Europacup-Highlights zu Ostern: Die vier besten des Kontinents wollen nach Newcastle
Geschrieben von TotalRugby Team
Freitag, 19. April 2019
Saracens haben die bisher beste Offensive des Europacups - ob das gegen Munster reicht? Foto (c) EPCR
Die europäischen Vereinswettbewerbe gehen in die entscheidende Phase und pünktlich zu Ostern duellieren sich die vier besten Vereine Europas in der Vorschlussrunde um die Krone im Nordhemisphären-Rugby: Den Heineken Champions Cup. Titelverteidiger Leinster empfängt im ausverkauften Aviva Stadium das wiedererstarkte Toulouse und Saracens bekommen es mit Munster zu tun. Diese vier Teams stehen im Halbfinale und haben mehr als die Hälfte der 23 bisher ausgespielten Europacups gewonnen. Zwei von ihnen werden am 10. Mai das Finale von Newcastle bestreiten.
Saracens - Munster Samstag 20. April, 16:00 Uhr, Ricoh Arena Coventry (live auf DAZN)
Saracens und Munster sind europäische Schwergewichte erster Güte. Beide Teams haben den Champions Cup jeweils zwei Mal gewonnen. Doch wohl kein Verein definiert sich derart über den Europapokal-Wettbewerb, wie der westirische Klub Munster - die Männer aus der ländlichen Region sind schon immer stolz darauf, in Europa mit den ganz Großen mitzuhalten und den Ruggern aus Paris und London ein ums andere Mal eins auszuwischen. Schon 14 Mal hat Munster es ins Europacup-Halbfinale geschafft, auch wenn die letzten vier Ausflüge an dieser Stelle endeten.
Bei den Munster-Men steht aktuell kein Spieler momentan mehr für Munsters Ethos, als Conor Murray. Der Gedrängehalb feiert morgen seinen 30. Geburtstag und ist in seiner mittlerweile zehnten Munster-Saison. Kein Wunder, dass Murray dem englischen Guardian gegenüber dieser Tage betonte: „Den Champions Cup mit Munster zu gewinnen, würde mir die Welt bedeuten.“ Denn er sei mit den Erfolgen Munsters in Europa großgeworden und war 2006 mit seinem Vater als Fan im Stadion, als Munster erstmals den Henkelpott heimnahm.
Doch morgen wird es kein einfaches Unterfangen den vorletzten Schritt zu seinem ersten Titel mit seinem Heimatklub zu machen, Munster wird in Coventry als Underdog ins Spiel gehen. Vor zwei Jahren trafen sich beide Teams bereits im Champions-Cup-Halbfinale in Dublin und Saracens konnten sich damals einen souveränen 26:10 Sieg sichern. In der laufenden Europacup-Saison hat kein Team mehr Punkte pro Spiel produziert, als Saracens. Die Londoner hatten im Viertelfinale von allen späteren Halbfinalisten die wenigste Mühe.
Keiner Mannschaft gelang der Halbfinal-Einzug souveräner, als den Saracens
Doch dafür gibt es momentan beim englischen Meister abseits des Platzes einige Ablenkungen. Sturm-Star Billy Vunipola musste sich von Klub und Nationalmannschaft einen öffentlichen Rüffel abholen, da er Australiens kontroversen Schluss Israel Folau mit seinen homophonen Äußerungen unterstützt hatte. Dazu wird aktuell gegen die Londoner ermittelt, da sie die in England gültige Salary Cap, also die erlaubte Höchstgrenze für die Gehälter aller Kaderspieler, mit Buchhaltungstricks und Investment-Zulagen umgangen haben sollen.
Ob sich Saracens davon werden ablenken lassen, bleibt abzuwarten. Mit ihrem körperlich dominanten Spiel und ihren schnellen Vollstreckern auf Außen, wie Liam Williams, oder Sean Maitland haben sie zweifelsohne den besseren Kader. In einem Duell mit offenem Visier dürften die offensivstarken Saracens klar die Nase vorne haben. Doch wenn es Munsters starker dritter Sturmreihe mit Peter O’Mahoney und CJ Stander gelingen sollte, die Saracens-Rucks unsauber zu machen und ab und an Bälle zu klauen, hat Munster sicherlich eine Chance. Zumal das vermeintliche Auswärtsspiel erneut vor tausenden Munster-Fans stattfinden dürfte, die für ihre Unterstützung bekannt sind und den Heimvorteil egalisieren dürften.
