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Samoa: Rugby-verrückte Nation im Stimmungstief
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Donnerstag, 28. Juni 2018

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Die Spieler Samoas vollführen ihren Siva Tau genannten Kriegstanz, wie vor jedem Spiel.

Bezugnehmend auf einen legendären Krieger und Nationalhelden Samoas wird die Nationalmannschaft des kommenden DRV-XV-Gegners „Manu Samoa“ genannt. Bekannt für seine unglaublich physische Spielweise, war das Team vor nur fünf Jahren laut World-Rugby-Rangliste noch die siebtbeste Mannschaft der Welt. Noch immer ist die Auswahl des Inselstaates gefürchtet, doch ein anhaltendes Formtief hat die „Manu Samoa“-Fans in Aufruhr gebracht und die Auswahl auf Rang 17 der Weltrangliste abrutschen lassen.

„Samoa, lasst uns in den Krieg ziehen und leidenschaftlich kämpfen, vorwärts Manu!“ - das sind die ersten Worte des Siva Tau, das traditionellen samoanischen Kriegstanzes, der ähnlich wie der Maori-Haka der All Blacks von Samoa vor jedem Spiel zelebriert wird. Brian Lima, der wegen seiner krachenden Tackles „Chiropraktiker“ genannte Innendreiviertel, der legendäre Achter Pat Lam, oder die Tuilagi-Brüder: Sie alle trugen das blaue Trikot von Samoa, vollführten den Siva Tau und trugen damit zum legendären Ruf der Pazifik-Mannschaft bei.

Der Siva Tau genannte Kriegstanz der Samoaner

Auch heute liest sich die Kaderliste und speziell die Arbeitgeber der Trainingsgruppe Samoas vor dem Deutschland-Spiel beeindruckend: Dreizehn Spieler aus der englischen Premiership, acht Spieler aus der französischen Top 14, sowie zwei Pro-14-Spieler. Für ein Land mit nicht einmal 200.000 Einwohnern ist die Liste der Erfolge der Nationalmannschaft ebenso beeindruckend: Bei sieben der bisherigen acht Rugby-Weltmeisterschaften war Samoa vertreten und schaffte dabei gleich zwei Mal den Sprung ins Viertelfinale.

Samoanische Gemeinde in Neuseeland: Fluch und Segen zugleich

Die kleine Insel-Nation nahe der Datumsgrenze mit nur 120 Rugby-Klubs kann unter anderem auch deswegen international so stark auftreten, da immer wieder Spieler aus der samaoanischen Diaspora für die Heimat ihrer Eltern antreten: Über 140.000 Neuseeländer und 70.000 Australier haben samoanische Vorfahren gleich mehrere Spieler des aktuellen Kaders, wie Kapitän Chris Vui, wurden in Neuseeland als Söhne samoanischer Eltern geboren.

Dass die starke Verbindung nach Neuseeland auch ein zweischneidiges Schwert sein kann, wird einem klar wenn bedenkt, dass zahlreiche All Blacks wie Jerome Kaine oder Jerry Collins auf Samoa geboren wurden. Aktuell wären zudem Lima Sopoaga, Rieko Ioane, oder auch Julian Savea für Samoa spielberechtigt. Doch die Anziehungskraft des legendären schwarzen Trikots der All Blacks und die damit verbundenen finanziellen Möglichkeiten haben für viele eine zu große Anziehungskraft.

Dennoch konnte Samoa seitdem Rugby professionell wurde in Sydney gegen Australien, in Cardiff gegen Wales, in Dublin gegen Irland, in Buenos Aires gegen Argentinien und in Rom gegen Italien historische Siege einfahren. Zugegebenermaßen bleibt die Bilanz der Samoaner gegen Irland und Australien dennoch klar negativ, aber immerhin hat Samoa gegen die Top-Nationen Italien und Argentinien weiterhin eine überwältigend positive Bilanz.

Warum der kontinuierliche Abstieg?

Gründe dafür, dass sich Samoa dennoch nicht noch weiter in der Weltspitze hat etablieren und weiterentwickeln konnte, gibt es zur Genüge. Ein Mangel an regelmäßigen Spiele gegen hochwertige Gegner ist sicherlich einer der wichtigsten. Zwar spielen die Samoaner immer wieder im November gegen Top-Ten-Mannschaften im Welt-Rugby - doch zum einen sind diese Spiele nie garantiert bzw. Teil eines regelmäßigen Wettbewerbs, womit keine langfristige Planung hin auf einen Wettbewerb à la Six Nations möglich ist. Zum anderen finden die Partien fast ausnahmslos auf fremden Boden statt, womit „Manu Samoa“ so gut wie immer mit dem Auswärts-Malus antreten muss.

Wenn dann Mal ein Top-Nation den Weg nach Samoa antritt und mit den harten klimatischen Bedingungen klarkommen muss, kann Samoa seine Stärken ausspielen: Die All Blacks mussten sich 2015 bei ihrem einzigen Spiel jemals in Samoa auf ihr überlegenes Gedränge und die Kick-Sicherheit von Dan Carter verlassen, um einen hart erkämpften 26:15 Sieg in Apia zu holen.

