Trotz der Niederlage im Finale war es die beste TSV-Saison seit 14 Jahren. Nun muss Coach Hanlon überraschenderweise gehen. Foto (c) Seufert-Chang
Es war eine Meldung, die für extrem viel Stirnrunzeln in Rugby-Deutschland gesorgt hatte. Am vergangenen Freitag, nur einen Tag vor dem extrem wichtigen Relegationsspiele gegen Portugal, bei dem gleich sieben Handschuhsheimer Löwen involviert waren, ließ der Vizemeister verkünden: Coach Gordon Hanlon werde zur kommenden Saison ausgetauscht, trotz der soeben beendeten besten Löwen-Saison seit 14 Jahren. Wir haben uns beim Vizemeister und in dessen Umfeld umgehört, um mehr über die Umstände dieser ungewöhnlichen Personal-Rochade zu erfahren.
Tatsächlich bestätigt TSV-Abteilungsleiter Volker Kraft auf TR-Anfrage, dass man mit der sportlichen Situation in der abgelaufenen Spielzeit zufrieden sei und mehr erreicht habe, als vor Saisonbeginn erhofft. Dies sei „Verdienst von Gordon“ wie Kraft weiter erläutert. Jedoch habe man die Option auf ein weiteres Vertragsjahr mit dem Iren nicht ziehen wollen, da mit Mark Kuhlmann ein renommierter Trainer verfügbar wurde. Diese Entscheidung habe schon vor dem Playoff-Beginn festgestanden, wie man beim TSV-Vorstand weiter erklärt.
Auf die Frage, wie dies von der Mannschaft aufgenommen worden sei und ob es nicht eine Ablenkung vor den so wichtigen Playoffs gewesen sei, antwortet Kraft wie folgt: „Wie bei allen Entscheidungen gibt es Gegner und Befürworter oft sind solche Entscheidungen von außen nicht nachzuvollziehen.“ Darüber hinaus habe man sich die Entscheidung keineswegs einfach gemacht.
Allerdings ist der Tenor aus Kreisen der ersten Mannschaft und deren Umfeld zum Teil ein ganz anderer. Es habe, so wurde TR von mehreren gut informierten TSV-Mitgliedern im Umfeld des ersten Teams mitgeteilt, geradezu eine Meuterei ob dieser Entscheidung gegeben. Denn Gordon Hanlon, sollte schon für die Playoff-Spiele von seinem Nachfolger ersetzt werden, der wiederum nach dem Abstieg mit Neckarsulm von seinem Traineramt zurückgetreten war. Daraufhin weigerten sich nach Darstellung von TR-Quellen mehrere Führungsspieler im Löwen-Trikot aufzulaufen, sofern diese Entscheidung endgültig sei und deshalb verschoben die Vereins-Verantwortlichen den Wechsel auf die Sommerpause.
Hanlon selbst möchte sich im Gespräch mit TR nicht weiter negativ über seinen alten Verein äußern, ließ deshalb einige Frage unbeantwortet, insistierte aber noch ein Jahr gültigen Vertrag gehabt zu haben und dass er den TSV auch liebend gerne weiter trainiert hätte. Bereits nach dem Bundesliga-Finale vor zehn Tagen hatte der Ire im Gespräch mit TR betont, dass seine Zeit bei den Löwen als Trainer die besten zwei Jahre seiner Karriere gewesen sei.
Weiterhin erklärte der nun Ex-Trainer heute gegenüber TR: „Ich habe meine Zeit bei den Löwen unglaublich genossen. Die Fortschritte, die wir auf dem Feld gemacht haben, dass so viele Löwen mittlerweile für Deutschland spielen. Die harte Arbeit der Jungs werde ich nie vergessen und sie ihnen immer hoch anrechnen.“ Insgesamt habe er sich als Teil der Löwenfamilie mehr als nur wohl gefühlt.
Warum musste Hanlon gehen?
Warum allerdings ein erfolgreicher Trainer, der allem Anschein nach in der Mannschaft beliebt war, gehen muss, ist weiterhin fraglich. In der Frage ist aus dem Löwen-Umfeld zu hören, dass es seit Monaten Konflikte über die Aufstellung des Teams gegeben habe und zwar zwischen dem Vorstand und dem Trainer. Demnach waren einzelne Vorstandsmitglieder damit nicht zufrieden, dass gewisse Spieler zu wenig Spielzeit erhielten.
Dieser Konflikt sei bereits im vergangenen Herbst erstmals zu Tage getreten und als Hanlon sich vor dem Rückrundenspiel gegen Frankfurt geweigert hatte, seine Aufstellung zu verändern, wurde ihm wenige Tage später die Kündigung übergeben. Sofern diese Vorgänge sich tatsächlich so abgespielt haben, wären dies zweifelsohne unschöne Umstände.
Kapitän Wetzel lobt Hanlons Arbeit - wie geht es beim TSV weiter?
Löwen Kapitän Sven Wetzel möchte sich zu den Vorgängen nicht äußern, betont aber mit Blick auf Ex-Trainer Hanlons Arbeit: "Ich finde er hat die letzten zwei Jahre sehr gute Arbeit bei uns gemacht, in denen wir uns in allen Bereichen weiterentwickelt haben. Wir haben ins gesamt eine super Saison unter Gordons Leitung gespielt und die harte Arbeit wurde am Ende der Saison mit der Vizemeisterschaft auch belohnt.“
Wie der Weg der Professionalisierung des Vizemeisters nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Der Ire Hanlon war in Vollzeit angestellt, während sein Nachfolger nur eine Teilzeit-Position bekleiden wird. Mark Kuhlmann, der mit den Umständen der Kündigung seines Vorgängers rein gar nichts zu tun hat, geht nun mit dieser großen Bürde in die neue Spielzeit.
TSV-Abteilungsleiter Kraft erklärt mit Blick auf die weitere Professionalisierung beim TSV: „Wir haben schon und werden in den nächsten Wochen einige Gespräche führen, um ein gutes Trainerteam für unsere Mannschaft zusammenzustellen, um die große Lücke zu schließen, die Gordon hinterlässt. Die weitere Professionalisierung hängt von vielen Faktoren ab und wird sicher ein mittel oder langfristiges Ziel beim TSV bleiben. Aber hier muss man auch die weiteren Entwicklungen in der Bundesliga und beim DRV abwarten.“
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