Samoas Siva Tau und im Hintergrund kaum zu übersehen, Werbung für Capri Sonne. Foto (c) Seufert-Chang.
Viele der über 3100 Zuschauer werden sich gestern im Heidelberger Fritz-Grunebaum-Sportpark verwundert die Augen gerieben haben, als sie nach der Einlasskontrolle die ersten Schritte im "Wohnzimmer" des deutschen Rugby-Nationalteams machten. Es hatte aber nichts mit dem Geschehen auf dem Rasen zu tun, sondern mit dem, was man drumherum sah: Werbung für ein Erfrischungsgetränk eines Eppelheimer Unternehmers. Die Rede ist von Capri Sun und Dr. Hans-Peter Wild, der selbst anwesend war, als die DRV XV Favorit Samoa am Rande einer Niederlage hatte.
Aktuell besteht kein Sponsoringverhältnis zwischen dem DRV und dem Unternehmen Capri Sun oder der sich in Auflösung befindenden Wild Rugby Akademie. Deshalb war es erstaunlich, das lange mit der DRV XV assoziierte Logo neben denen von DHL und Macron zu sehen. Nachfragen, was es damit auf sich hatte, wurden von offizieller Seite zurückhaltend beantwortet. Es sei ein gutes Zeichen mit Blick auf die Beziehung des Verbandes mit dessen ehemaligen Premium-Partner und man befinde sich wieder in Gesprächen, so die offizielle Sprachregelung. Für mehr Klarheit hätte der neu gewählte DRV-Präsident Robin Stalker sorgen können - der beim Spiel ebenso anwesende ehemalige Adidas-Finanzvorstand war ein gefragter Gesprächspartner unter den anwesenden Journalisten.
Doch Stalker ließ sich vorerst lediglich auf ein kurzes fünfminütiges Statement ohne die Möglichkeit für Nachfragen ein. Erst wenn er sich tiefer in die Materie eingearbeitet habe, sei er in der Lage, sich detaillierter zu äußern. Stalker wörtlich: „Ich bin erst seit einer Woche im Amt und muss noch viel lernen. Momentan habe ich noch nicht genug Informationen.“ In dem Zusammenhang stellte er TotalRugby auch ein ausführliches Interview zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht.
In seinem gestrigen Gespräch mit einem Großteil der Journalisten, die nach der Spielpressekonferenz mit beiden Coaches im Raum verblieben waren, gewährte Stalker einige Einblicke - jedoch nicht zu heiklen Themen wie beispielsweise der Beziehung des DRV zu dessen ehemaligen Sponsor. Seine Prioritäten seien in erster Linie, den Verband zu professionalisieren und für Wachstum zu sorgen, indem man mehr Mitglieder und junge Leute für den Sport gewinne. Vom Spiel der DRV XV zeigte sich Stalker beeindruckt: „Was die Mannschaft heute geleistet hat, hat mich stolz gemacht. Nach einer schwierigen Zeit in den letzten Monaten hat sie gezeigt, dass sie großes Potenzial hat.“
Auch ohne eine klare Äußerung des neuen DRV-Präsidenten steht wohl fest: Der Rückzug von Dr. Hans-Peter Wild aus dem deutschen Rugby scheint nicht in Stein gemeißelt zu sein. Die Ambition des in der Schweiz residierenden Stade-Français-Besitzer war immer, der DRV XV zur WM-Qualifikation zu verhelfen. Der Rückzug vor wenigen Wochen und die Auflösung der Wild Rugby Akademie verwunderten insofern, hat man doch immer noch die Chance, das Ticket für Japan 2019 zu lösen. Die nun im Hintergrund ablaufenden Gespräche wiederum machen Hoffnung. Wild wurde während des Spiels im zweiten Durchgang per Banner von einigen Fans auf der Gegenseite - genau im Sichtfeld des auf der Haupttribüne sitzenden Unternehmers - für sein Engagement gedankt. Es bleibt also weiterhin spannend im deutschen Rugby.
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