World-Rugby-Geschäftsführer Gosper mit den Gründerinnen von Rugby United.
Es passiert nicht allzu oft, dass in Deutschland echte Rugby-Prominenz zu Gast ist. Dieser Tage ist dies gleich doppelt der Fall - denn mit der WM-Trophäe, die auf ihrem langen Weg nach Japan gerade ihren dreizehnten Stop hierzulande macht und Brett Gosper, dem Geschäftsführer von World Rugby, gaben sich gestern gleich zwei ovale Bekanntheiten in Köln die Ehre. Zum einen, um Werbung für den World Cup im Herbst in Japan zu machen, aber auch, um die gemeinnützige Initiative Rugby United zu ehren. Im Kölner Fußballstadion machten die Trophäe und der Würdenträger zuerst Halt, bevor es am Abend zum Training der Kölner Initiative mit Dutzenden Flüchtlingskindern ging.
Als Brett Gosper von einer der Logen aus, in der das Presse-Event mit dem Pokal und den Organisatoren des DRV-XV-Länderspiels im März stattfand, auf die 50.000 leeren Plätze des Kölner Rhein-Energie-Stadions blickte, kam auch der mittlerweile 59-jährige Ex-Spieler des Pariser Spitzenklubs Racing ins Schwärmen. Zusammen mit Lutz Wingerath, dem Geschäftsführer der Kölner Sportstätten, spekulierte der Top-Funktionär, dass man schon die All Blacks bräuchte, um dieses Stadion zu füllen.
Mit dem Verweis auf Japan, wo die Nationalmannschaft Neuseelands schon mehrmals zu Gast war, erklärte Gosper dies zu einem gar nicht Mal dermaßen unrealistischen Szenario. Man müsse nur jemanden finden, der das unternehmerische Risiko trage und beispielsweise die Stadionmiete sowie Antrittsgage der Neuseeländer übernehme. Dann könnte man, angesichts des riesigen Einzugsgebietes im Westen der Republik und der günstigen Verkehrslage, sicher auch die Ränge der Kölner Arena mit einem Rugby-Spiel füllen.
Blick auf das EM-Spiel in der Domstadt und die WM im Herbst in Japan
All dies ist freilich noch Zukunftsmusik, zunächst war der William-Webb-Ellis-Cup nur in einem leeren Kölner Stadion zu Gast. In erster Linie wollte Gosper die Aufmerksamkeit der versammelten Lokalpresse auf das WM-Turnier im Herbst legen, welches in vielerlei Hinsicht, allen voran in Sachen Zuschauerinteresse, immerhin das drittgrößte Sport-Event weltweit ist. Bereits in Berlin am Wochenende und in Heidelberg am Montag hatte sich aber bereits die über 100 Jahre alte WM-Trophäe als Publikumsmagnet erwiesen.
Das Interesse an WM-Tickets, so der World-Rugby-Würdenträger, habe zuletzt ungeahnte Höhen erreicht - deutlich mehr Anfragen als Karten habe es in der bisherigen Auslosung gegeben. Aber da besonders die Spiele der Favoriten sowie des Gastgebers überzeichnet seien, ergäben sich noch immer genügend Möglichkeiten für Deutsche Fans Karten für den World Cup 2019 zu ergattern.
Die Kölner Gastgeber wiederum nutzen derweil die Gelegenheit, um Aufmerksamkeit auf ihr Länderspiel am 17. März gegen Spanien zu lenken. Nachdem der Sportpark Höhenberg bei den ersten beiden dort ausgetragenen Länderspielen 2016 und 2017 ausverkauft war, will man das 6.000 Zuschauer fassende Stadion nun nach den Querelen um die Nationalmannschaft im Vorjahr, die einige Fans abgeschreckt hatten, wieder voll machen. Der Vorverkaufsstart, so ist von den Organisatoren zu hören, sei gut gelaufen und man erwartet erneut ein volles Haus.
Ehrung von Rugby United von höchster Stelle
Der weitaus emotionalere Teil des Tages war dann aber der Besuch bei der gemeinnützigen Initiative Rugby United. Das Kölner Projekt, aus den Angeln gehoben von vier Spielerinnen des Damen-Teams der Domstädter, nutzt seit gut 2,5 Jahren den Rugby-Sport als Werkzeug, um Flüchtlingskindern bei der Integration zu helfen und ihnen dabei noch ein spannendes Freizeitangebot im sonst tristen Unterkunfts-Alltag zu bieten.
Woche für Woche, egal bei welchem Wetter, kommen mit Hilfe von Rugby United Dutzende Flüchtlingskinder in den Kölner Rugby Park, trainieren dort unter Aufsicht und unternehmen auch abseits des grünen Rasens einiges. Dabei werden den oftmals traumatisierten und aus einfachsten Verhältnissen stammenden Kids das nötige Equipment, der Transport zum Platz und eine warme Mahlzeit kostenlos zur Verfügung gestellt.
Die Initiatoren berichten von riesigen Fortschritten, den die Kids auf und vor allem Abseits des Platzes gemacht haben. Sei es in Sachen Sprachkenntnisse, aber auch im Hinblick auf alltägliche Sozialkompetenzen, wie Disziplin. Mit unglaublich viel Geduld und Hingabe der Gründerinnen wurde Rugby United seit 2016 zu einem riesigen Erfolg.
"Rugby United steht für die Werte des Rugbysports"
Das hat sich auch bis zum Weltverband World Rugby herumgesprochen. Geschäftsführer Gosper selbst ließ es sich nicht nehmen, sein Lob auszusprechen und war auch an der Seitenlinie des Kölner Platzes zu gegen, als etwa 50 Kinder am gestrigen Abend genau neben der berühmten goldenen WM-Trophäe trainierten. Der Australier unterhielt sich bei nasskalten Bedingungen eine gute Dreiviertelstunde mit teilnehmenden Kindern und den Organisatoren - dabei konnte er eine frohe Botschaft überbringen: Die Initiative wird nun einen Zuschuss aus dem „Spirit of Rugby“-Topf erhalten, mit der der Transport sowie die Essens-Versorgung der Flüchtlingskinder finanziert werden soll.
Gosper betonte im Gespräch mit TR: „Das Engagement dieser vier Frauen steht emblematisch für die Werte des Rugbysports und deshalb sind wir froh unseren Teil dazu beitragen zu können!“ Für Rugby United ist dies quasi ein Ritterschlag von ganz oben, der neben der Aufmerksamkeit auch eventuell weitere Fördermöglichkeiten mit sich bringen könnte. Denn der Erfolg bringt die Organisatoren auch an ihre Kapazitätsgrenzen. Für den Rugbysport in der Domstadt ist das Projekt ein tolles Aushängeschild, auch wenn der Webb-Ellis-Cup nun von Köln nach Kapstadt weiterziehen wird.
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