Die DRV XV vor dem WM-Qualispiel in Samoa - die letzten Worte sind gefallen, es wird ernst
Geschrieben von TotalRugby Team
Freitag, 29. Juni 2018
Um gegen Samoa eine Chance zu haben, wird die DRV XV als Einheit auftreten müssen. Foto (c) Grzanna
Morgen früh um 4:10 deutscher Zeit ist es soweit. Erstmals tritt eine Auswahl des Deutschen Rugby-Verbands auf Samoa an und dann auch noch gleich um die direkten Qualifikation für die Rugby-Weltmeisterschaft. Der Captain’s Run im Nationalstadion der Hauptstadt Apia ist absolviert, morgen früh liegt die Wahrheit auf dem Platz. Es gilt sich eine ordentliche Ausgangslage zu verschaffen, mit der man daheim die WM-Quali klarmachen könnte.
Die Formel vor diesem historischem Duell ist so einfach, wie die Aufgabe schwer ist: Zwei Duelle mit Samoa, erst am morgigen Samstag auswärts und dann in zwei Wochen daheim - der Sieger zieht das direkte WM-Ticket für Japan 2019 und landet in Gruppe A mit Irland, Schottland, Gastgeber Japan und Russland. Der Verlierer erhält in der Hoffnungsrunde im November in Frankreich gegen drei weitere Aspiranten (Kanada, Hongkong sowie mit großer Warhscheinlichkeit Kenia) eine Chance auf den letzten WM-Platz, der Gruppenspiele gegen Neuseelands All Blacks und die Springboks garantiert.
Für unsere DRV XV ist es das erste Gastspiel in Samoa, denn das einzige bisherige Duell beider Teams fand in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn im Jahr 1989 statt. Dieses hatten die Samoaner klar mit 54:9 für sich entscheiden können. Auch am morgigen Nachmittag samoanischer Ortszeit (4:10 in Deutschland) wird die DRV-Auswahl gegen die Nationalmannschaft des Rugby-verrückten Landes, die es immerhin in zwei Mal ins WM-Viertelfinal geschafft hat, als Außenseiter gehen.
Ganz Samoa erwartet einen Sieg
Die 200.000 Einwohner Samoas und noch einmal so viele sich selbst als samoanisch identifizierende Menschen in Neuseeland und Australien erwarten, genau wie ihr Regierungschef, nicht weniger als einen deutlichen Sieg. Sonst, so formulierte es Premierminister Tuilaepa Aiono Sailele Malielegaoi vorige Woche im Parlament des Landes, könnten sie doch gleich zurücktreten.
Dass die samoanische Mannschaft unter riesigem Erwartungsdruck steht und zuletzt nicht immer gut damit umgegangen war, ist auch dem deutschen Trainer-Team nicht entgangen. Nationaltrainer Pablo Lemoine, der als Coach zum dritten Mal eine Mannschaft zum drittgrößten Sport-Event der Welt führen will, gegenüber TR: „Sie stehen unter unglaublichem Druck, wir versuchen das zu nutzen!“ Sturm-Trainer Mouritz Botha ergänzt: „Sie haben zuletzt nicht die beste Form gezeigt und sind natürlich unter großem Druck.“
Rein auf dem Papier spricht nicht für viel für die DRV-Auswahl, die in der Weltrangliste als Nummer 29 ganze zwölf Ränge hinter ihrem morgigen Gegner rangiert. Die Gastgeber-Startaufstellung setzt sich mit einer einzigen Ausnahme aus gestandenen Profis der Top-Ligen Europas zusammen - lediglich der 22-jährige Gedrängehalb Melani Matavao spielt nur semiprofessionell beim Harbour FC in Neuseeland.
