Wallabies Superstar Folau erhält Kündigung für erneute homophobe Social-Media-Postings
Geschrieben von TotalRugby Team
Montag, 15. April 2019
Auf dem Feld einer der besten Rugby-Spieler weltweit - abseits ein religiöser Fanatiker - Israel Folau wurde heute von Australiens Verband entlassen.
Es war der Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Israel Folau erhielt heute die Kündigung vom australischen Verband RA für seine erneut homophoben Postings auf Instagram. Sollte Folau die Kündigung nicht anfechten, wird der beste Spieler Australiens bei der WM im Herbst fehlen. Da auch sein Ex-Arbeitgeber NRL, Australiens Rugby-Leauge-Meisterschaft, eine Wiederanstellung ihres ehemaligen Superstars ausgeschlossen hat, droht ihm das Karriereende. Während weite Teile der Rugby-Welt Folaus Postings scharf kritisierten, fanden sich einige wenige Unterstützer, darunter auch ein deutscher Nationalspieler.
Mittlerweile ist es fünf Tage her, dass Australiens Superstar Israel Folau auf Instagram ein Meme postete, dass u.a. Homosexuellen mit der Hölle droht. Der Waratahs- und Wallabies-Schluss fällt nicht zum ersten Mal mit seinen extremen christlichen Ansichten auf und wird nach der heutigen Kündigung aller Wahrscheinlichkeit nach künftig nicht mehr für australische Teams auflaufen und den Wallabies dementsprechend auch bei der WM fehlen.
Der Skandal hat nicht nur die Rugby-Welt in Aufruhr versetzt, sondern die gesamte australische Öffentlichkeit. Nachdem Billy Vunipola Folau am Freitag öffentliche unterstützte, drohen auch ihm seitens des englischen Verbandes Konsequenzen. Das wird bei einem deutschen Nationalspieler, der sich öffentlich hinter Folau stellte, nicht der Fall sein - ein fader Beigeschmack bleibt dennoch.
Es ist nicht die erste Entgleisung Folaus
Vor ziemlich genau einem Jahr hatte Folau erstmals für einen Sturm der Entrüstung gesorgt, als er ebenfalls auf Instagram auf eine Fan-Frage antwortete, dass Gottes Plan für Homosexuelle die Hölle sei. Der Dreißigjährige tongaisch-stämmige Schluss ist einer von Australiens bekanntesten Sport-Stars. Er hatte es als Teenager bereits in die NRL geschafft, den gerade an der Ostküste sehr beliebten Rugby-League Wettbewerb Australiens und war dann in die AFL gewechselt.
Auch im Aussie Rules war Folau ein Star, weswegen sein Wechsel zum Fünfzehner-Rugby äußerst schlagzeilenträchtig war. Folau war der erste Spieler, der es in allen drei beliebten Footy-Varianten, wie die Australier die Sportarten mit ovalem Leder nennen, zum Star geschafft hatte. Erst vor neun Tagen hatte es Folau in Auckland gegen die Blues mit seinem 60. Super-Rugby-Versuch auf Platz eins der Bestenliste geschafft und Ex-All-Black Doug Howlett abgelöst. Über 60 Einsätze bei den Wallabies hinweg gelangen dem meist als Schluss auflaufenden Folau 32 Versuche.
Erst Ende 2018 wurde ihm ein neuer millionenschwerer Vier-Jahres-Vertrag vorgelegt, den er auch unterzeichnete. Gerade im Hinblick auf sein für einen Hintermannschaftsspieler fortgeschrittenes Alter, ein Vertrauensvorschuss des australischen Verbands, der weiter auf seinen umstrittenen Superstar setzte. Folau wurde dem Vernehmen nach eine Klausel in den Vertrag geschrieben, der ihm kontroverse öffentliche Äußerungen auf Social Media untersagte.
