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TR-Analyse: Heroische Aufholjagd reicht nicht, Adler steigen nach 32-37 gegen Portugal ab
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 15. Juni 2019

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Es hätte kein tragischeres Ende geben können aus deutscher Sicht, Deutschland steigt nach der Niederalge gegen Portugal ab. (c) Kessler

Das schlimmste Szenario ist eingetreten, die deutsche Rugby-Nationalmannschaft hat in einem hochdramatischen Spiel gegen Portugal verloren. Deutschland hatte sich in Frankfurt mit zum Teil haarsträubenden Fehlern in Durchgang eins selbst in die Bredouille gebracht, nur um dann mit einem heroischen Kampf bis zur allerletzten Minute fast noch den Sieg zu holen. Doch mit der letzten Aktion des Spiels scheiterte ein deutsches Paket 30 Zentimeter vor der Linie Portugals. Unter dem Strich stand damit am Ende eine weitere unglückliche Pleite auf dem Papier, die dritte dieses Jahr, die den Abstieg in die Rugby Europe Trophy bedeutet.

Es hätte das Paket sein sollen, das Deutschland den Klassenerhalt sichert. Als Hakler Dasch Barber den Ball in der Gasse sicher mit der letzten Aktion der Partie an Fänger Ferreira brachte und unsere Adler zum Paket ansetzten, schien der Ausgang klar zu sein - das deutsche Team hatte in der zweiten Hälfte bereits drei Mal mit dieser Taktik Erfolg gehabt und wieder schob der Adler-Sturm mächtig an. Es ging Schritt für Schritt Richtung Linie der Portugiesen und es wurde zum ersten Mal richtig laut im weiten Frankfurter Rund, das trotz fanfreundlicher Ticketpreise von 5€ nur halb so gut besucht war, wie vor einer Woche beim Endspiel der Bundesliga.

Doch das Paket ging zu Boden, nicht Mal einen halben Meter vor der Linie der Portugiesen, der irische Schiedsrichter war überzeugt, dass dies legal geschehen sei und entschied zu Gunsten der Gäste. Die schrille Pfeife ertönte drei Mal zum Abpfiff und Deutschland war abgestiegen. Ungläubige Blicke beim deutschen Team, auch Tränen - nachdem in der EM schon gegen Russland und Belgien die Siege unglücklich hergegeben wurden, war diese die unnötigste von allen Pleiten im Jahr 2019. Drei von vier portugiesischen Versuchen waren das direkte Resultat von zum Teil haarsträubenden deutschen Fehlern. Nicht die Spielstärke Portugals, sondern Fehler und unglückliche Entscheidungen des deutschen Teams hatten den Portugiesen schon zur Pause bereits eine komfortable Pausenführung beschert.

Nachdem das deutsche Team aus einer sehr dominanten Anfangsphase mit mehreren Ausflügen in die 22 Portugals nur einen einzigen Straftritt zum 3:0 mitnehmen konnte, wurde die Situation aus eigenem Verschulden verschlimmert. Einen Freitritt nach Gedränge spielte die deutsche Mannschaft von der eigenen 22 nicht etwa an, oder wählte Gedränge, sondern wählte eine vermeintlich ausgestorbene Taktik, den hohen Up-and-Under Kick. Scheinbar waren sich aber nicht alle Adler-Spieler darüber im Klaren, die aufrückende Defensiv-Linie ähnelte eher einem Schweizer Käse, als einer soliden Defensiv-Wand. Portugals Außen Monteiro sagte Danke und tänzelte sich um die aufrückenden deutschen und legte zum 10:3 kurz vor der Pause ab.

Doch der haarsträubendste Fehler des Spiels sollte noch vor dem Pausenpfiff kommen. Deutschland hatte gerade erst eine äußerst unglückliche Gelbe gegen Klewinghaus wegen eines vermeintlich unsauberen Tackles bekommen. Da tacklet Adler-Kapitän Sebastian Ferreira einen Portugiesen mit Schmackes ins Aus. Statt das Spiel zu beruhigen, die Uhr in Unterzahl herunterlaufen zu lassen und mit dem noch nicht allzu großen Rückstand in die Pause zu gehen, der völlig unnötige schnelle Einwurf, von dem unsere Jungs überraschter waren als die lauernden Portugiesen. Außen Marta sammelte den auf dem Boden kullernden Ball dankbar auf und konnte mit dem Pausenpfiff zum 20:6 ablegen.

