Der HRK sicherte sich mit einem Kantersieg gegen Germania List den Finaleinzug. Foto (c) HRK
Zwei Mal Bundesliga-Halbfinale hieß es gestern und der Kontrast hätte nicht größer sein können. Während der HRK daheim mit den Hannoveraner Gästen Katz und Maus spielte und am Ende dreistellig über Germania List triumphierte, war das andere Halbfinale ein packendes Spiel auf Augenhöhe - mit dem besseren Ende für die RG Heidelberg. Nun werden die benachbarten Heidelberger Klubs vom Harbigweg am kommenden Samstag im 638 km entfernten Berlin Weißensee um die Krone im deutschen Vereinsrugby spielen.
Hannover 78 24 - 32 RG Heidelberg
Der Hannoveraner schnelle Graben, die Heimstätte der 78er, wurde zum Schauplatz eines packenden Rugby-Spiels. Bei knapp 30 Grad und vor toller Kulisse lieferten sich zwei äußerst spielfreudige Teams ein packendes Duell. Gleich von Beginn an wanderte der Ball flüssig durch die Hände - der erste Schlag gelang den im traditionellen Orange auflaufenden Heidelberger Gästen: Ein großartiger Spielzug über fast die gesamte Länge und Breite des Spielfeldes, nach einer Gasse und unter Beteiligung fast der gesamten XV resultierte nach einigen Phasen in einer Überzahl, die Manuel Müller zum ersten Versuch der Orange Hearts nutzen konnte.
Doch die Gastgeber ließen sich davon nicht schocken - nicht umsonst waren die 78er im gesamten Saisonverlauf bisher ungeschlagen geblieben. Nicht einmal fünf Minuten nach der RGH-Führung schlugen die Gastgeber zurück: Nach einer präzisen Gasse überwand die 78-Dreiviertelreihe ihr hochgelobtes Gegenüber mit einem ebenso sehenswerten Spielzug. Der Ball lief von Verbinder Kopp hinter einem Dummy-Läufer bis auf Außen David Schohr, der zum Ausgleich ablegen konnte. In der Folge schwang das Pendel immer wieder hin und her - auf einen Durchbruch von 78s-Siebener-Ass Kain Rix folgte eine gute Passage der Orangenen.
Erst nach einer halben Stunde fielen weitere Punkte - einen Straftritt platzierte RGH-Verbinder Heimpel sicher an der Fünf-Meter-Linie. Am Ende des darauffolgenden Pakets ließ sich der slowenische Prop und RGH-Veteran mit dem Ball unter dem Arm über die Linie fallen. Die Erhöhung saß und kurz vor der Pause konnte Fabian Heimpel mit einem erfolgreichen Dropgoal noch nachlegen - allerdings sollte es nicht beim Stand von 5:15 in die Pause gehen. Mit der allerletzten Aktion des ersten Durchgangs kam 78 nach einem schnell ausgeführten Straftritt zum 12:15 Anschluss - wieder war es Außen Schohr, der die Punkte für Hannover machte.
Durchgang zwei startete erneut in rasantem Tempo und das trotz der fast schon tropischen Temperaturen. 78s-Siebener-Ass Kain Rix ließ mit einem unwiderstehlichen Antritt gleich mehrere seiner DRV-VII-Kollegen stehen und brachte seinem Klub die erstmalige 19:15 Führung in diesem Spiel ein. Keine zehn Minuten später hatten die Heidelberger allerdings schon die passende Antwort parat. Tim Lichtenberg wurde schön freigespielt und konnte mit einem tollen Sprint die letzten Meter bis an die Eckfahne zurücklegen. Die Erhöhung gelang nicht und so trennten beide Teams mit weniger als 20 Minuten auf der Uhr nur ein einziges Pünktchen.
Nach einem erneut toll herausgespielten Versuch, den Robert Haase mit einem kraftvollen Run verwandelte, ging die RGH favorisiert in die Schlussphase. Gute zehn Minuten vor dem Ende kassierten die Gäste aber gleich zwei Nackenschlage in kurzer Folge - erst bediente der großartig aufspielende Kain Rix seinen Siebener-Kollegen Nico Müller zum vierten Hannoveraner Versuch und kurz danach musste Bastian Himmer vorzeitig vom Feld - der DRV-VII-Wirbelwind hatte sich mit einem gefährlichen Tackle eine unnötige Gelbe abgeholt - aber wohl nur vermeintlich, da der eigentliche Schuldige laut einhelliger Meinung ein anderer RGH-Akteur war und Himmer zu diesem Zeitpunkt auf der anderen Spielfeldseite stand. Nun war das Hannoveraner Publikum jedoch voll da und peitschte seine 78er, denen nur ein Versuch zum Finaleinzug fehlte, nach vorne.
In diesem entscheidenden Moment zeigte sich die RGH dann aber gnadenlos - ein Konter über fast die gesamte Länge des Feldes zum letzten Versuch des Spiels kam für die Gastgeber, wie eine kalte Dusche. Der Traum vom Finale war zum Greifen nah, platzte aber trotz starker Leistung der 78er. Hannovers Trainer Benjamin Krause zeigte sich dennoch zufrieden mit der Leistung seiner XV: „Es war ein absolut ausgeglichenes Spiel, beide Mannschaften mussten alles geben und haben es auch gemacht. Für neutrale Zuschauer ein absolut ansehnliches Spiel.“
Weiter erklärte der ehemalige 78-Stürmer: „Bin mit der Leistung unserer Jungs zufrieden. Leider waren es ein paar Fehler zu viel und dadurch hat es leider nicht gereicht. Sind schon sehr enttäuscht da es doch sehr knapp war“ - der Blick der 78er richtet sich nun auf die kommende Saison. Nach dem tollen Heim-Halbfinale will man gerne erneut daheim vor großer Kulisse spielen dürfen.
