Deutschlands Gegner bei der Olympia-Quali: Mammutaufgabe in Toulouse
Geschrieben von TotalRugby Team
Donnerstag, 11. Juli 2019
Zwei der Turnierfavoriten von Colomiers: England und Irland. Foto (c) Perlich
Um sich vor Augen zu führen, welche Mammutaufgabe das deutsche Team an diesem Wochenende in Colomiers bei Toulouse vor sich hat, muss man nur Mal einen Blick auf das Starterfeld werfen. Gastgeber Frankreich, England, Irland, Spanien, Russland und unsere Jungs konkurrieren um nur ein einziges ein direktes Tokio-Ticket - zwei weitere Teams dürfen sich über die Global Repechage genannte weltweite Trostrunde noch Hoffnungen auf die allerletzte Starterlaubnis für Olympia machen.
Da hatte es Kanada am vergangene Wochenende bei der Nordamerika-Quali, die auf den Cayman Inseln stattfand, bedeutend leichter. Das World-Series-Team musste sich gegen solche Rugby-Großmächte wie Bermuda und Barbados durchsetzen und landete wenig überraschend am Ende mit sechs klaren Siegen aus sechs Spielen und einer Punktedifferenz von 293-15 auf Rang eins. Die Repechage-Plätze sicherten sich Mexiko und Jamaica.
Da wird das Europa-Turnier bedeutend schwerer, mit insgesamt vier World-Series-Teams, die um das eine Ticket rangeln und einem insgesamt viel ausgeglicheneren Feld. World Rugby tat dabei sein übriges bei und stutzte das Europa-Kontingent an Repechage-Plätzen von zwei auf drei, genau wie bei allen anderen Kontinentalmeisterschaften, ungeachtet der Stärke der jeweiligen Teilnehmerfelder - England machte die Situation mit dem Verpassen der direkten Quali über einen der Top-4-Plätze auf der World Series noch schlimmer. Für Rio hatte sich England noch auf diesem Wege qualifiziert und so die Europa-Route ein wenig einfacher gemacht.
Genau jene Engländer, aktuell Nummer fünf der Welt, zumindest wenn man nach der letzten World-Series-Saison geht und noch immer amtierender Vizeweltmeister, warten nun bereits in der Gruppenphase auf unser Wolfpack. Mit Dan Norton hat das Team von Trainer Simon Amor immerhin den besten Try-Scores der World-Series-Geschichte an Bord und in Mitchell und Bibby weitere erfahrene Weltklassespieler. Doch konnte das deutsche Team in Moskau beim 14-24 im Spiel um Rang drei unter Beweis stellen, auch gegen diese Engländer nicht chancenlos zu sein.
Eine überworfene eigene Gasse am englischen Malfeld und ein daraus resultierender 90-Meter-Sprint von Superstar Norton zum Gegenversuch hatten dem deutschen Team Anfang der zweiten Hälfte jegliche Siegchancen gekostet. Doch gleichwohl hatte man bewiesen auch gegen diese Engländer Nadelstiche setzen zu können. Genau so muss das deutsche Team das Spiel gegen den Turnierfavoriten angehen und dabei hoffentlich die eigene Defensiv-Leistung verbessern.
Aber so sehr das England-Spiel am Ende des ersten Turniertags (17:52) auch in den Köpfen unserer Jungs und den deutschen Fans schwirren mag, zuerst gilt es die beiden Pflichtaufgaben zu erledigen. Die Spiele gegen Georgien (12:22) und Litauen (15:07) sollten lösbare Herausforderungen sein, wenn auch gerade Georgien Stolperpotenzial bietet - 2018 musste das deutsche Team in Exeter eine ungewohnte Niederlage gegen die Kaukasier einstecken.
Die Turnierfavoriten
Noch viel wichtiger als das letzte Gruppenspiel gegen England, wird das Viertelfinale und Tag zwei generell sein. Denn selbst mit einem Sieg gegen das Mutterland würde im Viertelfinale immer noch ein Team vom Kaliber Portugal auf unsere Jungs warten. Dadurch dass in den anderen beiden Pools mit der Ukraine und Ungarn zwei absolute Underdogs sind, dürften die Punktedifferenzen der anderen beiden Gruppensiegern und Zweiten fast schon unter Garantie besser sein, als die unserer Jungs in der wohl ausgeglichenste Gruppe.
Deshalb wird unser Wolfpack wohl bereits im Viertelfinale auf einen absoluten Top-Gegner treffen. Die sich in der World Series stetig verbessernden Spanier wären da beispielsweise ein nicht unwahrscheinlicher Kandidat. Aber genauso gut könnten es die Iren sein, speziell wenn diese im Gruppenspiel gegen Spanien verlieren sollten.
Die zuletzt formstarken Franzosen um Jean Pasquale Barraque dürften gerade mit dem Heimvorteil im Rücken Turnierfavorit sein
Der absolute Turnierfavorit dürften aber die Franzosen um Spielmacher Jean Pasquale Barraque sein. Mit dem Heimvorteil im Rücken und zuletzt trotz schlechterer Platzierung in der World-Series-Gesamtwertung formstärker als die Engländer, muss man mit les Bleus rechnen. Zwei Finalteilnahmen in Vancouver und Hongkong sowie das Halbfinale in London und der Sieg beim GPS-Auftakt in London ist die Bilanz der letzten Monate. Wenig überraschend bereiten sich die Franzosen seit dem World-Series-Ende gezielt auf dieses Event vor.
Zuletzt mit einem Trainingscamp in den Pyrenäen, natürlich um mit dem Höheneffekt sich einen Trainingsvorteil zu verschaffen, aber auch um der in den vergangenen Tagen unerträglichen Hitze Südfrankreichs zu entkommen. Tagelang hatte auch in Toulouse das Thermometer über vierzig Grad angezeigt. Da sind die vorhergesagten 31 Grad bei strahlendem Sonnenschein geradezu erträglich. Die deutschen Jungs, die seit jeher am liebsten bei heißen trockenen Bedingungen spielen, wird es freuen.