Frankfurt sichert sich den in einem tollen Endspiel. Foto (c) Kessler
Es ist ein absolut verdienter Meistertitel und die Krönung der wohl besten Saison in der 139-jährigen Vereinsgeschichte des Klubs aus der Main-Metropole. Nach allen Titeln im Nachwuchsbereich hat sich der Sportclub heute auch den ersten Titel im Herrenbereich seit genau zehn Jahren sichern können. Handschuhsheim war erst im letzten Spieldrittel immer gefährlicher geworden - zu spät, denn die 80er hatten zuvor speziell in der erste Halbzeit dominiert und sich einen Vorsprung herausgeholt, von dem sie bis zum Abpfiff zehren konnten. Aber auch die Löwen können auf ihre Saisonleistung stolz sein - sie haben in den letzten beiden Jahren einen beispiellosen Aufstieg hingelegt.
Bei äußerst böigem Wind, aber trockenen Bedingungen und um die 20 Grad, war die Anlage des Sportclubs zum bersten voll. Gut 2000 Zuschauer fanden sich neben den Seitenlinien und im großen Clubhaus von 1880 ein. Sie sollten gerade zu Beginn einen dominanten Auftritt der Gastgeber sehen. Mit seinen starken Ballträgern im Sturm machte 1880 immer wieder wertvolle Meter und schaffte es ein ums andere Mal über die Vorteilslinie. Michael Poppmeier, Marcel Henn aber auch der junge Hakler Marcel Becker rannten mit Wucht an und die Defensive der Löwen musste sich immer wieder neu sortieren.
Löwen hatten zunächst keine Antwort auf das Frankfurter Sturmspiel
Darauf hatte der TSV Handschuhsheim besonders in der ersten halben Stunde des Spiels keine passende Antwort parat - die logische Folge: Der erste Versuch von Marcel Becker, durch einen kraftvollen Lauf, den Ray Parkinson trotz für Kicker unangenehmer Bedingungen zum 7:0 verwandeln konnte. Da waren keine drei Minuten gespielt. In den folgenden Spielsequenzen das gleiche Bild: Frankfurt 1880 mit dem Ball in der Hand weitaus gefährlicher und der TSV im eigenen Ballbesitz ungewohnt nervös. Die Löwen vergaben ihre besten Chancen viel zu leichtfertig und verloren zu viele Bälle.
Frankfurt dagegen eiskalt: Parkinson konnte nach zwölf Minuten per Straftritt erhöhen. Als die 1880er nach einem Löwen-Fangfehler nach gut 20 Minuten wieder mit Gedränge in der TSV-22 waren, führte Frankfurt das selbe Rezept zum erneuten. Die starken Sturm-Ballträger kamen mit viel Dampf um die Ecke und wurden von Gedrängehalb Ketels punktgenau bedient. Zuerst konnte der TSV dem Ansturm noch standhalten, aber als Marcel Becker ein TSV-Tackle brechen konnte und selbstlos auf Sztyndera ablegte, war es geschehen - Frankfurt führte 15:0.
Falsche Entscheidungen, Straftritte und Ballverluste - bei den Löwen lief zunächst wenig
Noch hatten die Löwen gar keinen Zugang zum Spiel gefunden, im Gegenteil: Sie trafen zu oft die falschen Entscheidungen, kassierten Straftritte und verloren zu oft den Ball im Kontakt. Die größte Löwen-Chance im ersten Durchgang, als sich die Gäste nach einem Coetzee-Durchbruch bis ans Malfeld der Frankfurter vorarbeiteten, endete mit einer tollen Defensiv-Aktion von Michael Poppmeier, der den Ball in höchster Not klaute. Als Frankfurts Kapitän Hassan Rayan dann am anderen Ende mit einem weiteren beherzten Sturmlauf den dritten Versuch der Frankfurter nach einer guten halben Stunden auf der Uhr legte, drohte die Angelegenheit sehr einseitig zu werden.
