Nach dem Erfolg gegen Australien weiter klar die Nummer 2 der Welt und Neuseeland-Herausforderer.
Am Wochenende stand die letzte Runde der Juni-Länderspiele an. Während Neuseeland gewohnt seine Kreise zog, gab es einige Entscheidungen und interessante Ergebnisse. Auch Deutschlands möglicher WM-Qualigegner im November, Kanada, war wieder im Einsatz. Unsere drei Thesen zum internationalen Geschehen vom Wochenende.
1. Deutschlands möglicher WM-Quali-Gegner Kanada schlittert tiefer in die Krise
Der Abstieg der Kanadier geht unvermindert weiter. Nachdem die Kanadier sich in diesem Juni erst gegen Schottland (10:48) und Russland (20:43) deutliche Klatschen abgeholt haben, war nun für die „Canucks" auch am Wochenende gegen die Amerikaner nichts zu holen. In Hamilton, Nova Scotia, gingen die Kanadier mit 17:42 unter.
Die Gastgeber hatten von Anfang an Probleme mit der Kreativität von US-Spielmacher AJ McGinty - der Verbinder von den Sale Sharks steuerte nicht nur das US-Spiel sondern sorgte mit einem cleveren Chip-Kick über die kanadische Defensive und dem perfekt abgepassten Offload auf Nummer Acht Cam Dolan für den ersten US-Versuch.
Eben jener 1,98-Hüne Dolan steuerte im Spielverlauf zwei weitere Versuche bei. Er steht symptomatisch für die neu gewonnene Stärke der US-Boys. Diese profitieren, nachdem sie jahrelang von ihren Legionären in den europäischen Ligen gelebt haben, nun unter anderem auch stark von ihrer neuen Profi-Liga MLR. Dolan hatte in den letzten Jahren weder bei den Northampton Saints in England, noch bei den Cardiff Blues in Wales so richtig den Durchbruch geschafft, war nun aber bei der neu formierten San Diego Legion absoluter Leistungsträger in der neuen Major League Rugby.
Kanada war eigentliche über Jahrzehnte hinweg das stärkere der beiden nordamerikanischen Teams mit einer Bilanz von 38-20 Siegen gegen den Erzrivalen. Nun droht den Kanadiern, sollte die Formschlappe der Canucks weiter anhalten, das erstmalige Verpassen einer WM. Nur noch eine Chance verbleibt für das Erreichen der mittlerweile neunten Rugby-WM und zwar im November im Repechage-Turnier.
In diesem würde auch unsere DRV XV landen, sollte das Duell mit Samoa nach Hin- und Rückspiel verloren gehen. Angesichts der Tatsache, dass Kanada die WM-Quali gegen jene Uruguayer verpasst hat, die unsere DRV XV vor nicht allzu langer Zeit schlagen konnte, scheint ein deutscher Sieg über die Nordamerikaner gar nicht Mal dermaßen utopisch.
Besonders pikant wäre ein direktes Duell für den Ex-78er Dustin Dobravsky (unser TR-Interview aus dem November -> http://www.totalrugby.de/content/view/9186/36/). Der Deutsch-Kanadier war in der Hannover groß geworden und hatte dort beim Traditionsklub gemeinsam mit Bastian Himmer und Marvin Dieckmann das Rugby-Spiel erlernt. Als Teenager ist er dann aber in das Heimatland seiner Mutter ausgewandert und hat sich dort erst ins Siebener- und nun ins Fünfzehner-Nationalteam gearbeitet.
2. England kann doch noch siegen (im strömenden Regen)
Englands Nationalmannschaft kann tatsächlich noch gewinnen. Nach sechs Pleiten in Folge sicherte sich die Auswahl von Eddie Jones im dritten Spiel der bereits verlorenen Serie gegen Südafrika tatsächlich noch einen Sieg. Angeführt vom erneut perfekt kickenden Innen Owen Farrell und Englands Sturm konnten die Engländer in einem wenig ansehnlichen Spiel gegen Südafrika den erhofften Sieg holen.
