Mit dieser provokanten Frage als Richtlinie habe ich ein Interview mit einer in Deutschland bekannten Rugbypersönlichkeit geführt, die zunächst noch anonym bleiben möchte. Daraus ist eine ganze Interviewreihe geworden. Lest heute: Wie wird sich die 1. Rugby-Bundesliga entwickeln?
Eine Frage vorweg: Warum möchtest du gerade jetzt mit deiner Meinung an die Öffentlichkeit?
Eine fortschreitende Professionalisierung des Rugbysports in Europa und selbst in Deutschland überfordert Vereine und Verbände. Die Preisspirale ist eröffnet, aber wo endet sie? Anhand von gezielt ausgewählten Schwerpunkten möchte ich eine Diskussion in ganz Rugbydeutschland entfachen.
Und welches Ziel soll diese haben?
Ein bekannter, noch lebender, deutscher Philosoph würde sagen : „Schaun mer mal!“
Wie siehst du die Entwicklung in der 1. Bundesliga im Bezug auf das Einkaufsverhalten der Vereine?
Die Vereine rüsten auf. Waren es früher nur 1 oder 2 Vereine mit bis zu 5 Ausländern, so investieren in der derzeitigen Bundesliga mindestens 5 Vereine in ausländische Spieler. Solide und nachwuchsbezogen erscheinen derzeit nur die beiden Berliner Vereine und der TSV Handschuhsheim. Alle anderen Vereine haben Ausländer unter Vertrag mit dem Ergebnis, Jahr für Jahr noch stärker auf diese vermeintlichen Verstärkungen zu setzen. Kurzfristig erfolgreich, aber es kann nur ein Team Meister werden. Warum werden dann keine Ausländer geholt, die auch für Deutschland spielen können? Dann hätte dieses vereinsbezogene Denken noch einen Vorteil für Deutschland. Kontakte nach Südafrika, Frankreich, Australien etc. sind doch vorhanden.
Und wo wird das hinführen?
Schaun mehr mal!
Wie siehst du den Leistungsunterschied zwischen 1. Und 2. Bundesliga?
Für die Aufsteiger wird es schwer werden, sich in der Bundesliga zu etablieren und zu halten. Der Qualitätsunterschied ist enorm. Im Falle des erneuten Abstiegs droht zumindest in Ballungszentren der Abgang von Leistungsträgern. Also ein kurzfristiger Pyrrhussieg. Die Situation zur Aufstockung der Bundesliga 2008, als niemand aufsteigen wollte, kennzeichnet die Landschaft.
Zu einem anderen Thema: Was tut sich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in der 1. Bundesliga?
So wie unsere „Vorväter“ in den 50er und 60er Jahren wird der Sportplatz, nicht das Stadion, aufgeschlossen und als absolute Neuerung wird sogar über Lautsprecher das Ergebnis mitgeteilt. Aber was für Künstler sind da am Mikrofon? Kümmern wir uns um neue Zuschauer? Nein, wir setzen auf unsere Fans. Dass die immer weniger werden, bemerken wir gar nicht. Dass die auch älter werden und nach Sitzplätzen schielen, bemerken wir auch nicht. Andere Sportarten sind uns hier meilenweit voraus.
Welches Fazit würdest du aus dieser Situation ziehen?
Entweder eine komplette Semiprofi-Liga oder Profi-Liga mit einer Bundesliga-Präsentation im neuen Kleid, Ausrichtungsorganisation als Fest mit Partnern (Zeitung, Radio, Sponsoren) und ansprechenden kleinen Stadien (Komfort anbieten) aufbauen oder die „Beerdigung“ der Bundesliga zu einer Liga der 2. Reihe und die Einführung eines neuen Wettbewerbes mit Teams aus Ballungszentren deutschlandweit; Heidelberg, Frankfurt am Main, Berlin, Hannover, Hamburg, Köln, München in der 1. Reihe. Oder?
Dies sind die weiteren Themen unserer Interviewreihe:
2. Nationalmannschaften
3. Hannover Sevens
4. Nachwuchs
5. DRV-Akademien und Wild Academy
6. Organisation und Zusammenarbeit
7. Entwicklung des Rugbysports
8. Rugby in D 2020
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