Bittersüßer Triumph: Ex-DRV-XV-Prop Damien Tussac wird mit Castres französischer Meister
Geschrieben von TotalRugby Team
Sonntag, 3. Juni 2018
Die Spieler von Castres Olympique mit Tussac begannen schon in den Katakomben des Stade de France ihre Feierlichkeiten.
Der deutsch-französische Erste-Reihe-Stürmer Tussac, der zuletzt im Januar dieses Jahres noch im Einsatz für den südfranzösischen Spitzenklub Castres Olympique (CO) war, bekam gestern Abend im Stade de France von Frankreichs Präsident Macron die Siegermedaille für den Gewinn der französischen Meisterschaft umgehängt. Dabei hatte Tussac, der seit 2011 mit dem Adler auf der Brust auf internationalem Parkett unterwegs war, im Februar seine Karriere aufgrund einer Nackenwirbelverletzung beenden müssen.
In Castres erlebte Tussac, der erst in der deutschen U-20 Nationalmannschaft von der zweiten in die erste Sturmreihe gewechselt war, einen zweiten Frühling. Sein Top-14-Debüt hatte er einst beim Top-Klub Toulon gegeben, war dort aber nie über die Rolle eines Ergänzungsspielers hinausgekommen. Über die Umwege Liga zwei in England und Frankreich erkämpfte sich der 125-kg-Koloss den Weg zurück in die wohl beste Liga der Welt - dort galt das CO-Gedränge mit Tussac als Anker auf der rechten Prop-Position als eines der besten. Auch im Europapokal machte der Castres-Scrum immer wieder von sich reden. In der DRV XV war Tussac ein noch wichtigerer Baustein und neben dem Wiederaufstieg in die Rugby Europe Championship wird wohl der Sieg über Rumänien im Februar 2017 als sein größter Erfolg im DRV-Dress in Erinnerung bleiben.
Gestern Abend dann im Pariser Top-14-Finale saß Tussac auf der Ehrentribüne als einer der 80.000 Zuschauer in Frankreichs Nationalstadion. Castres hatte in der regulären Saison als absoluter Underdog den Weg spät in die Playoffs geschafft - noch im März hatte der Kleinstadt-Klub an achter Stelle in Frankreich gestanden, sich aber dann mit Auswärts-Triumphen bei den Spitzenklubs La Rochelle und Clermont in die Playoffs gearbeitet. Dort ging man als Außenseiter, dem kein Experte sonderlich viel zugetraut hatte, in den Wettbewerb und hatte dazu das mit Abstand schwierigste Programm. Doch auf einen Derbysieg beim Erzrivalen, Rekordmeister und großen Nachbarn Toulouse ließ Castres eine noch größere Überraschung folgen: Im Semifinale eliminierte Castres den Europacupfinalisten Racing.
Am heutigen Sonntag ließen sich die Spieler des CO von ihren Fans feiern (Tussac ganz rechts im Bild)
Selbst vor dem gestrigen Finale hätten nicht viele etwas auf die Chancen des sympathischen Kleinstadtklubs gegeben - Finalgegner Montpelier war die gesamte Saison über der absolut dominierende Verein im französischen Rugby und hatte sich im Halbfinale mit einem 40:12 Kantersieg für das Endspiel qualifiziert. Mit zahlreichen Star-Einkäufen, wie All-Blacks-Verbinder Aaron Cruden und Springboks-Hakler Bismarck du Plessis, machte Klub-Besitzer Mohammed Altrad einen Top-Klub aus Montpelier. Doch Castres nahm von Minute eins an den Kampf an und ließ sich vom Monster-Sturm Montpeliers um Frankreich-Achter Luis Picamoles nicht einschüchtern, im Gegenteil: Gegen die Star-Auswahl verteidigte der Außenseiter mit Herz und gab beispielsweise XXL-Außen Nemani Nadolo nie den Raum, in dem er so gefährlich ist.
So durfte sich Tussac gestern Abend gegen 22:30 live im französischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor Millionen-Publikum von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die goldene Medaille als französischer Meister umhängen. Für Tussac, der in den letzten Monaten nicht mehr in den Meisterkampf eingreifen konnte, ein bittersüßer Triumph. Dennoch ein Abgang nach Maß - Tussac, der sich nun im Familien-Betrieb dem Olivenanbau widmen will, hätte es wohl keinen schöneren Abschied geben können von der Rugby-Bühne als Aktiver.