Dr. Hans-Peter Wild (Mitte des Bildes) wird sein Engagement für das deutsche Rugby einstellen. Foto (c) Keßler
So kurz vor dem Portugal-Spiel der DRV XV ist es für das deutsche Rugby eine Nachricht, die für viel Unruhe sorgen wird: Dr. Hans-Peter Wild, langjähriger Unterstützer des HRK, der von ihm gegründeten Wild Rugby Academy und des DRV will sein finanzielles Engagement im deutschen Rugby komplett einstellen. Künftig wird der gebürtige Eppelheimer sich ausschließlich auf sein Engagement beim französischen Hauptstadtklub Stade Français beschränken. Die Gründe für diesen Schritt lägen, so wurde es den betroffenen Spielern und dem Europapokal-Veranstalter (EPCR) vermittelt, in der EPCR-Entscheidung den HRK nicht im Challenge Cup starten zu lassen.
Bereits in den letzten Tagen hatte es vermehrt Gerüchte über eine schon in der Vorwoche abgehaltene Sitzung gegeben, bei der den WRA-Spielern vermittelt wurde, dass ihnen fristgerecht gekündigt werde und das gesamte WRA-GFR-Konstrukt abgewickelt werde. Mittlerweile wurde uns dieser Vorgang von mehreren Anwesenden bestätigt. Einige Spieler, die bereits seit Jahren in den Farben des Klubs Teil dieses Projekts waren, reagierten demnach mit Fassungslosigkeit und Entsetzen, denn mit diesem Schritt hatte wohl niemand gerechnet. Auch die bei der WRA angestellten Auszubildenden dürften nun bei ihrem jetzigen Arbeitgeber keine Zukunft haben.
Begründet wurde dieser drastische Schritt, sowohl in der Sitzung mit den betroffenen Spielern, als auch in einem Schreiben der WRA an den Europapokalveranstalter EPCR, mit dessen Entscheidung den Heidelberger RK nicht im Challenge Cup starten zu lassen. Der HRK hatte sich sportlich über den Continental Shield für den Wettbewerb qualifiziert, war aber vom Veranstalter nicht zugelassen worden - die Begründung hierfür: Ein möglicher Interessenskonflikt, da mit Stade Français ein weiterer unter dem Einfluss von HRK-Mäzen Wild befindlicher Verein im Wettbewerb vertreten sei.
Europapokalveranstalter EPCR: Der HRK wurde von uns gewarnt
Dabei hätte man gewarnt sein müssen, wie der Veranstalter EPCR in einer Pressemitteilung und in Korrespondenz mit TR darlegt. Im Verlauf des letzten Jahres hatte es laut EPCR mehrfach Warnungen seitens des Europapokalveranstalters mit dem Hinweis auf das Reglement an Vertreter von Dr. Hans-Peter Wild, sowie ein Treffen mit dem Mäzen selbst im schweizerischen Nyon gegeben. Die Vertreter von Dr. Wild und des HRK, so insistiert man beim EPCR, seien jederzeit informiert gewesen.
Wie man beim Veranstalter bereits im Präzedenzfall Montpelier/Gloucester vor zwei Jahren - Montpelier-Besitzer Mohammed Altrad wollte den englischen Premiership-Verein Gloucester Rugby übernehmen, hatte nach einer expliziten Warnung des Europapokal-Veranstalters allerdings davon Abstand genommen - deutlich gemacht hatte: Zwei Vereine des gleichen Besitzers werde man in den Europapokalwettbewerben nicht dulden. Diese Argumentation ist, angesichts der Tatsache, dass beispielsweise die irischen Provinzen allesamt dem Verband IRFU unterstehen, zumindest ein wenig wacklig.
Argumentation WRA-Seite: Beim Rugby kann man gar nicht betrügen
Andersherum argumentieren Vertreter von Dr. Wild in besagtem Schreiben, dass eine Spielmanipulation beim Rugby mit 15 Spielern und drei Unparteiischen auf dem Feld überhaupt gar nicht erst möglich sei. Sowie weiterhin: Der Vorwurf, dass der „bekannte Schweizer Geschäftsmann“ (Wild residiert seit längerem im Schweizer Kanton Zug und hat die Schweizer Staatsbürgerschaft angenommen) und „Gönner des Rugbysports“ Dr. Wild Spiele manipulieren wolle „absurd“ sei.
Jedoch hatte es bereits in dieser Saison durchaus einige Vorgänge zwischen Stade Français und dem HRK gegeben, die zwischen zwei Klubs unterschiedlicher Besitzer kaum möglich gewesen wären. So wurde der tongaische Nationalspieler und ehemalige Super-Rugby-Profi der neuseeländischen Top-Mannschaft Chiefs Siegfried Fisi’ihoi von Stade Français für einige Monate an den HRK transferiert. Jedoch wird Fisi’ihoi, so war in der französischen Sport-Presse zu lesen, ab der kommenden Saison wieder im Rosa von Stade auflaufen. Zudem wurde mit dem ehemaligen Springbok-Prop Gurthro Steenkamp ein Stade-Spieler temporär als Sturm-Trainer des Klubs genutzt.
WRA-Spieler sind die Leidtragenden, werden gegen Portugal auflaufen
Das Spiel der DRV XV gegen Portugal an diesem Wochenende ist von diesen Vorgängen erst einmal nicht betroffen. Die Spieler der WRA sind weiterhin in der Vorbereitung involviert und werden Stand heute mit dem Adler auf der Brust auflaufen. Sie sind in dieser Situation sowieso die Leidtragenden, denn so ist weiterhin aus dem Spielerkreis zu hören: Darüber, dass die Vertreter von WRA und Dr. Wild mehrmals über den möglichen Ausschluss gewarnt wurden, ist niemand in Kenntnis gesetzt worden. Nachdem sie sich zuvor zu 100% loyal zu ihrem Arbeitgeber verhalten hatten. Nun müssen sie sich innerhalb weniger Wochen einen neuen Arbeitgeber suchen. Gerade für die Azubis unter den WRA-Angestellten sicherlich keine leichte Aufgabe.
Dr. Hans-Peter Wild wiederum will sich künftig auf sein Engagement bei Stade Français beschränken. Schon im März hatte er in einem Interview mit der zwei Mal wöchentlich in sechsstelliger Auflage erscheinenden Rugby-Zeitung Midi Olympique betont: „Wenn wir den teuersten Spieler der Welt benötigen, werden wir ihn holen!“ Dafür wolle Wild, so die Pariser Tageszeitung „le Figaro“, mindestens 30 Millionen Euro in die Hand nehmen (Meldung bei Rugbyworld). Mit den beiden französischen Nationalspielern Gaël Fickou und Yoann Maestri von Toulouse, die beide für insgesamt 1,6 Millionen Euro Ablöse aus ihren Verträgen gekauft werden mussten, startete die Transfer-Offensive bei Stade vielversprechend. Die Gesellschaft zur Förderung des Rugbysports und die WRA dagegen scheinen Stand heute keine Zukunft zu haben.
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