Dabei waren die Bedingungen unterirdisch schlecht: Nach monatelanger Dürre am Kap, die sogar die Wasserversorgung der zweitgrößten Stadt Südafrikas akut gefährdete, hatte es das gesamte Wochenende in Strömen geregnet. Der in Kapstadt so stark erhoffte Regen verwandelte das Match jedoch in eine Schlammschlacht mit wenig bis keinen Spielfluss.
Genau auf so ein Spiel hatte England aber gehofft, nachdem die Boks die englische Mannschaft bei zwei hochwertigen Spielen mit unglaublich viel Tempo auseinandergenommen hatten. Doch mit unglaublich glitschigem Ball und auf tiefem Geläuf fühlte sich der England-Sturm wie daheim und holte an den Kontaktpunkten immer wieder Straftritte heraus, die Farrell sicher in Punkte ummünzte.
Ein Geniestreich vom alten und neuen Verbinder Cipriani besiegelte die Südafrika-Niederlage: Danny Ciprianis Cross-Kick unter höchstem Druck wurde vom blitzschnellen Außen zum Versuch abgelegt. Trainer Eddie Jones wird sich in den nächsten freien Monaten bis November überlegen müssen, ob er Cipriani nun nicht doch eine Chance geben muss.
Einen Abschied dagegen hat höchstwahrscheinlich das traditionelle Newlands-Stadion im Schatten des Tafelberg gegeben. Die traditionelle Rugby-Spielstätte Kapstadts wird seit 1891 als solche genutzt und ist damit eine der ältesten der Welt. Doch seitdem das neugebaute Rundball-WM-Stadion an der Waterfront leersteht versucht die Stadt Kapstadt die Stormers und Springboks auf die andere Seite des Tafelbergs zu locken und scheint nun, so ist es in zahlreichen Medien Südafrikas zu lesen, damit Erfolg zu haben. Rein rational sicher die richtige Wahl, aber emotional ein schwerer Abschied, zumal mit einer Niederlage gegen den Erzrivalen England.
3. Irland wird der All-Blacks-Herausforderer bei der WM sein
Es ist nur wenige Wochen her, da prognostizierte Gregor Paul in Neuseelands größter Zeitung Herald, dass die Wallabies der größte Konkurrent bei der WM werden würden. Irland hingegen, habe in den letzten Monaten nur ein Strohfeuer abgebrannt und tatsächlich lagen die Wallabies noch vor wenigen Wochen nur knapp hinter Irland auf Rang drei der Weltrangliste.
Seitdem Irland am Samstag aber die Dreier-Serie gegen Australien für sich entscheiden konnte war von Herrn Paul nichts mehr zu hören. Die Iren haben bewiesen, dass sie auch unter Druck und vor allem fern der Heimat Leistung abliefern können. Das war bis dato immer noch ein Fragezeichen bei Irland - mit den Siegen in Australien und dem Grand Slam in Twickenham dürften diese spätestens jetzt beseitig sein.
Irlands Sturm war seinem australischen Gegenstück überlegen und machte immer wieder wichtige Meter, klaute Bälle und kreierte Druck auf Australiens Defensive. Doch Dreh- und Angelpunkt des irischen Spiels ist und bleibt die Spielmacher-Achse bestehend aus Verbinder Sexton und Gedrängehalb Murray. Beide verstehen sich blind und steuern das Spiel Irlands bravourös. Gleichwohl besteht bei Irland, mehr als bei jedem anderen Team, eine riesige Abhängigkeit von diesem Duo. Die Alternativen, die Coach Joe Schmidt zur Verfügung hat, reichen bei weitem nicht an sein Start-Duo heran. Neuseeland mit Sopoanga/McKenzie und Perenara ist da auf der Bank weitaus besser aufgestellt.