Nach einer katastrophalen ersten Hälfte ein noch schlechterer Start in Durchgang 2

Nach einer Halbzeit, die gut begann und dermaßen katastrophal endete begann auch der zweite Durchgang direkt mit einem kräftigen Nackenschlag. Nach Nikolai Klewinghaus sah auch Felix Lammers direkt zu Beginn des zweiten Durchgangs Gelb - wieder für ein Tackle. Er hatte seinen Gegenspieler ausgehoben, allerdings hart und ohne, dass dieser auf dem Kopf landete, zu Boden gebracht. Dennoch Gelb für den HRK-Außen vom irischen Gespann und damit doppelte Unterzahl für unsere Jungs. Direkt im Anschluss ließ der sonst bombensicher agierende Raynor Parkinson einen langen Befreiungskick der Portugiesen so unglücklich vor sich fallen, dass Manuel Marta das Leder nur noch aufsammeln musste und für Portugal zum 30:6 ablegen konnte.

Deutschland schien völlig chancenlos und aus dem Spiel zu sein, obwohl noch dreißig Minuten auf der Uhr waren. Erstaunlicherweise war es genau dieser Zeitpunkt und die Einwechslung der erfahrenen Barber und Füchsel in der ersten Sturm-Reihe, die zu einer Art Wendepunkt wurden. Deutschland besann sich auf seine Stärken, das schnörkellose Sturmspiel und mit der Hereinnahme von Hakler Barber lief auch die deutsche Gasse, die zuvor sehr wacklig war plötzlich perfekt. Nun konnte der Adler-Sturm auch das Paket, wie schon gegen Belgien und Russland, zur Waffe werden lassen. Zuerst verkürzte Deutschland über ein Paket an dessen Ende Dasch Barber mit dem Ball über die Linie fiel.

Noch fehlten drei Versuche, um auf Portugal aufzuschließen, aber der Glaube war auf einmal da. Eine weitere Strafgasse wurde von Parkinson in der 22 platziert und nach sicherem Barber-Einwurf zum Paket angesetzt und als es kurz vor der Linie nicht mehr weiterging, erspähte Tim Menzel, dass Portugal die kurze Seite nicht gedeckt hatte. Der Gedrängehalb bediente den an der Auslinie lauernden Marcel Coetzee und plötzlich waren es beim 18:30 nur noch zwei Versuche Rückstand.

Quasi im Gegenzug konnte Portugal, das zu diesem Zeitpunkt mächtig in den Seilen zu hängen schien, aus dem Nichts erneut davonziehen. Nach einem Gedränge kam Freudental mit einem angetäuschten Pass viel zu einfach durch die deutsche Defensive und legte zum vierten Versuch Portugals und dem 37-18 ab. Es war der erste Versuch im Spielverlauf, den sich Portugal selbst erspielte, wenn auch unter gültiger Mithilfe der Adler-Defensive.

Das deutsche Team gab sich aber nicht auf und dominierte die zweite Hälfte im Sturm weiter. Portugal hatte keine Antwort auf das deutsche Paket und fing sich einen Straftritt nach dem anderen ein - wahlweise fürs Herunterreißen des Pakets oder den illegalen Angriff auf den Ballführer von der Seite. Die logische Folge: Zwei gelbe Karten, erst gegen Rocha und dann gegen Diniz, beide innerhalb von 5 Minuten.

Deutschland war nun drückend überlegen und punktete erst durch Jaco Otto aus kurzer Distanz per Pick and Go und dann erneut durch Hakler Dasch Barber am Ende eines Paketes - Parkinson jeweils mit der sicheren Erhöhung. Beim Stand von 32-37 fehlten dem deutschen Team noch ein einziger Versuch, um gleichzuziehen und mit einer Erhöhung gar zu gewinnen. Noch ein Mal gab es Straftritt und noch ein Mal funktionierte die Gasse, perfekt. Doch am Ende fehlten dreißig Zentimeter, die dem deutschen Team den Klassenerhalt beschert hätten. 

Aus deutscher Sicht muss man sich fragen, warum beispielsweise der sichere Gasse-Werfer Dasch Barber erst von der Bank kam. Denn mit dem Paket als quasi unwiderstehlicher Waffe, hatte Deutschland in der Schlussphase die spielstarken Portugiesen gefühlt nach Belieben dominiert. Dass Trainerteam jedoch wollte Barber, der aufgrund der relativ kurzfristigen Ansetzung in der letzten Woche noch mit der Familie im Urlaub weilte, nicht starten lassen. Insgesamt hatte die Terminlage die Portugiesen bevorteilt, wie auch deren Coach Aguilhar auf der Pressekonferenz einräumte. Man hatte den Luxus sich wochenlang vorbereiten zu können, während dem deutschen Team vier Trainingstage seit dem Finale der Rugby-Bundesliga blieben.

Frankreich-Profi Chris Hilsenbeck kämpft derweil seit Wochen mit einer chronischen Achillessehnen-Entzündung und musste von der Tribüne zuschauen. Auch er hätte dem deutschen Team mit seiner Erfahrung helfen können.   

Wie geht es weiter mit dem deutschen Rugby?

