Die Anzeigetafel lügt nicht. Unsere Adler hielten gut mit, kosteten sich aber selbst jegliche Chance.
Es sollte eine Szene mit Symbolwert werden: Deutschland ist in Rumäniens 22 in toller Feldposition, kickt den Ball aber viel zu früh weg und kassiert nur 120 Sekunden später in der eigenen Hälfte einen viel zu einfachen Versuch. Schon zu Beginn der Partie war das deutsche Team nicht kaltschnäuzig genug und servierte den Rumänen ihre Chancen. Kampf und Einstellung stimmten, doch mit der zweiten Niederlage steht Deutschland nun am Tabellenende der Rugby Europe Championship.
Die Vorraussetzungen hätten durchaus bessere sein können für das deutsche Team vor dem zweiten schweren Auswärtsspiel der Rugby-EM. Nur 18 Stunden vor Ankick war das deutsche Team nach insgesamt elfstündiger Anreise aus Frankfurt im äußersten Nordosten Rumäniens eingetroffen. Immerhin waren nur noch Reste des Schnees zu sehen, der sich wohl noch vor einer Woche 30 cm hoch auf dem Rasen auftürmte. Bei 8 Grad und sonnigen Bedingungen zum Ankick hätte man sich für diese Jahreszeit eigentlich nicht viel mehr wünschen können.
Doch auf dem Platz schien das Glück dem deutschen Team abhanden zu kommen - aus deutscher Sicht war die erste Hälfte eine der verpassten Chancen und Geschenke an den Gegner. Die weit angereisten Adler konnten im offenen Spiel durchaus mit den Gastgebern mithalten, was sich aber nicht zwangsläufig auf der Anzeigetafel widerspiegelte.
Unsere Adler hatten Rumäniens Stürmer weitestgehend im Griff
Von der deutschen Bank kamen im Spielverlauf immer wieder lautstark die Aufforderungen tief zu tacklen und schnell von der Linie zu kommen. Genau das taten unsere Adler in der Defensive auch, so dass Rumäniens schwere und dynamische Stürmer wenig wertvolle Meter machen konnten. Ganz anders als bei den letzten beiden Ausflügen nach Rumänien, bei denen man förmlich vom Eichen-Sturm überrannt wurde.
Dennoch hatte das deutsche Team zur Pause schon drei Versuche kassiert, die man sich jedoch allesamt selbst zuzuschreiben hatte. Nach nur wenigen Minuten testete Rumänien mit einem Paket kurz vor der deutschen 22 die Adler-Defensive. Diese schob den Rumänen-Sturm sogar erst zurück, aber als sich das Paket drehte und mit einem Schlag Meter machte war die deutsche Defensive plötzlich überfordert und desorganisiert. Der kurze Außen Ionut Dimitru konnte quasi ohne Gegenwehr ins Malfeld einlaufen.
Der zweite rumänische Versuch war dann noch unnötiger. Die deutsche Mannschaft befand sich vielversprechend im Angriff in Rumäniens Hälfte, aber zeigte sich erneut zu ungeduldig - ein Cross-Kick von Verbinder Hagen Schulte auf Außen Felix Lammers wurde zum Bumerang. Außen Dimitru war wieder der Nutznießer - er fing den Ball kurz vorm anstürmenden Lammers ab und konnte aus der eigenen 22 bis ins deutsche Malfeld einlaufen.
Auch der dritte Versuch resultierte aus einem deutschen Fehler. Ein 22-Dropout landete direkt im Aus, was den Rumänen ein Gedränge auf der 22 bescherte. Das endete, wie so oft heute, in einem Straftritt für Rumänien, den Routinier Florin Vlaicu an die 5-Meter-Linie setzte. Rumänien schaffte es zwar nicht die Adler per Paket über ihre eigene Linie zu drücken, aber nach etlichen Phasen konnten Füchsel und Menzel die kurze Seite nicht mehr verteidigen.
