Dass in Georgien nicht viel zu holen sein würde, war wohl allen deutschen Spielern und Coaches vorher klar. Zu überlegen ist Georgien in den letzten Jahren in der Rugby-EM gewesen. Am Ende kassierte das deutsche Team acht Versuche und verlor 3:54, denn gleich mehrere Ausflüge des deutschen Teams in die 22 der Lelos blieben am Ende ohne Erfolg. Kämpferisch konnte das deutsche Team seinen Willen unter Beweis stellen, doch mit acht Props in der 23 konnte das deutsche Team den mit Frankreich-Profis gespickten Georgiern nur zeitweise Paroli bieten und verlor deutlich hoch, wie vor zwei Jahren an gleicher Stelle.
In Kutaisi herrschte Festtags-Stimmung an einem malerischen Frühlingstag in Georgiens drittgrößter Stadt Kutaisi, bei knapp 20 Grad und Sonnenschein, der die schneebedeckten Gipfel des Kaukasus zum Leuchten brachte. Für die deutschen Spieler sollte der Ausflug in die restlos ausverkaufte AIA Arena aber alles andere als ein gemütlicher Ausflug werden - nach einer fünfzehnstündigen Anreise, waren die deutschen Jungs erst gestern Abend um zehn vor Ort angekommen hatten, wie Coach Mike Ford nach dem spiel betonte, bereits dadurch einen massiven Nachteil.
Georgien machte früh klar, dass sie nicht gewillt waren, halbe Sachen zu machen und ließen den Ball blitzschnell von Seite zu Seite durch die Hände gehen. Die deutsche Defensive musste ein ums andere Mal verschieben und schien Probleme mit dem Tempo der Georgier zu haben. Als der blitzschnelle Außen Mobedadze sich schließlich nur zehn Meter gegenüber von Samy Füchsel sah und durch die Lücke sprintete, war die deutsche Defensive zum ersten Mal gebrochen.
Nach nur vier Minuten klingelte es zum zweiten Mal im deutschen Malfeld und wieder waren die Georgier viel zu schnell für unsere Adler. Ein toller Bodenroller ins Malfeld vom jungen Spielmacher Abzhandadze hebelte die deutsche Defensive direkt wieder aus und beim Stand von 14:0 und nach der Auswechslung von Samy Füchsel, musste einem Angst und Bange werden um die deutschen Jungs.
Deutschland fand nach dem Katastrophen-Start über den Kampf ins Spiel
Doch Deutschland fand nach dem Katastrophen-Start dennoch erst einmal in die Partie. Die ersten und schlussendlich einzigen Punkte gab es für Deutschland durch einen Hilsenbeck-Straftritt, der aus einem Gedränge resultierte. Deutschlands Verbinder ließ sich von den unsportlichen Pfiffen der Georgier nicht verunsichern und kickte die drei Punkte sicher. Das gab dem deutschen Team ein wenig mehr Sicherheit und erstmals konnten unsere Adler den Ball über einige Phasen halten.
Deutschlands erster vielversprechender Angriff mit Ball in der Hand kam, als Felix Lammers einen georgischen Cross-Kick sicher abfing und sich aus der eigenen 22 aufmachte und immerhin bis in die georgische Hälfte kam. Doch der Angriff endete als Chris Hilsenbeck einen taktischen Kick zu weit und leider direkt ins Aus setzte. Einen weiteren Kick Richtung Eckfahne, der zuerst vielversprechend wirkte, konnte Felix Lammers nicht ersprinten.
Der nächste georgische Ausflug in Deutschlands 22, nach verpatzter deutscher Gasse, brachte den Lelos einen Straftritt ein, nachdem Hakler Dasch Barber den Gedrängehalb illegalerweise beim Werk störte. Die 5-Meter-Gasse wurde von den Gastgebern zu einem Paket genutzt, das unsere Adler illegalerweise herunterzogen. Im zweiten Versuch allerdings schob sich der imposanten Lelos-Sturm ins deutsche Malfeld - 21:3 nach nur 22 Minuten.
Deutsche Belagerung der georgischen Linie bleibt ohne Erfolg
Nach einem Straftritt brachte sich das deutsche Team in aussichtsreiche Position und belagerte die georgische Linie. Nach mehreren Straftritte in Folge für das deutsche Team hatte der schottische Schiedsrichter genug und gab Stade-Français-Prop Zurab Zhvania gelb. Doch dutzende Phasen des deutschen Teams, nur Zentimeter von der Lelo-Linie entfernt, endeten schließlich mit einem deutschen Vorball.
In Überzahl spielend konnte das deutsche Team die Lelos aber weiter unter Druck setzen. Kurz vor der Pause arbeitete sich ein Paket gegen den gefürchteten Georgien-Sturm gar zahlreiche Meter vor. Die fällige Strafgasse konnten unsere Jungs dann wieder an die Fünf-Meter-Line setzen. Erneut kamen unsere Adler der Georgien-Linie gefährlich nah. Doch erneut konnte Georgien den Ball stehlen.