Besonders gefährlich dürfte die erste Sturmreihe der Gastgeber werden, die das Prunkstück der Mannschaft ist. Prop Logovi'i Mulipola vom englischen Rekordmeister Leicester Tigers ist mit seinen 130 kg ein destruktiver und dennoch dynamischer Ballträger. Hakler Moto Matu’u, der mit den Hurricanes 2016 Super-Rugby-Sieger wurde, gilt als einer der härtesten Tackler überhaupt. Auf der rechten Prop-Position ergänzt Paul Alo-Emile von Stade Français die formidable erste Reihe - der Gefahr ist sich DRV-XV-Coach Lemoine bewusst: „Es wird verdammt schwer, das ist uns bewusst. Bei den Standards und speziell im Gedränge werden wir stark gefordert sein - die Samoaner haben einen unglaublich starken Sturm.“
Samoa-Prop Mulipola ist auch mit seinen 130 kg ein dynamischer Ballträger - hier erzielt er den Versuch der Saison
Doch nicht nur von den schweren Jungs der Samoaner droht Gefahr: Der mit 36 Jahren unglaublich erfahrene Verbinder Tusi Pisi wird versuchen seine gefährlichen Außen mit Bällen zu füttern. Der erfahrene Paul Perez von Frankreichs Rekordmeister Stade Toulousain und Sinoti Sinoti, dem der Versuch des Jahres in der abgelaufenen Premiership-Saison gelungen war, gelten beide als extrem gefährliche Finisher.
Man werde dem mit „leidenschaftlicher Verteidigung“ entgegentreten, so Coach Lemoine. Defensiv verlangt der ehemalige Uruguay- und Stade-Français-Prop eine bessere Vorstellung als gegen Portugal: „Da müssen wir mehr bringen, das ist ganz klar.“ Insgesamt gehe man positiv an die Aufgabe heran, nachdem man in den letzten Tagen hart gearbeitet habe.
Hilsenbeck rückt auf Verbinder, Oltmann startet als Schluss
Die Aufstellung, für die sich das Trainer-Duo Potgieter/Lemoine entschieden hat, enthält einige Änderungen im Vergleich zum Portugal-Spiel. Christopher Hilsenbeck wird als Verbinder der DRV XV starten. Nach einer erfolgreichen Zweitliga-Saison in Frankreich mit dem RC Vannes, geht der ehemalige Jugendspieler der Handschuhsheimer Löwen mit breiter Brust in das Spiel in Samoa.
Maxime Oltmann rückt von der Außen-Position zurück auf Schluss. Der zuletzt in Carcassonne extrem formstarke Oltmann hatte gegen Portugal wenige Bälle bekommen, mit denen er arbeiten konnte. Als Schluss wird es ihm liegen, seine Stärke im offenen Spiel in Sachen Geschwindigkeit und Steps gewinnbringend einzubringen.
Die DRV-XV-Startaufstellung
Steffen Liebig rückt in den Kader und direkt auf die zweite Innen-Position, auf der er für den HRK bereits des öfteren gute Leistungen abgeliefert hat. Auf den Außen-Positionen sind mit Nikolai Klewinghaus und Marcel Coetzee zwei gute Finisher, die aber ebenso ihre Samoanischen Gegenüber in Schach halten werden müssen.
Nach dem heutigen Captain’s Run im Apia Park der samoanischen Hauptstadt, wartete eine besondere Überraschung auf die DRV XV. Samoa-Legende Brian Lima, der größte Spieler der Insel-Nation aller Zeiten, war bei der Trikot-Übergabe zu gegen und richtete einige Wort an die deutsche Mannschaft. Schließlich übergab Lima selbst den deutschen Spielern die Trikots - auch für die gestandenen Spieler der DRV XV eine absolute Ehre. Zu dieser Stunde befinden sich die deutschen Spieler nun schon allesamt auf ihren Zimmern. Es wartet das größte bisherige Spiel ihrer Karriere auf sie.
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Für Pablo Lemoine ist die Marschroute klar: „Wir werden positiv an die Sache herangehen. „Unsere Spieler sind verdammt stolz Deutschland hier vertreten zu können.“ In den ersten 80 Minuten dieses Duells, so Lemoine im Hinblick auf das Rückspiel in zwei Wochen, müsse man vorlegen und sich selbst die Chance geben im Rückspiel die erstmalige WM-Quali zu schaffen.
Mouritz Botha, DRV-XV-Sturmtrainer und Ex-England-Nationalspieler fasst die emotionale Ausgangslage wie folgt zusammen: „Als Nationalmannschaft haben wir in den letzten Wochen viele Herausforderungen gehabt, es war eine lange und emotionale Saison.“ Lemoine wiederum betont die Chancen, die sich in diesem Spiel ergeben: „Es ist eine großartige Herausforderung für das deutsche Rugby und gleichzeitig einmalige Chance, mit der Quali können die Jungs Geschichte schreiben.