Das deutsche Team um Basti Himmer wurde am Ende Vierter und blickt nun Richtung Colomiers, wo die Olympia-Quali entschieden wird.
Der wohl wichtigste Sieg des Tages kam am heutigen Morgen. Das überragende 45:0 gegen Portugal, die mit Abstand beste Leistung des deutschen Teams im gesamten Verlauf des ersten EM-Turniers, beschert der DRV-Auswahl eine gute Ausgangslage. Die Hongkong-Quali dürfte beim zweiten und letzten EM-Turnier im polnischen Lodz nur noch Formsache sein und auch mit dem zweiten Ziel, 2020 bei den World-Series-Turnieren in London und Paris Gast-Team zu sein, sieht es gut aus. Der Fokus wird sich ab morgen voll und ganz auf das in drei Wochen stattfindende Olympia-Quali-Turnier in Frankreich richten.
Das deutsche Team war gestern früh mit erheblichen Personalsorgen in das erste von in diesem Sommer nur zwei EM-Turnieren gestartet, was aufgrund der bald anstehenden Olympia-Quali eine besondere Bedeutung hatte. Mit Zinzan Hees und Henrik Meyer bekamen zwei Debütanten ihre erste Chance sich im DRV-Trikot bei der EM zu beweisen. Die Bilanz nach dem gestrigen Samstag lautete: Ein souveräner Kantersieg gegen Polen und zwei ärgerliche Niederlagen - das wiederum bedeutete schlussendlich den Viertelfinaleinzug als bester Dritter.
Mit dem Tag eins war man im deutschen Team logischerweise nicht wirklich zufrieden, jedoch bedeutete die komplizierte Turnier-Arithmetik, dass man mit einem Sieg gestern gegen Portugal am heutigen Morgen gegen England gespielt hätte. Schlussendlich war die knappe 10-12 Niederlage somit das bestmögliche Szenario. Unser unser Wolfpack traf deshalb erneut auf die Iberer, die nach ihrem siebten Gesamtplatz in der Moskau-Endabrechnung unser engster Verfolger mit Blick auf Hongkong und das Gastrecht auf der World Series sind.
Mit einer hochsouveränen Vorstellung, Spielwitz und vor allem weitaus mehr Konzentration, als noch am gestrigen Tag nahm das deutsche Team die Portugiesen nach allen Regeln der Kunst auseinander. Versuche von Buckman, zwei Mal Ellermann, zwei Mal Szczesny und Heimpel bedeuteten ein klares 45:0. Gerade der Hamburger Ben Ellermann konnte mit seiner extrem physischen Spielweise in dieser Partie andeuten, was für eine Waffe er im deutschen Spiel werden kann. Noch ist der Paulianer aber ein Rohdiamant, wie man am gestrigen Tag erleben durfte, als ihm defensiv auch Fehler unterliefen.
Im Halbfinale gegen Irland war das deutsche Team ebenso von Beginn an wach. Phil Szczesny konnte die Defensive der Boys in Green mit einem selbst erlaufenen Kick überwinden und zur deutschen 5-0 Führung ablegen. Es entwickelte sich ein hochintensives Match, denn beide Teams wollten sich für das Olympia-Quali-Turnier, dessen Setzliste von den Moskau-Ergebnissen abhängt, eine perfekte Ausgangslage verschaffen. Im offenen Spiel hatte unser Team die hochgelobten Iren, die zuletzt als Gast-Team auf der World Series wieder Top-Teams wie England, Australien und Kanada geschlagen haben, unter Kontrolle.
Deutschland in Moskau mit Problemen bei den Standards
Das Problem bestand jedoch bei den Standards - Irland hatte weiterhin die Lufthoheit, vor allem bei den Ankicks, aber auch in der Gasse, die im deutschen Team nicht besonders gut lief. So kam Irland zu zwei Versuchen, die aus dem konstanten Druck resultierten, den die Boys in Green durch das Plus an Ballbesitz ausüben konnten. Dazu ließ sich das deutsche Team in den Offenen zu leicht unter Druck setzen.
Doch anders, als noch im Vorjahr, erstarrte das deutsche Team nun nicht wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange, sondern setzte die Iren seinerseits unter Druck, nachdem Tim Biniak mit einem Trysaver gegen Terry Kennedy das Spiel offengehalten hatte. Als Basti Himmer vom Ruck aus schnell auf die kurze Seite ging war Tim Lichtenberg zum Ausgleich durch - da waren nur noch zwei Minuten auf der Uhr. Etwas Pech beim irischen Ankick, der wie ein Flipper-Ball hin und herging, bedeutete, dass Irland noch eine Chance auf den Sieg in der regulären Spielzeit hatte. Und diese nutzten sie leider eiskalt - bei abgelaufener Uhr steppte sich Irlands Billy Dardis an Basti Himmer zum Versuch, dem 17:10 und damit dem irischen Sieg durch.