 

Dass Spiele in Apia kein Zuckerschlecken sind, mussten 2015 auch die All Blacks erfahren

Für die Samoaner gibt es lediglich im Sommer Jahr für Jahr im Pacific Nations Cup garantierte Spiele gegen die pazifischen Nachbarstaaten Tonga und Fidschi. Samoa kämpft dabei immer wieder mit den ausnahmslos ausländischen Klubs seiner Nationalspieler und hat dabei zum Teil erhebliche Schwierigkeiten seine Leistungsträger regelmäßig und rechtzeitig loszueisen.

Ablenkungen abseits des Platzes: Finanzielle Schwierigkeiten und Trainerwechsel

Weiterhin ist der samoanische Verband chronisch pleite - so sehr, dass Verbandspräsident und Premierminister des Landes Tuilaepa Aiono Sailele Malielegaoi regelmäßig Spendenmarathons über Radio und TV für die Nationalmannschaft veranstalten lässt, zuletzt im November letzten Jahres. Tuilaepa insistierte dabei, dass der samoanische Verband insolvent und absolut auf das Geld angewiesen sei (weiterführende Artikel dazu).

World Rugby widersprach ihm öffentlich, es entwickelte sich ein für beide Seiten peinliches Hin-und-Her. Ebenso unzufrieden war man bei World Rugby damit, dass Verbandspräsident Tuilaepa Ex-Coach Titimaea Tafua wiedereinsetzte und verkündete dies auch öffentlich. World Rugby fördert den samoanischen Verband dennoch seit Jahren mit siebenstelligen Beträgen und finanzierte beispielsweise Samoas Teilnahme am diesjährigen Pacific Nations Cup. Trotz öffentlich gewordener Veruntreuungs-Fälle wird diese Unterstützung fortgeführt.

Während der WM 2011 stand Samoas Team trotz überwältigender Unterstützung durch Spenden seitens der eignen Bevölkerung bei mehreren Trainingseinheiten ohne die vom Organisator gestellten Bälle da und Spieler mussten auf ihre sowieso schon geringe Aufwandsentschädigung verzichten - jeweils aufgrund von Veruntreuung vom Materialien und finanziellen Mitteln.

Niederlagenserie und wütende Fans

Momentan steht Manu Samoa so schlecht da, wie seit Jahren nicht mehr. Seit nunmehr 18 Monaten warten die zunehmend ungeduldigen Fans auf einen Sieg ihrer Nationalhelden. Seit dem 25:23 über Kanada im November 2016 folgten zehn Niederlagen in Folge. Darunter waren auch extrem enge Partien, wie das 17:19 gegen Wales in Auckland im Juni 2017, doch so schlecht wie heute hat die Auswahl Samoas schon lange nicht mehr dagestanden.

Spielte einst mit Sebastian Ferreira in Newcastle und am Samstag gegen ihn: Sinoti Sinoti

Das bewegt in Samoa die ganze Nation, wie die Medien des Landes und die im Parlament des Landes auf Rugby abschweifende Debatte beweisen. Um den WM-Einzug nun gegen Deutschland zu sichern, hat eine Delegation von Manu-Samoa-Legenden angeführt von Brian Lima die aktuellen Spieler besucht um ihnen mental Kraft zu verleihen.

Richten sollen es nun die großen Stars von „Manu Samoa“ richten: Verbinder Tusi Pisi, der schon für Toulon und die Hurricanes glänzte. Der 130-kg-Prop Logovi'i Mulipola, der bei den Leicester Tigers für seine brutalen Runs bekannt ist. Oder Außen Sinoti Sinoti, der den wohl tödlichsten Step in der englischen Premiership hat. Auf all ihnen lastet die Erwartung einer ganzen Nation. Die 15.000 im Apia Park, immerhin die Hälfte der Einwohner der Landeshauptstadt, werden bedingungslos hinter ihren Helden stehen. Ein Verpassen der WM jedoch wäre für die stolze Inselnation eine noch viel größere Katastrophe, als es das gestrige Fußball-WM-Aus hierzulande ist. Das wissen auch die 23 Männer in blau, die am Samstag gegen unsere DRV XV antreten werden.

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Kommentare (2)add comment

tim spengler said:

2957
...
nach dem ausscheiden der deutschen rundball mannschaft, wäre eine rugby wm teilnahme nun die chance, der popularität des deutschen rugby einen riesen schub zu geben.
nur bräuchte man dann auch einen entsprechenden nationalen wettbewerb, um die neugewonnenen fans aufzufangen. stichwort regionalauswahlen! damit könnte man dann vielleicht auch neue sponsoren gewinnen und die nun arbeitslosen wild spieler und trainer im land halten.
ich hoffe dieser punkt ist ein großes thema auf dem nächsten deutschen rugbytag!?

auf jeden fall viel glück für die adler, wolfsrudel, pinguine oder wie auch immer man sie nun nennen kann!

ich werde samstag morgen gespannt vor dem livestream sitzen!
Juni 28, 2018

Riemi R. said:

3754
Wecker ist gestellt!
Ich werde mich zwar morgen Früh selber hassen, aber auch ich will das Spiel unbedingt sehen. Wann spielt man schon gegen Manu Samoa. Auf geht es! Tau mo i tatou! Matou te tua o oe! :-)
Juni 29, 2018

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