Die beiden besten Teams der Europacupgeschichte, vor über 50.000 im ausverkauften Stadion an der Landsdowne Road in Dublin. Der Titelverteidiger gegen den wiedererstarkten französischen Rekordmeister - für beide Teams ist es das elfte Europacup-Halbfinale ihrer Geschichte. Aber angesichts der dominanten Form der Dubliner Gastgeber in den letzten Jahren muss man sich fragen: Wer soll Leinster eigentlich auf dem Weg zum fünften Titel stoppen? Vielleicht ja tatsächlich der französische Vertreter - Toulouse konnte schon im Viertelfinale mit einer heroischen Leistung dieses vorgezogene Finale einfädeln.
In Paris gegen Racing im Viertelfinale musste Stade-Verbinder Zack Holmes nach zwanzig Minuten mit einer roten Karte vom Feld - beim Stand von 7:10 aus Toulouse-Sicht. Doch die Südfranzosen kämpften sich zurück - Romain Ntamack rückte von Innen auf Verbinder und orchestrierte das Toulouse-Comeback in Unterzahl und am Ende stand ein hart erkämpfter 22:21 Sieg auf der überdimensionierten Anzeigetafel der Pariser Arena.
Ein Comeback für die Ewigkeit: 60 Minuten in Unterzahl und nach Rückstand sicherte sich Toulouse in Paris das Halbfinale
Dazu hat Toulouse einige Waffen im Köcher, die Leinster erst ein Mal entschärfen muss. Mit dem pfeilschnellen aber nur 1,70 m großen Cheslin Kolbe hat Toulouse den wohl aufregendsten Außen Europas im Kader - im laufenden Wettbewerb hat er mit seiner atemberaubenden Beinarbeit schon 45 Verteidiger geschlagen. Sein Duell mit dem ähnlich agilen Joran Larmour dürfte allein schon den nicht sonderlich günstigen Eintritt in Dublins Rugby-Tempel wert sein.
Das Angriffsspiel der Toulouser ist aber nicht nur durch Feingeist und schnelle Beine geprägt. Die Gäste kommen mit dem besten Gedränge des Wettbewerbs nach Dublin, nicht zuletzt auch wegen Ex-All-Black Charlie Faumuina - der 32-jährige Tighthead gilt als einer der besten seines Faches. Wenn er und Leinster-Loosehead Cian Healy Kopf-an-Kopf gehen, könnte es zum vielleicht spielentscheidenden Duell kommen.
Den Gastgebern gab am gestrigen Donnerstag eine wichtige Meldung ordentlich Auftrieb. Der zuletzt am Oberschenkel verletzte Jonny Sexton ist zurück. Nach einem durchwachsenen Six-Nations-Turnier will der Weltspieler des Jahres 2018 nun unter Beweis stellen, dass er den Titel nicht zu Unrecht erhalten hat. Ob seine Verletzung tatsächlich zu 100% auskuriert ist, bleibt aber abzusehen.
Sollte es Toulouses dritter Sturmreihe um die All-Blacks-Legende Jerome Kaino gelingen, Sexton unter Druck zu setzen und zu frustrieren, hätten die Gäste eine realistische Chance sich den Finaleinzug zu sichern und noch vor Leinster als erstes Team fünf Europacup-Titel zu gewinnen. Es wäre der zweite sensationelle Auswärtssieg in Folge und würde nach einigen mageren Jahren bei Frankreichs traditionell erfolgreichsten Rugby-Club eine neue Erfolgs-Ära einläuten. Mit zahlreichen jungen Super-Talenten und einem aufregenden Offensiv-Spielstil wäre es den Franzosen zu gönnen.
Kann Europas gefährlichster Außen Kolbe Leinster gefährlich werden?