Denn bis zur Pause war es den Löwen trotz zweier Kick-Versuche vom im offenen Spiel besten Handschuhsheimer Marcel Coetzee nicht gelungen, auf die Anzeigetafel zu gelangen. Dazu gingen mehrere Gassen der Löwen verloren, was die Gastgeber ein ums andere Mal um aussichtsreiche Feldpositionen brachte. Das 22:0 zur Pause sprach eine deutliche Sprache. Nach dem Wiederanpfiff ließen zunächst die Frankfurter etwas nach. Ihrem Spielkonzept, lediglich in der Handschuhsheimer Hälfte zu spielen und sich aus der eigenen Hälfte konsequent zu befreien, blieben sie treu. Der ganz große Elan im Angriff fehlte nun aber zusehends.
Nach der Pause kommen die Löwen endlich ins Spiel
Jedoch brauchten auch die Löwen no nach einer Viertelstunde im zweiten Durchgang kamen die Handschuhsheimer erstmals auf die Anzeigetafel. Und wer hätte es anderes sein können, als TSV-Ass Jaco Otto. Den heute als Acht auflaufenden Stürmer hatten die Frankfurter bisher weitestgehend unter Kontrolle. Aus kurzer Distanz mit ein wenig Anlauf war der Blondschopf aber nicht zu stoppen. Plötzlich war der zahlreich angereiste Löwen-Anhang da und der TSV schöpfte nun Hoffnung. Nachdem man zuvor einige Male die konservativere Option gewählt hatte, spielten die Gäste nun mit mehr Elan. Der junge Gedrängehalb Emil Schäfer brachte neuen Schwung ins TSV-Spiel.
Spätestens als die Löwen vor ihrem eigenen Anhang durch Jaco Otto auf 12:22 verkürzen konnten mit noch gut 15 Minuten auf der Uhr, war der Glaube beim Anhang und Spielern plötzlich da. Die Offloads saßen und Handschuhsheim arbeitete sich erneut in die Frankfurter Hälfte vor - das Momentum war mit den Löwen. Die Gastgeber reagierten plötzlich nur noch und konnten sich glücklich schätzen, dass Marcel Coetzee einen Straftritt aus machbarer Position bei jedoch weiterhin bögem Wind daneben setzte. Denn dann hätten die Löwen nur noch einen Versuch gebraucht, um Frankfurt abzufangen.
Verpasste Chance beendet Löwen-Sturmlauf
Diese verpasste Chance jedoch schien für die Frankfurter wie ein Weckruf zu sein. In den Schlussminuten spielten es die 1880er wieder völlig souverän. Behielten den Ball lange in den eigenen Reihen und ließen sich auf keine Dummheiten ein. Der letzten vielversprechende Angriff der Löwen, wenige Zeigerumdrehungen vor dem Abpfiff, endete mit einem versammelten Offload von Innen Eden Syme, der zuvor wertvolle Meter gemacht hatte. Mit dem Gedränge für 1880 war allen auf der Anlage auf der Feldgerichtsstraße klar: 1880 kann sich den ersten Meistertitel seit zehn Jahren sichern.
Mit dem Abpfiff des souveränen Unparteiischen Kilian O’Brien bildete sich eine riesige Jubeltraube auf dem Feld. Anhänger, Freunde und Familie gesellten sich zu den 1880-Spielern, die sich nun ausgiebig bejubeln ließen. In den Handschuhsheimer Gesichtern dagegen vor allem Enttäuschung. Sicherlich wäre heute mehr drin gewesen, wenn man früher zu dem Spiel gefunden hätte, das die Löwen die gesamte Saison über stark gemacht hat. Aber die Formkurve des TSV zeigt klar nach oben und in die kommende Saison wir der TSV als Titelkandidat gehen.
In einer Woche wird bekanntermaßen an gleicher Stelle ein für das deutsche Rugby extrem wichtiges Spiel folgen. Heute hatten die 1880er neun Spieler und die Handschuhsheimer gleich 15 Spieler im Kader, die aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Das ist ein gutes Zeichen für den Rugbysport hierzulande. Doch für die weitere Entwicklung des Sports in Deutschland wäre ein Sieg gegen Portugal und damit der Klassenerhalt in Europas höchster Spielklasse in einer Woche in Frankfurt ein imminent wichtiges Signal für die Zukunft.
Das gesamte Match im Re-Live
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