich aufgewachsenem Stürmer durchaus ein Begriff, immerhin hat sein eigener Großvater jahrelang für den Traditions-Konzern gearbeitet. Jedoch sieht er sich eher als explosiven Spieler, im Tackling grundsolide und in der Luft bombensicher und für seine über 100 Kg sehr schnell.
Zum anderen wäre da Manasah Sita, der noch in Monaco 2016 für Simbabwe aufgelaufen war, nun aber mit deutscher Staatsbürgerschaft und drei Jahren Pause für Deutschland spielberechtigt ist. Seine Erfahrung auf der World Series, aber mehr noch sein X-Faktor, wie es Coach Clemens von Grumbkow beschreibt, täten dem deutschen Team gut. Genau so einer, der Mal spontan etwas unerwartetes macht, hätte dem Team noch gefehlt. Sei es ein explosiver Step, oder ein gewagtes Offload. Das deutsche Team trainiert seit Monaten mit Mana, wie er im Team gerufen wird, und wird sich hoffentlich nicht von Sitas Aktionen überraschen lassen.
Bei der heutigen Abschlusseinheit direkt neben dem Zweitliga-Stadion von Colomiers, wo Christoper Hilsenbeck jahrelang spielte, bekamen die deutschen Jungs einen Vorgeschmack auf die Bedingungen. Es ist heiß in Südfrankreich, bereits seit Wochen. Genau diese Bedingungen lieben unsere Jungs und aus deutscher Sicht bleibt zu hoffen, dass sie all die Trainingsarbeit der letzten Wochen auf dem Platz umzusetzen wissen. Was dieses Team in der Lage ist zu bringen, weiß jeder, der es in den letzten Jahren verfolgt hat.
Morgen jedenfalls wird es in der Hitze von Colomiers darum gehen nach Monaten der harten Arbeit genau auf den Punkt abzuliefern. Ein Erfolg in Colomiers jedenfalls wäre auch ein Zeichen - nicht zuletzt auch dafür, dass im deutschen Rugby durchaus noch positive Geschichten geschrieben werden.
Morgen gibt es ab 10 Uhr den Stream der DRV-Damen aus Kazan sowie der Herren aus Colomiers bei uns im Stream zu sehen.
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