Aus deutscher Sicht sicher enttäuschend, aber man muss festhalten: Anders als im letzten Jahr, sind unsere Jungs an den Iren dran und hatten sie bei den letzten beiden Duellen am Rande einer Niederlage. Und bis zum Olympia-Qualiturnier in drei Wochen wird die deutsche Mannschaft noch einige Verstärkung erhalten.
Das letzte Spiele gegen England um Rang drei war, zumindest mit Blick auf die Quali-Gruppe für Colomiers bedeutungslos, denn schon vor Anpfiff stand fest: Diese beiden Teams würden in Frankreich erneut aufeinander treffen. Gegen die Engländer um Tom Mitchell und Dan Norton konnte die deutsche Mannschaft nur bis Mitte des zweiten Durchgangs mithalten. Wieder kassierte das deutsche Team mehrere Turnover in den Offenen und aus einem dieser Ballverluste resultierte auch der erste Versuch für die Engländer. Gegen die aktuelle Nummer fünf der Welt schaffte es das deutsche Team aber dann wiederum selbst nach einem eigenen Turnover, der direkt auf eine überworfene Gasse folgte, zur zwischenzeitlichen Führung durch Niklas Koch.
Noch vor der Pause jedoch England nach verpassten Tackle auf Außen und einem brillanten Pick-Up durch Englands-Nachwuchsstar Benjamin Harris mit der 10-7 Führung. Doch Deutschland machte mit Beginn des zweiten Durchgangs mächtig Druck auf die Engländer und kam nach einem zu hohen Tackle per Straftritt bis tief in die 22 Englands. Diese Chance zur Führung sollte jedoch zum Bumerang werden. Der etwas zu hohe Wurf glitt Tim Biniak durch die Finger und landete in englischen Händen.
Die im traditionellen weiß auflaufenden Männer aus dem Mutterland brachten den Ball schnelle auf den Außen lauernden Dan Norton, immerhin der Weltrekordhalter in Sachen Versuche auf der World Series. Dieser schaffte es mit etwas Glück über die Länge des Feldes, nachdem sein Offload-Versuch von Phil Szczesny geblockt wurde, dann aber wieder in seinen Händen landete. Und England konnte nach einem verpassten Tackle vom sonst gut spielenden Soteras-Merz durch Harry Glover für die Entscheidung sorgen. Daran änderte auch der späte Versuch von Ben Ellermann, der sich mit aller Gewalt über die Linie wuchtete nichts mehr - 12:22 aus deutscher Sicht.
Insgesamt hatte England in Durchgang zwei gefühlt ein paar Körner mehr - vielleicht auch deshalb, weil England im Viertelfinale einen absoluten Spaziergang hatte. Obwohl es für Wales nicht um die Olympia-Quali ging, traten die Waliser mit einem Kader an, der besser als bei einigen World-Series-Turnieren war. Warum? Da sie scheinbar in Moskau als eine Art Faustpfand für die Engländer fungieren sollten - denn bei Olympia treten beide Teams gemeinsam als Großbritannien an und so gallopierte England im Viertelfinale locker auf und gewann haushoch gegen Wales. Eine Farce, dass es zu dieser Konstelltation kommen konnte.
Wiedersehen mit England in Colomiers - Hoffnung auf Rückkehrer aus dem Lazarett
Schlussendlich änderte dieses Spiel aber nichts mehr an der Ausgangslage für Colomiers. Dort wird das deutsche Team wieder auf England, sowie auf Georgien und Litauen, den Sieger der Rugby Europe Trophy treffen. Nur der Turniersieger dort wird das direkte Olympia-Ticket ziehen, während der Zweite und der Dritte zum Global Repechage Event fahren werden. Das deutsche Team kann bis dahin wieder auf einige noch an diesem Wochenende verletzt fehlende Akteure zählen.
Der zuletzt formstarke Robert Haase dürfte ebenso wie Zani Dembele bis dahin wieder fit sein. Selbst bei Sam Rainger besteht noch Hoffnung - dazu wird Manasah Sita erstmals für Deutschland spielberechtigt sein, während Oyonnax-Profi Kilian Bendjaballah sich in den nächsten Wochen ebenso für einen Platz im Colomiers-Kader empfehlen will. Wir werden in den kommenden Wochen regelmäßig über die Vorbereitung des DRV-Teams auf das Turnier von Colomiers berichten und euch am 12. und 13. Juli auch ausführlich von vor Ort alle Infos liefern.
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