Auf dem Feld seit Jahren Australiens bester - Israel Folau
Doch Folau wagte sich dennoch vergangene Woche erneut an das heikle Thema. Mittwoch postete er ein Bild auf seinem Instagram-Account mit 340.000 Followern, welches dem Anschein nach irgendwo aus den Tiefen des Internets kopiert war, mit der Aufschrift: „Warnung - Saufbolde, Homosexuelle, Fremdgeher, Lügner, Hurenböcke, Diebe, Atheisten und Götzendiener, die Hölle wartet auf euch!“
Erneut musste sich der seit Jahren im schwierigen Fahrwasser befindliche australische Verband für Folaus Handeln rechtfertigen. Hauptsponsor Quantas, Australiens größte Airline, distanzierte sich sofort von Folau und betonte für alle Australier da zu sein, egal welcher sexueller Orientierung.
Wallabies-Kapitän Micheal Hooper betonte heute, dass er sich kaum vorstellen könne, noch Mal an der Seite Folaus aufzulaufen. Kaum ein prominenter Australier oder Mitspieler stellte sich öffentlich hinter den Wallabies-Superstar. Sind doch selbst im liberalen Land Down Under die Suizid-Raten unter jungen Homosexuellen mehrfach höher, als unter gleichaltrigen Heterosexuellen.
Die Äußerungen des Sport-Stars gegen eine marginalisierte Minderheit sind da kaum zu verteidigen, auch wenn in den Kommentarspalten der sozialen Medien des öfteren von Zensur die Rede war. Da Folau aber keine rechtlichen Konsequenzen drohen, weil sein Posting noch unter freie Rede fällt, sondern lediglich seitens seines Arbeitgebers, dessen Image er erheblich beschädigt hat, kann sicher nicht von Zensur die Rede sein.
Sinneswandel beim einst toleranten Wallabies-Superstar
Folau selbst hatte noch vor fünf Jahren zusammen mit Adam Ashley Cooper als Gesicht des Bingham Cups gedient, dem größten LGBT-Rugby-Turnier der Welt. Ein Sprecher des Wettbewerbs betonte, dass Folau damals keinerlei homophoben Ansichten gehabt habe, sondern einer der größten Unterstützer der schwulen Rugby-Bewegung gewesen sei.
Allem Anschein nach hat sich Folau aber erst in den letzten Jahren einer deutlich orthodoxeren Interpretation des Christentums verschrieben. Zuletzt hatte er in seiner Gemeinde im Nordwesten Sydneys selbst gepredigt.
Ein im vom australischen Daily Telegraph veröffentlichtes Video einer Messe, während der Folau das Wort ergriff, gewährte tiefe Einblicke in die Gedankenwelt des Rugby-Stars: Wer einen Weihnachtsbaum aufstelle und Ostereier suche, betreibe heidnische Bräuche und sei kein echter Christ. Selbst die Taufe nach katholischem Brauch bezeichnete Folau als unchristlich, sei sie doch so nicht exakt in der Bibel beschrieben.
Auch ein Blick über Folaus Instagram-Account lässt den gleichen Schluss zu. Hatte Folau noch vor wenigen Jahren, wie fast alle Rugby-Stars auf der Plattform, vor allem Bilder von sich und seinem Privatleben gepostet, waren es zuletzt ausschließlich äußerst konservative christliche Botschaften.
Unterstützung von Englands Billy Vunipola, Kritik von allen Seiten
Folau stammt aus einer Familie tongaischer Einwanderer, die ebenso wie die gesamte Community der Pazifik-Staaten sehr konservative christliche Ansichten hat. So verwundert es kaum, dass die wenigen Unterstützer Folaus einen ähnlichen Background haben, wie er selbst. Allen voran Englands-Achter Billy Vunipola, der ebenso in Sydney als Sohn tongaischer Einwanderer geboren wurde, äußerte sich und schrieb Freitag in den sozialen Medien „genug ist genug“ - mit der Kritik an Folau beleidige man auch seine Erziehung, immerhin seien doch Mann und Frau füreinander gemacht.
