SC80-Macher Uli Byszio möchte im DRV Verantwortung übernehmen
Der DRT steht vor der Tür und wie so oft in den letzten Jahren werden wichtige Weichenstellung vorgenommen werden müssen. Und wieder ein Mal sind es turbulente Tage, die dem deutschen Rugby bevorstehen und wieder ein Mal stehen die Zeichen auf Neuanfang. Doch die Ankündigung des Trios um Harald Hees lässt zumindest hoffen, dass es dieses Mal etwas wird mit dem viel beschworenen Neuanfang.
Mouritz Botha hatte auf seiner wohl letzten Pressekonferenz mit dem Adler auf der Brust nach dem Portugal-Spiel eine wichtige Botschaft. Er habe etwas Kontroverses zu sagen, warnte Botha seine Zuhörer. Doch war er nur dabei der deutschen Rugby-Gemeinde reinen Wein einzuschenken. „Die Wild-Millionen haben so einiges übertüncht („sugarcoated“)“, so der gebürtige Südafrikaner, der es in seiner Wahlheimat England bis ins Nationaltrikot geschafft hatte.
Man müsse, so der ehemalige Saracens-Stürmer, nun an den Strukturen und an der Basis im deutschen Rugby arbeiten, die Bundesliga-Vereine und die Jugend stärken und nicht lediglich den Top-Down-Ansatz der Vergangenheit wählen und sich dadurch einen Elfenbeinturm kreieren. Botha kann man da eigentlich nur zustimmen. Portugal ist in den letzen Jahren genau diesen Weg gegangen und steht nun zumindest im Fünfzehner-Bereich besser da, als wir. Da müssen die hochgesteckten Ziele der letzten Jahre erst einmal zurückgestellt werden.
Viele im deutschen Rugby jedoch trauern noch heute den Wild-Geldern nach. Hätte man den Eppelheimer Unternehmer doch nur bei der Stange gehalten. Doch wie wenig nachhaltig die Ära Wild war, sieht man heute glasklar. Das Investment in Gehälter einer Profi-Nationalmannschaft ist ohne mittel- oder langfristige Wirkung verpufft und von dem vom Süßgetränke-Unternehmer in Aussicht gestellten Stadion und dem nationalen Leistungszentrum fehlen bis heute jede Spur. Auch das Versprechen über eine Stiftung die langfristige Finanzierung des deutschen Rugbys auch nach dem eigenen Ableben testamentarisch festgelegt abzusichern, war das Zeitungspapier, auf dem es gedruckt wurde, nicht wert.
Stattdessen hatte sich das deutsche Rugby den erratischen Entscheidungen eines Einzelnen ausgeliefert und muss nun mit den Konsequenzen leben. Sollte Harald Hees und seine Mannschaft tatsächlich ins Amt gewählt werden, steht ihnen aber nicht nur deshalb eine Mammut-Herausforderung bevor. Neben der Aufgabe als Feuerwehrmänner, nicht zuletzt im finanziellen Bereich, müssen sie auch als Versöhner auftreten. Die alten Gräben der Konflikte der letzten Jahre sind noch nicht zugeschüttet und die Streitigkeiten in den DRV-Gremien der letzten Wochen haben sogar noch neue kreiert.
Harald Hees wird als Mediator auftreten müssen und versuchen das deutsche Rugby wieder zu einen. Mathias Entenmanns Expertise aus einer jahrzehntelangen erfolgreichen Karriere als Manager beispielsweise im Silicon Valley und als Berater wird von Nöten sein, um die scheinbar noch prekärer gewordene Finanzlage im Verband zu verbessern. Uli Byszio will mit seinen Ideen und seiner Mannschaft um den ehemaligen Adler-Kapitän Michael Poppmeier den deutschen Nachwuchs-Bereich übernehmen. Romana Thielicke, die in den letzten Jahren mit guter und engagierter Arbeit überzeugte, könnte dabei ihren Vorsitz verlieren.
Was das neue Führungs-Trio eint, ist die jahrzehntelange Erfahrung im deutschen Rugby. Das Wissen über die Strukturen, die Schwächen und Stärken des ovalen Ballsports hierzulande. Genau dies fehlte Robin Stalker und sollte dessen Präsidentschaft an diesem Wochenende tatsächlich zu Ende gehen, muss man sagen, dass es ein enttäuschendes Jahr war. Mit der Verpflichtung von Mike Ford begann es hoffnungsvoll und die Chance sich in Marseille für die WM zu qualifizieren war eine historische.
Doch mit diesem Ziel im Blick scheint sich der Verband finanziell ausgerechnet unter der Ägide des Finanzexperten überhoben zu haben, beispielsweise mit einer Verpflichtung des hochbezahlten Trainerteams, das wohl so nicht zu finanzieren war. Dazu waren die letzten Monate von offen zur Schau gestelltem Konflikt geprägt, auch angefeuert durch einen dem Vernehmen nach rabiaten Führungsstil des Vorstandsvorsitzenden - derlei Konflikte war Stalker wohl aus seiner Zeit bei Adidas nicht gewöhnt und mit ihnen vermochte er augenscheinlich nicht umgehen. In Stalkers Heimat Neuseeland spricht man bei den All-Blacks-Spielern davon, das Trikot nach seiner Zeit in einem besseren Zustand zu hinterlassen, als man es vorgefunden hatte. Das ist ihm, übertragen auf die hiesige Situation in Deutschland, nicht gelungen. Was folgt ist ein Neuanfang, wieder ein Mal.
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