Die Pokal-Wettbewerbe wurden abgeschafft, der vermeintliche Ersatz Cup & Plate wurde schlicht zu einer Katastrophe.
Das Bestreben den Sommer mit mehr Fünfzehner-Rugby zu füllen, gibt es schon seit längerem. Nach jahrelangem Experimentieren mit dem DRV- und Ligapokal, deren Austragungszeiträume mehrmals verändert wurde, welche aber nie wirklich von Rugby-Deutschland angenommen wurden, hatte der Bundesliga-Ausschuss vergangenen Sommer ein neues Experiment gewagt. Den sogenannten Bundesliga-Cup und Plate - nach dem vergangenen Wochenende muss man konstatieren: Es ist gescheitert.
Im neuen Wettbewerb sollen die Vereine der verschiedenen Zweit- und Erstliga-Staffeln gegeneinander antreten. Neun Spiele waren für den vergangenen Samstag angesetzt, so sahen die Resultate aus:
Heidelberger RK - FC St Pauli (abgesagt) RG Heidelberg 0 - 50 RC Berlin Grizzlies RK 03 Berlin 50 - 0 Neckarsulmer SU RC Leipzig 50 - 0 RC Luxemburg Bremen 1860 97 - 12 USV Jena StuSta München 50 - 0 TSV 1846 Nürnberg RSV Köln 50 - 0 Heidelberger TV München RFC 0 - 50 Düsseldorf Dragons
Neun Spiele, acht Absagen und die einzige Partie, die auch tatsächlich ausgetragen wurde, endete mit einem Kantersieg. Manchmal kann man froh sein, dass Rugby in Deutschland nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht. Denn man muss konstatieren: Das ist eine Blamage sondergleichen. Aber wie konnte es dazu kommen?
Vergangenes Jahr, am 7. Juli 2018, nahm der Bundesliga-Ausschuss bei seiner damaligen Sitzung den Vorschlag zur Einführung des Cup- und Plate-Wettbewerbs mit 22 Ja-Stimmen und nur zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen an. Eine Woche später landete der Wettbewerb im Rahmenspielplan. Noch in der darauffolgenden Sitzung des Bundesliga-Ausschusses im vergangenen November hieß es im Protokoll, dass das Feedback der Vereine zum neuen Wettbewerb „weitgehend positiv“ sei.
Das war zumindest ein Trugschluss - denn die Kunde vom neuen Pokal-Wettbewerb für den Sommer war bei den meisten Vereinen gar nicht angekommen. Auf TR-Nachfrage gestanden mehrere Vereinsvertreter von etablierten Zweitligisten, die in den vergangenen Jahren keine Spiele absagen mussten, dass sie von den Ansetzungen vor gut einem Monat kalt erwischt worden seien. In zwei Fällen waren die Vereinstrainer fälschlicherweise selbst nach dem letzten regulären Saisonspiel davon ausgegangen, dass es nun in die Sommerpause gehe.
Doch nicht nur die Unkenntnis über den Wettbewerb führte zu dem katastrophalen vom letzten Samstag. Was den Vereinen neben den oftmals in der Schlussphase der Saison verletzungsbedingten Ausfällen auch zu schaffen macht, ist die Terminierung. Mehrere Turniere der beginnenden Siebener-Saison fanden am vergangenen Wochenende statt, unter anderem die Amsterdam 7s, bei denen Jahr für Jahr etliche deutsche Teams am Start sind.
Dazu bleibt die Frage - womit sollen sich die Teams nach dem vermeintlichen Ende der Saison motivieren? Absteiger St Pauli hätte beim HRK antreten müssen - 1150 km im Bus um sich vom Süd-Topklub abschlachten zu müssen, bevor es nächste Saison gegen Klubs eines ganz anderen Kalibers geht? Süd-Absteiger Neckarsulm hätte für die Hin- und Rückfahrt nach Berlin eine noch längere Distanz zurücklegen müssen. Kein Wunder, dass beide Klubs die Spiele kampflos abschenkten. Denn selbst mit der daraus resultierenden Strafe dürften sie immer noch besser wegkommen, als mit den Transportkosten, wenn es ein Mal quer durch die Republik geht.
Schon Liga- und DRV-Pokal vergangenen Sommer hatten unter zahlreichen Absagen gelitten und selbst bei den Vereinen, die erfolgreich waren, wurden die Pokal-Wettbewerbe maximal mit Gleichgültigkeit aufgenommen. Für Neckarsulm und Pforzheim, die es im Sommer 2018 ins Halbfinale respektive Finale geschafft hatten, wurde der Wettbewerb in dieser Saison zum Bumerang. NSU-Coach Kuhlmann war schon damals nicht sonderlich erfreut darüber, dass die Sommerpause für seine Spieler auf zwei Wochen verkürzt wurde. Jetzt ist die NSU abgestiegen und Pforzheim droht das gleiche Schicksal.
Der Appetit in Rugby-Deutschland auf einen solchen Wettbewerb scheint nicht wirklich vorhanden zu sein. Anreisewege von weit über 500 Kilometern für einen Wettbewerb, dessen Prestige nahe Null tendiert, zu einem Zeitraum, wenn das olympische Siebener mehr und mehr in den Fokus rückt - der Cup- & Plate-Wettbewerb scheint in der jetzigen Form ein einmaliges Experiment zu bleiben. Die Vereine haben abgestimmt und zwar mit Gleichgültigkeit.
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