Für das deutsche Rugby ist es nach Jahren, in denen es trotz stürmischer Zeiten gefühlt sportlich bergauf ging, der erste heftige Rückschlag. Sturm-Trainer Mouritz Botha betonte nach dem Abpfiff, dass die Wild-Millionen in den vergangenen Jahren die strukturellen Schwächen im deutschen Rugby übertüncht hätten. Man müsse nun vermehrt an der Basis arbeiten und die Rugby-Bundesliga als Vorbereitung auf die Nationalmannschaft qualitativ verbessern. Botha wird dabei wahrscheinlich keine Rolle mehr spielen, weil eine Finanzierung eines erfahrenen Mannes wie ihm wohl in der Rugby Europe Trophy nicht machbar sein dürfte.

Aber gerade die Portugiesen und ihre Entwicklung in den letzten Jahren könnten dem deutschen Team ein Vorbild sein. Die Iberer haben die letzten beiden Jahre in der Trophy genutzt, um ihr Team zu verjüngen und neu aufzubauen. In der Trophy werden die Gegner einfacher und der Schritt aus der Bundesliga kleiner - das deutsche Rugby muss diesen herben Rückschlag als Chance begreifen. Der Weg zurück in die Championship ist mit dem Relegations-System ein steiniger, doch die Rückkehr in Europas Fünfzehner-Elite muss das Ziel des DRV sein.

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Kommentare (5)add comment

Walter Lüder said:

4182
Live-Stream
Ist es nicht möglich, dass der DRV eine Übertragung hinbekommt ? Groß angekündigt wird
er zwar, aber dann ? Alles nur traurig, man nimmt extra frei um zu sehen, ladet Besuch ein, und dann das.
Jeder Mist wird irgendwo, irgendwann übertragen, nur so ein wichtiges Rugbyspiel kann ein Rugbyanhänger in Deutschland nicht sehen.
Es wäre interessant zu wissen, warum dieses nicht möglich war. Evt kann totalrugby
darüber Auskunft geben.
Eine Blamage wie das Spiel.
Juni 16, 2019

Mahmud Marachi said:

652
Seufz
Kein Trost an die Jungs, die sich keinesfalls "blamiert" haben.
Kein Dank an den Veranstalter für das toll vorbereitete Event.
Kein Bedauern, dass man es einfach nicht geschafft habe, das Spiel live erleben zu können.

Stattdessen eine Tirade über die Nicht-Befriedigung eigener Bedürfnisse.

Anscheinend war der Stream schlecht - oder hat gar nicht funktioniert. Das kann ich nicht beurteilen, weil ich vor Ort war.
Dann kann man das bedauern.
Oder nachfragen, ob es noch irgendwo eine Aufzeichnung gibt.

Aber die obige Wortwahl und der daraus hervorgehende Tenor ist nicht akzeptabel.
Juni 16, 2019

Ralf Theune said:

3663
Auch Seufz
Beauerlich ist wirklich allein die knappe und offenbar nicht unvermeidbare Niederlage mit all ihren Konsequenzen, nicht so sehr, dass man es nicht streamen konnte.

Ich hoffe nur, der DRV gibt jetzt Rugby XV nicht auf und verlegt sich ganz auf die Sevens Variante, in der wir ja viel näher an der Weltspitze dran sind. Ziel muss doch sein, zurück zu kommen. Portugal hat es schließlich auch geschafft. Mit der großartigen Jugendarbeit in einigen Vereinen sieht es gar nicht so schwarz aus.
Juni 17, 2019

Yan Waldner said:

3631
@Mahmud
ja tatsächlich im Jahre 2019 sind eine zoombare Kamera plus Stativ mit Kugelgelenk eine technische Herausforderung, die nur von absoluten Vollprofis erbracht werden kann.
Es geht weder um eigene Berdürfnisse noch habe Sie über die zeitliche Verfügbarkeit anderer zu Urteilen.
Nur zur ihrer Information, es gab einen Stream , der aber schlichtweg eine Zumutung war, s.o.
Akzetabel oder nicht, nehmen Sie die Meinungen anderer einfach zur Kenntnis!
Juni 18, 2019

Lars Kallinich said:

3672
Strukturen
Der Stream ist für viele nur die direkte Manifestation von dem was falsch läuft.
Wir wünschen uns alle mehr Erfolg, bessere Spiele unserer Nationalmannschaft, aber die Strukturen die wir in Deutschland haben sind ein Witz. Angefangen bei unserer Liga in der nur eine handvoll Vereine tatsächlich um den Sieg mitspielen. Spielabsagen am laufenden Band, das Level der Schiedsrichter lässt manchmal auch zu wünschen über...
Und dann ist bei vielen Leuten halt das Fass am überlaufen wenn man noch nichtmal die deutsche Nationalmannschaft im Stream verfolgen kann.
Vielleicht sollte sich der DRV mal überlegen ob man nicht ein paar Gehälter kürzen kann damit man das freigewordene Geld in die Verbesserung des Streamingangebots stecken kann.
Juni 20, 2019

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