Pablo Lemoine führte bereits sein Heimatland Uruguay zur WM und will dieses Kunststück nun mit Deutschland wiederholen.
Am kommenden Samstag (16. Juni) geht es für die deutsche 15er-Rugbynationalmannschaft darum, den nächsten wichtigen Schritt in Richtung einer möglichen erstmaligen Qualifikation für einen Rugby World Cup zu machen. Ab 15 Uhr geht es in Heidelberg gegen Portugal. Im Vorfeld dieses Spiels hat Nationaltrainer Pablo Lemoine, der das Team gemeinsam mit Kobus Potgieter an der Seitenlinie führt, im Interview über den Gegner, die Chancen, das Potenzial des deutschen Rugbys gesprochen.
DRV: Pablo, WM-Qualifikation anstatt Abstiegsrelegation – aber der Gegner bleibt Portugal. Wie unterschiedlich sind die Voraussetzungen tatsächlich?
PL: Die Bedingungen sind schon andere, vor allem wegen der Auswirkungen, die sie für das deutsche Rugby haben können. Ein möglicher Abstieg wäre ein sehr schlechtes Szenario, wenn man eine Mannschaft entwickeln will, die dann womöglich beim Rugby World Cup 2023 spielen könnte. Stattdessen haben wir nun die große Chance, weiter in der Qualifikation für die WM 2019 zu spielen. Das ist die einmalige Gelegenheit, die Ungereimtheiten der letzten Monate beiseite zu schieben und all das Gute hervorzuheben, dass das deutsche Rugby zu bieten hat.
DRV: Der DRV und die WRA/GfR haben eine Kooperation vereinbart, um der Mannschaft die bestmöglichen Bedingungen für dieses wichtige Spiel zu bieten. Was ändert sich für dich als Trainer dadurch? Du wirst augenscheinlich ein stärkeres Team zur Verfügung haben.
PL: Rugby ist in erster Linie eine Mannschaftssportart, und daran sollten wir uns im gesamten deutschen Rugby orientieren. Wir haben die Clubs gebeten, uns zu helfen. Die Spieler, die zu uns kommen, werden 100 Prozent geben, obwohl sie wissen, dass einige nicht Teil der Mannschaft sein können, die gegen Portugal spielt. Aber sie sind dennoch ein Teil der Mannschaft, die gemeinsam große Dinge erreichen kann. Ich denke, alle Parteien haben verstanden, dass es nur funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen, dass jedwede Art von Trennung zwischen DRV und Wild Rugby oder zwischen dem 15er- und 7er-Rugby nicht zum Erfolg führen wird. Heute haben wir die Chance zusagen, dass sich Rugbydeutschland wieder miteinander vereint. Nationalmannschaften sollen großartige Matches spielen und Turniere gewinnen, und sie sollen damit all den Rugbyfans danken, die für das Rugby arbeiten und es mit entwickeln.
DRV: Einige Spieler aus dem Kader, die die REIC-Spiele gespielt haben, sind in der Vorbereitung auf das Portugal-Spiel dabei. Gibt es welche, die sich empfehlen können? PL: Viele dieser Spieler trainieren weiter mit dem Team und haben im Rahmen der europäischen WM-Qualifikation wertvolle Erfahrungen gesammelt. Ihnen müssen wir für ihre große Leistung und ihr Engagement danken, die es Deutschland ermöglichten, in allen Spielen eine Mannschaft zu präsentieren und mit viel Mut auf dem Feld für das Hauptziel zu kämpfen – egal, welches Ergebnis am Ende stand. Auch diese Spieler müssen wir jetzt weiter fördern und entwickeln. Wir müssen in Deutschland ein flächendeckendes Trainingssystem schaffen, das es diesen Spielern ermöglicht, künftig besser auf solche Herausforderungen vorbereitet zu sein.
DRV: Wie siehst du die Chancen gegen Portugal? Hast du sie schon spielen sehen? Welche Stärken und Schwächen haben sie?
PL: Wir glauben fest daran, dass wir das Potenzial haben, am Samstag ein tolles Spiel zu spielen. Aber wir haben auch großen Respekt vor Portugal, weil sie in dieser Saison schon sehr gute Leistungen gezeigt haben. Sie spielen sehr gut Rugby und sind ein Team, das schon lange zusammenarbeitet. Über Stärken und Schwächen rede ich lieber intern mit unseren Spielern.
DRV: Was wird nötig sein, um gegen Portugal am Ende als Sieger vom Platz zu gehen?
PL: Ich hoffe, dass wir am Samstag ein Stadion voller Fans haben werden, die die Mannschaft unterstützen und den Spielern zeigen, dass sie an sie glauben und an den Traum, erstmals eine Weltmeisterschaft spielen zu können. Träume müssen Realität werden, um wirklich interessant zu sein. Die Spieler jedenfalls – wie auch der gesamte Staff – sind davon überzeugt, diesen Traum wahr werden lassen zu können.
DRV: Du hast bereits eine Mannschaft zum Rugby World Cup geführt. Lass uns vorsichtig ein Stück weiter nach vorn schauen: Samoa und das Repechage-Turnier. Hat Deutschland wirklich eine reelle Chance und das Potenzial, sich zum ersten Mal für die Rugby-WM zu qualifizieren?
PL: Meine Aufgabe beim uruguayischen Verband war es, die Nationalmannschaft zum World Cup zu führen. Es war ein Vergnügen, dafür Veränderungen im uruguayischen Rugby zu erreichen. Das muss auch das Ziel jedes Einzelnen hier in diesem Prozess sein. Heute denken wir nur an Portugal, weil es ein harter Gegner sein wird. Aber Deutschland hat zuletzt schon viel von seinem Potenzial gezeigt: Die 7er-Männer haben schon hervorragend performt, die Titans im Europapokal, das 15er-Team hat gegen Teams wie Rumänien und Uruguay gewonnen. Was wir jetzt noch tun müssen, ist, all diese Erfolge zu nutzen, um dem deutschen Rugby im Ganzen Rückenwind zu verleihen.
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