Was unsere Jungs an Effizienz vermissen ließen, zeigte der Weltranglisten-Zwölfte am anderen Ende des Feldes. Dritte-Reihe-Stürmer Beka Saginadze, Team-Kollege von Julius Nostadt, brachte Georgien mit einem brutalen Lauf durch mehrere deutsche Tackles hindurch in eine gute Position.
Nach mehreren Phasen war es schließlich der Blindside-Flanker selbst, der mit einem weiteren brutalen Lauf an der Eckfahne vollenden konnte. Für die deutschen Jungs ein absoluter Genickschlag, nach 15 starken Minuten und etlichen Chancen und 50% Ballbesitz, am Ende selbst zu kassieren.
Durchgang zwei startet wie die erste Hälfte
Die zweite Hälfte startete dann ähnlich, wie die erste. Den ersten Georgien-Sturmlauf konnten unsere Adler noch verteidigen, doch als Gedrängehalb Aprasidze den heranstürmenden Innen Lasha Malaguradze punktgenau bediente, konnten Jaco Otto und Felix Martel den starken Lauf unter die Stangen nicht stoppen.
Doch Georgien ließ nicht locker und kombinierte sich weiter gegen leidenschaftlich kämpfende Adler durch. Mit der stärksten Defensiv-Aktion des Spiels schaffte es Außen Vito Lammers den locker 30 kg schweren Stade-Français-Prop Zhvania, der mit Geschwindigkeit auf den gerade Mal zwanzig Jahre alten Außen zustürmte, ins Aus zu tacklen.
Nur wenige Minuten später war es dann aber geschehen. Ein Bulldozer-Lauf von Georgiens Achter Otari Giorgadze brachte die Lelos bis kurz vor die deutsche Linie. Dort brachte Montpelier-Profi Aprasidze den Ball schnell auf die rechte Seite, wo Außen Modebadze seinen zweiten Versuch legen konnte. 35:3 nach 56 Minuten.
Modebadze konnte nur wenige Minuten später seinen Hattrick vollenden, als das deutsche Mittelfeld Achter Giorgadze nach einem punktgenauen Zuspiel von Georgiens Teenager-Verbinder Abzhandadze durchließ. Der Achter machte wichtige Meter und legte schließlich punktgenau auf den flinken Außen ab.
Nur zwei Zeigerumdrehungen später wurde es erst recht bitter. Als Georgien sich aus der eigenen 22 bis ins Malfeld kombinierte. Ersatz-Neuner Vasil Lobzhanidze konnte nach mehreren Offloads unter den Stangen einlaufen und die 50 Punkte fast voll machen. Deutschland schaffte es erst wieder in gute Position, als Wynston Cameron-Dow Georgiens Kapitän Sharikadze den Ball abluchste.
In der Schlussphase kam Deutschland dem Ehren-Versuch noch ein Mal nahe, als man sich in die 22 der Lelos vorarbeite. Doch wie so oft am heutigen tag endete der deutsche Ausflug in Georgiens Red Zone mit einem deutschen Fehler. Es gelang dem deutschen Team nicht die Lelos über längere Phasen unter Druck zu setzen.
Selbst als die deutsche Mannschaft mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr erneut in die 22 Georgiens kam, schaffte es Georgien sich den Turnover zu sichern und auf der anderen Seite die 50 Punkte mit dem achten Versuch voll zu machen. Das Spiel endete symptomatisch - Deutschland arbeitete sich ein letztes Mal in Georgiens Gefahrenzone vor, war aber erneut nicht in der Lage Kapital aus der Feldposition geschlagen. Der Ball ging verloren und Georgien hatte damit den EM-Titel erneut in der Tasche.
Die Feierlichkeiten in Kutaisi waren ausgiebig, auch wenn Georgien eigentlich für diese Liga eine Nummer zu stark ist, feiert das kleine Rugby-verrückte Land seine Titel dennoch ausgiebig. Für die Georgier ist die Aufgabe aber dennoch nicht erledigt. In der kommenden Woche spielen sie wenige hundert Kilometer nördlich der Grenze gegen Russland - das Land, das vor gerade Mal zehn Jahren in Georgien einmarschiert ist, weswegen die Rivalität eine besondere ist.
So nah und doch so fern - keiner der zahlreichen deutschen Ausflüge in die 22 endete mit einem Versuch
Spiel um den Klassenerhalt gegen Spanien
Coach Mike Ford betonte nach dem Spiel die schwierigen Bedingungen für das deutsche Team, unter anderem die lange Reise. Ebenso, dass er dennoch stolz auf die Leistung der Jungs sei, die sich nach einem schwierigen Start in das Spiel kämpfen konnten und über 80 Minuten alles gegeben haben.
Nach der vierten Niederlage im vierten EM-Spiel bleibt dem deutschen Team noch eine einzige Chance die Klasse auf dem Normalweg zu halten. Ein Sieg gegen Spanien sollte dem deutschen Team im Normalfall direkt den Verbleib in der höchsten EM-Klasse sichern. Spanien dürfte auch gegen das deutsche Team Favorit sein, aber mit dem Kölner Publikum im Rücken und einigen personellen Verstärkungen haben unsere Adler gegen Spanien eine Chance.
|