Six-Nations-Eröffnungsspiel: Frankreich setzt auf Feingeister und die Brechstange
Geschrieben von TotalRugby Team
Donnerstag, 31. Januar 2019
Auf ihm ruhen die Hoffnungen einer Rugby-Nation - Debütant Ntamack.
Wenn morgen Abend Gastgeber Frankreich in das Stade de France einläuft, werden les Bleus einen Rekord brechen - der französische Sturm wird mit 962 Kilo der schwerste der internationalen Rugby-Geschichte sein. Man könnte meinen, dass Frankreich-Coach Brunel es mit der Brechstange versuchen will. In der Hintermannschaft laufen für Frankreich etliche Feingeister auf, nicht etwa Ex-Kapitän Bastareaud.
Die Gäste aus Wales sind von Brunels Wahl überrascht, wie Coach Warren Gatland unumwunden zugibt. Man hatte man Wales mit dem XXL-Innen Bastareaud gerechnet, dieser schaffte es jedoch nicht ein Mal auf die Bank der XV de France. Virimi Vakatawa, eine weitere explosive Option auf Innen und Leistungsträger der Franzosen, schaffte es nicht ein Mal in den erweiterten Kader von les Bleus.
Feingeister hinter Monstersturm
Stattdessen laufen im Mittelfeld hinter dem Monstersturm mit Wesley Fofana und Romain Ntamack zwei wendige und spielfreudige Innendreiviertel auf. Speziell die Nominierung des 19-jährigen Debütanten Ntamack vom Rekordmeister Toulouse, sorgt ebenso für Verwunderung wie Begeisterung in Frankreich. Sein Vater Emile war im Jahr 2000 Teil der Mannschaft, die zuletzt die Six Nations gegen Wales eröffnen durfte und dabei der einzige Franzose mit einem Versuch.
Sein Sprössling hat sich über die Siebener-Nationalmannschaft und die U-20 Frankreichs nun in Windeseile noch vor seinem 20. Geburtstag in die Startaufstellung der Nationalmannschaft gespielt. Als einer der U-20-Weltmeister des letzten Herbstes wurde ihm eine große Zukunft vorhergesagt, aber damit, dass Ntamack nun bereits im ersten Spiel des Championats die Zwölf tragen würde, hätten wenige gerechnet.
Rugby im Blut - schon Ntamacks Vater Emile glänzte als Frankreich-Schluss
Ntamacks Feuerprobe
Coach Jacques Brunel betonte auf der offiziellen Pressekonferenz des Spiels, dass für ihn das Alter keinerlei Rolle spiele: „Ich habe ihn schon eine Weile beobachtet und er hat unter Beweis gestellt, dass er sich schnell an ein höheres Level gewöhnen kann.“ Brunels Gegenüber Gatland wiederum sieht Ntamack vor einem schweren Debüt, selbst Wales Weltklasse-Innen Jonathan Davies sei bei seinem Debüt noch etwas orientierungslos gewesen, bevor er in die Rolle gewachsen ist.
Ntamack wird es morgen mit Wales Zwölfer Hadleigh Parks zu tun bekommen, der zwar selbst nur zehn Spiele für Wales absolviert hat, zuvor aber dafür auf jahrelange Erfahrung im Super Rugby zurückblicken kann. Ntamacks Innen-Partner Fofana wiederum, will sich wieder ins Team spielen, nachdem er in den letzten Jahren vor allem am Umfang seiner Krankenakte arbeiten konnte.
Auch Fofanas Duell mit Jonathan Davies verspricht ein großartiges zu werden. Doch wie so oft im Rugby wird der Kampf der Sturmreihen entscheidenden Einfluss auf den Spielausgang haben. Frankreichs starke Männer sind im Schnitt fast sieben Kilo schwerer als ihre walisische Gegenüber. Das könnte ihnen im Gedränge, bei Paketen und als Ballträger Vorteile verschaffen - im Spielverlauf dürfte Wales es allerdings darauf anlegen die Kolosse der Gastgeber müde zu laufen.
Wales geht mit breiter Brust ins Turnier
Erfahrung auf den Spielmacherpositionen bei Frankreich
Die Franzosen setzen auf den Spielmacher-Positionen derweil auf zwei erfahrene und aneinander gewöhnte Routiniers. Camille Lopez und Morgan Parra spielen auch beim Topklub Clermont zusammen und sollen nun dafür sorgen, dass die beiden Feingeister auf Innen mit ordentlichen Bällen gefüttert werden.
Bei Wales scheint sich Warren Gatland endgültig für den spielfreudigeren Gareth Anscombe auf der Verbinder-Position entschieden zu haben. Die vermeintlich sichere Bank Dan Biggar schafft es nur auf diese und dürfte maximal gegen Ende der Partie eine Rolle spielen.
Ausgangslage: Obwohl dies „nur“ das Eröffnungsspiel der Six Nations ist, könnte diese Partie bereits richtungsweisend sein. Beide Teams haben Ambitionen auf die Top-Plätze im Turnier und so sehr es als Klischee verschrien ist: In WM-Jahren stellt sich Frankreich meist deutlich besser an, als sonst. Der Schock der Niederlage im November gegen Fidschi sitzt tief und das Motto lautet Wiedergutmachung.
Wales dagegen geht mit breiter Brust, vier Siegen im November und einem Kader mit wenig Verletzungssorgen in das Turnier. Für Coach Gatland werden es die zwölften und gleichzeitig letzten Six Nations als Wales-Coach sein. Er wird es noch einmal wissen wollen und den vierten Titel seiner Amtszeit anvisieren. Dass sich alle Welt auf Irland konzentriert dürfte dem neuseeländischen Trainerfuchs nur recht sein.
TR-Prognose: Frankreich war zuletzt immer weniger durch sein traditionelles Flair aufgefallen. In der Top 14 wie im Nationalteam wird oft nur Rammbock-Rambo gespielt - Frankreichs Presse und Verbandspräsident Laporte bemängelten dies. Von Coach Brunel wird nicht nur ein Sieg erwartet, sondern auch mehr Spielfreude. Neues Personal und neue Taktik - das könnte gegen eingespielte Waliser durchaus schiefgehen.
Mit Liam Williams, dem bei den Ospreys wiedererstarkten George North und mit Abstrichen Josh Adams haben die Gäste einige auf internationalem Niveau absolut tödliche Finisher im Team. Fehler der Franzosen werden die konterstarken Waliser gnadenlos ausnutzen. Sicher hat auch Frankreich einige Waffen im Arsenal, allen voran den XXL-Sturm, sowie den Heimvorteil im Rücken, doch wir sehen am Ende das eingespieltere und zuletzt formstärkere Wales-Team mit +5 Zählern vorne.