Krauses Gegenüber, RGH-Trainer Finsterer, sah ebenso ein Duell auf Augenhöhe: „Es war eine Kampfleistung bei dem heißen Wetter, ein insgesamt tolles Bundesliga-Spiel, das haben auch alle Zuschauer so gesehen“. Es seien „zwei Mannschaften auf ähnlichem Niveau“ gewesen, die sich ein „packendes Spiel“ geliefert haben. RGH-Speedster Tim Lichtenberg sprach im Nachgang mit TR ebenso von einem „harten und fairen Kampf“, ein Spiel „das Bock gemacht hat“ - weiter ergänzt der Interims-Kapitän der DRV VII: „Ich hatte das Gefühl wir mussten 70 Minuten lang verteidigen. Unsere Angriffe waren zwar effizient, aber wir haben dennoch zu viele individuelle und technische Fehler gemacht. 78 hat das sehr gut gemacht und mit ihrer Mannschaft in jeder Phase über die Vorteilslinie gebracht.“ Der Blick der RGH richtet sich nun auf das Finale von Berlin. Ein Harbigwegderby gut 640 km entfernt von der Heimat beider Teams.
Heidelberger RK 118 - 0 SC Germania List
Parallel fand im Süden der Neckarstadt Heidelberg das andere Halbfinale der Bundesliga statt - es war eine sehr einseitige Angelegenheit. Wie schon in den beiden Vorjahren konnte die SC Germania List dem HRK relativ wenig entgegensetzen. Mit nur 17 Spielern angereist, darunter einige Akteure, die eigentlich in der Zweiten der Lister spielen, waren sie für die gut geölte HRK-Maschine leichtes Fressen. Bereits die gesamte Rückrunde vom Verletzungspech geplagt, befanden sich in der Dreiviertelreihe der SCG gleich drei Stürmer. Kapitän und Zweite-Reihe-Hüne Stefan Mau kam in den zweifelhaften Genuss gegen die blitzschnelle HRK-Reihe als zweiter Innen aufzulaufen - eine Position die er in der Jugend einst bekleidete.
Beim HRK rückten ohne Raynor Parkinson mit Liebig und Lammers zwei nominelle Außen auf die Innen-Positionen. Angeführt von Kapitän Sebastian Ferreira ließen die HRK-Recken von Anfang an keinen Zweifel über ihre Determination aufkommen. Felix Lammers war es dann auch, der nach durchbrochenen Tackles früh den Klub-Punktereigen eröffnete. Einige Minuten konnte die dezimierte Germania die eigene Linie sauber halten doch neben der Dampframme hatte der HRK auch das Skalpell im Repertoire: Verbinder Hagen Schulte überspielte die aufrückende Germania-Defensive clever mit einem Überkick, den Außen Robert Hittel zum zweiten Klub-Versuch verwertete.
Dem HRK gelang klar der erneute Einzug ins Berliner Bundesliga-Finale
Als eine Viertelstunde auf der Uhr war, begann der HRK schließlich sein Spiel gnadenlos durchzuziehen - Kapitän Ferreira wuchtete sich über die Linie und Gedrängehalb Armstrong konnte kurz darauf nachlegen. Der HRK war hier in allen Belangen überlegen und die Reihen der Hannoveraner dezimierten sich zu allem Überfluss noch. Bereits nach nicht einmal einer halben Stunde erfolgte der Wechsel Hartwig für Sievers, womit die Germania schon ihr halbes Kontingent verbraucht hatte. Indes machten Hittel und Lammers jeweils ihren Doppelpack perfekt. Noch bis zur Pause schraubten Mathurin, Coetzee und Lammers den Spielstand auf 62:0 hoch.
Zum zweiten Durchgang kam mit Vollenkemper für Poppmeier noch mehr Klub-Sturmpower gegen ermüdenden Germanen, die bei hochsommerlichen Temperaturen eine noch schwerere Aufgabe vor der Brust hatten. Zumal die Gäste ab der 50. Minuten ohne weitere Bankspieler mit 14 Mann gegen 15 Spieler des Meisters verteidigen mussten. Brenner, Reicker und Lammers mit seinem vierten Versuch tauchten im Minuten-Takt ins SCG-Malfeld ein. Die eingewechselten Ovchinnikov und Kleebauer machten es ihnen, wie auch Steffen Liebig nach. Auch in der Schlussphase hatte der Klub keinerlei Gnade mit den dezimierten Germanen und war gerade auf der Dreiviertelreihe dankbar über den vielen gebotenen Platz - mit drei weiteren Versuchen durch Armstrong, Neureuther und Vollenkemper wurde schließlich eine dreistellige Klatsche mit 20 Versuchen aus dem Bundesliga-Halbfinale. Dabei liess Coetzee gar noch elf Erhöhungen vom Tee liegen.
Nun beginnt für den Klub die Mission Titelverteidigung - bereits am Freitag werden die HRK-Recken in die Hauptstadt reisen und mit den am Wochenende nicht verfügbaren Otto, Barber, Parkinson, Hohl und Füchsel werden noch einige Leistungsträger zum Kader stoßen, wenn es gegen den Straßennachbarn geht. Die Germania hingegen wird nun erst einmal die Wunden lecken - Kapitän und Interims-Trainer Stefan Mau betonte im Gespräch mit TR, dass er vor allem stolz auf die Spieler aus der zweiten Mannschaft sei, die sich dieser Aufgabe gestellt haben. Nun gelte es vor allem weiter an der Kadertiefe zu arbeiten, um in der neuen Saison erneut angreifen zu können. Doch erst einmal sei auch die Siebener-DM und das eigene Turnier Germania Sevens im August wichtig für die Hannoveraner.
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