Stimmen aus dem deutschen Team
Hinten fehleranfällig, vorne verschwenderisch
Doch Deutschland hatte auch seine Chancen - ging aber meist viel zu verschwenderisch damit um, bzw. zeigte zu wenig Geduld. Schon vor dem ersten Versuch der Rumänen hatte Deutschland einen vielversprechenden Ausflug in die 22 der Eichen gemacht, dann aber viel zu früh den riskanten Chip-Kick versucht, der den Rumänen den Ball schenkte. Gleiches gilt für einen weiteren riskanten Kick, den Verbinder Hagen Schulte tief in der eigenen 22 über Rumäniens Defensive setzte.
Auch mit der letzten Aktion des Auftakt-Durchgangs war Deutschland mit einer Fünf-Meter-Gasse bei den Rumänen in aussichtsreicher Position, verspielte den Ball aber nur Meter vor der Linie. Mit 17:3 gingen die Gastgeber schließlich in die Pause - sicherlich verdient in Führung, wobei die spielerische Überlegenheit sicherlich nicht dermaßen deutlich war.
Erste Phase der 2. Hälfte und 2 Karten kosten Deutschland alle Chancen
Endgültig das Genick brachen sich unsere Adler zu Beginn des zweiten Durchgangs. Um noch eine Chance zu haben hätte das Team um Kapitän Sebastian Ferreira den Abstand verkürzen müssen, stattdessen fiel man beim georgischen Schiedsrichter Nika Amashukeli in Ungnade. Der Unparteiische hatte bereits vorher die Gedränge allesamt für die Rumänen entschieden, nun gab er Matthias Schösser Gelb.
Zwar konnte sich Deutschland noch einmal von der eigenen Linie befreien, handelte sich aber direkt danach eine weitere Karte ein. Hakler Kurt Haupt soll ein Paket runtergezogen haben - diese Entscheidung, so kurz nach der ersten Karte, schien ein wenig hart. Es sollte nicht lange dauern, bis Rumänien nun für die Entscheidung sorgen konnte. Die schweren Stürmer der Eichen bahnten sich den Weg ins deutsche Mal.
Die Hoffnungen schwanden weiter, als die Adler zwischenzeitlich in dreifacher Unterzahl antreten mussten, weil das Gedränge ohne Druck ausgeführt werden musste - man stand förmlich mit dem Rücken zur Wand. Doch Deutschland gab sich nicht auf, wollte noch Mal und kam auch noch einmal, obwohl der Kampf nahezu aussichtslos war. Mit dem Paket, an dessen Ende Kurt Haupt mit dem Ball über die Linie fiel, reichte es immerhin für den Ehrenversuch.
Wenn etwas im deutschen Spiel lief, dann war es das Phasenspiel, wo man durchaus mit den Stürmern Meter machen konnte. Jörn Schröder fiel mit einigen guten Carries auf - Kurt Haupt und Tobias Williams sowieso. Debütant Emil Rupf, der zum neuen Jahr von Frankfurt 1880 zu Stade Français gewechselt ist, ließ sich nichts zu schulden kommen. Die Standards waren passabel, aber noch keine optimale Plattform, um Rumänien unter Druck zu setzen.
Fazit: Deutschland war nicht chancenlos, was die Niederlage ärgerlicher macht
Rumänien ist weiterhin eines der Top-Teams der Rugby Europe Championship und die deutsche Mannschaft hat hier noch nie sonderlich gut ausgesehen. Das sollte man nicht außer Acht lassen - doch gerade die Tatsache, dass unsere Adler hier nicht chancenlos waren und eher selbst Chancen liegen gelassen haben, macht diese Niederlage umso ärgerlicher.
Das Russland-Spiel am Samstag in zwei Wochen wird damit umso wichtiger. Belgien hat heute mit einer B-Mannschaft hoch in Russland verloren. Jetzt gilt es bei einem der beiden Heimspiele zu punkten, um die Relegation zu vermeiden. Denn das Auswärtsspiel in Georgien wird aller Voraussicht nach eine zu hohe Hürde.
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