Beim Spiel seiner Saracens gegen Bristol am vergangenen Wochenende wurde Vunipola dafür bei jedem Ballkontakt von den Bristol Fans ausgebuht. Im Verlaufe dieser Woche muss er sich nun vor dem englischen Verband RFU für die Äußerungen rechtfertigen - denn als Nationalspieler Englands hat er auch eine Reihe von Verhaltensregeln, unter anderem auch zu Social-Media-Postings, unterschrieben. Sein Verein Saracens, der sich zuerst nicht öffentlich zu diesem Vorgang äußern wollte, nannte Vunipolas Post nun heute einen „schweren Fehler“.
In den sozialen Medien musste Vunipola derweil mit viel Häme leben. Sein Ex-England-Kollege Joe Marler postete ein Bild von Vunipola aus dem Vorjahr, als er stark alkoholisiert aus einem Nachtklub in Dublin stolperte. Denn Folaus Post prognostizierte auch Trunkenbolden die Hölle - doch Vunipola schien sich lediglich auf Homosexuelle zu konzentrieren. Dass Marler Vunipolas Post offensichtlich für heuchlerisch hält, war für jeden ersichtlich.
Der mit samoanischen Vorfahren in Sydney aufgewachsene australische UFC-Kämpfer Tai Tuivasa, der in Australien ebenso eine Berümtheit ist, wurde derweil noch deutlicher - er warf Folau öffentlich heuchlerisches Verhalten vor: "Ich habe dich rotzbesoffen gesehen und jetzt machst du einen auf gottesfürchtig? Hast du jemals daran gedacht, was mit elf- oder zwölfjährigen Rugby-Spielern ist, die vielleicht schwul sind und dir folgen? Was mit ihnen passiert, wenn sie das auf ein Mal lesen müssen?" Tuivasas Schlussfolgerung ist, dass Folau einer Gehirnwäsche unterzogen wurde.
Mit James Haskell war ein weiterer England-Star einer der ersten, der sich öffentlich gegen Folau stellte. Der Dritte-Reihe-Stürmer richtete sich auf Twitter direkt an den Australier: „Du verbreitest nicht Gottes Wort, sondern lediglich Hass!“
England-Star James Haskell war einer der ersten die Folau öffentlich kritisierten
Reaktion von Folau: Jesus ist wichtiger als Rugby
Folau selbst äußerte sich erst mehrere Tage lang nicht und war laut Aussage von Rugby Australia auch von seinem Arbeitgeber nicht zu erreichen. Lediglich auf Twitter hinterließ er einen Kommentar unter einem Artikel, der beschrieb wie im australischen Bundesstaat Tasmanien künftig auf der Geburtsurkunde das Geschlecht nicht mehr zwangsläufig angegeben werden muss: „Der Teufel hat so viele Menschen geblendet, tut Buße und geht weg vom sündigen Pfad, wendet euch an Jesus, der euch befreien wird!“
Gestern schließlich dann das erste Gespräch mit dem Sydney Morning Herald, in dem er betonte, dass ihm Jesus wichtiger sei, als seine Rugby-Karriere: „Gott kontrolliert alles, was auch immer sein Wille ist, ob ich weiter spiele oder nicht, ich bin glücklich das zu machen was er will.“ Dazu verglich er die Kritik an seinem Posting mit jahrhundertelanger Christenverfolung überall auf der Welt.
Dass Folaus religiöser Fundamentalismus nicht ins 21. Jahrhundert in einem liberalen westlichen Land passt, sollte Konsens sein - könnte man zumindest meinen. Rugby gilt schon seit dem Coming Out des ehemaligen walisischen Kapitäns Gareth Thomas vor über zehn Jahren als vorbildlich, besonders inklusiv und tolerant. Aber dass im Rugbysport, auch bei uns hier in Deutschland, sich nicht alle dem Gedanken der Inklusivität und Offenheit verschrieben haben, zeigt ein Posting von einem DRV-XV-Nationalspieler - dieser hatte sich am Wochenende auf Facebook öffentlich hinter Folau gestellt.