Noch nie hatte es eine deutsche Mannschaft bei einem EM-Turnier so weit geschafft. Im Finale der Moskau 7s waren die Iren dann am Ende einen Ticken zu stark. Doch für die Saisonziele der DRV Auswahl ist das Moskauer Ergebnis eine tolle Nachricht und bei den restlichen drei EM-Turnieren sollte die DRV Auswahl eventuell noch bessere Chancen haben.
Die Ansprüche dieser Mannschaft steigen und das ist ein gutes Zeichen
Noch bei der Siegerehrung des ersten GPS-Turniers in Moskau war lautstark und für alle Zuschauer zu vernehmen: Die deutsche Mannschaft war mit diesem zweiten Platz nicht wirklich zufrieden. Das Finale des ersten EM-Turniers war von Anfang bis Ende eine ausgeglichene Angelegenheit, doch Sieger Irland war in den entscheidenden Momenten das entscheidende Quäntchen wacher und vor allem effektiver gewesen. Zudem fehlten mit Anjo Buckman (Knie) und John Dawe (Sperre nach gefährlichem Tackle an Tag eins) gleich zwei Props, deren Stärke in den Offenen gefehlt hat, um Irlands blitzschnelles Phasenspiel zu verlangsamen.
Unter dem Strich bleibt jedoch das beste Ergebnis einer deutschen Mannschaft seit dem Aufstieg in Europas Eliteklasse. Intern hatten sich die Spieler vor dem Abflug nach Russland versprochen nicht ohne Medaille zurück nach Heidelberg zu kommen und genau das war ihnen gelungen. Dahingehend ist die Enttäuschung nach dem Finale verständlich, in dem man vier Minuten in Überzahl agierte, sollte aber bald einem gewissen Stolz auf das Erreichte weichen. Speziell, wenn man den mehr oder weniger verkorksten ersten Tag bedenkt.
Nach dem Fehlstart gegen Portugal - im Dauerregen bei 12 Grad geriet die DRV-Auswahl früh in Rückstand und ihr wurde zu Unrecht ein Versuch von Soteras Merz aberkannt, woraufhin sie dann nicht mehr zurück ins Spiel zu kommen vermochte - hatte sich die deutsche Auswahl mehr und mehr an den Rübenacker und das nasskalte Wetter im Nordwesten der russischen Hauptstadt gewöhnt. Taktisch stellte man leicht um und die Versuche nach cleveren Kicks durch Himmer im Halbfinale sowie Lichtenberg im Viertelfinale gegen Russland waren Zeugnis dessen.
Nationaltrainer Zangqa analysierte gegenüber TR nach dem Turnier: "Mit Tag eins war ich nicht wirklich zufrieden - nicht dass unsere Jungs sich taktisch nicht an unser System gehalten hätten. Aber uns hat so ein wenig der letzte Zug gefehlt. Gegen Portugal kam noch erschwerend hinzu, dass wir das Spiel vielleicht etwas zu sehr auf die leichte Schulter genommen haben." Umso mehr gebe er den Jungs Kredit dafür, sich wieder aus dem Loch gezogen zu haben, so der südafrikanische World-Series-Sieger von 2009.
Gerade aus dem Sieg gegen den Gastgeber am Sonntag-Morgen wird die deutsche Mannschaft viel ziehen können - immerhin hatten die Russen im Vorjahr die Grand Prix Serie gewonnen. Nach der Niederlage gegen unsere DRV VII sicherten sich die Gastgeber mit zwei deutlichen Siegen über Portugal und England Rang fünf. Russland war, wie Spanien in den letzten Jahren auch, oftmals zum Angstgegner mutiert, gegen den man zwar mithalten, aber selten gewinnen konnte. Die Russen waren beim Heimturnier mit ihrer kompletten World-Series-Mannschaft am Start und dürften, falls sie den World-Series-Klassenerhalt bei den verbleibenden zwei Turnieren nicht schaffen sollten, ein harter Konkurrent um den Aufstieg in Hongkong werden.
Schon im Vorjahr unter Coach Shepherd hatte man im DRV-Camp das Viertelfinale als wichtigstes Spiel bei den EM-Turnieren ausgemacht und immer wieder betont: Kein anderes Spiel ist derart wichtig für den letztendlichen Turniererfolg. Nur einmal war es der DRV VII im Vorjahr bei vier Versuchen gelungen in ein Halbfinale einzuziehen und das war im französischen Clermont Ferrand. Wer in diesem Jahr sonst noch zu den Konkurrenten um die insgesamt drei Honkong-Qualiplätze zählt, ist relativ klar: Irland wird ebenso wie Russland mit dem Ziel Hongkong in die EM gestartet sein und steht nach dem Turniersieg hervorragend da. Italien hat sich mit dem dritten Platz ebenso eine gute Ausgangslage verschafft - doch bereits im Vorjahr waren die Azzurri in Moskau ins Halbfinale vorgedrungen, ohne danach in der restlichen Grand Prix Serie noch viel zu reißen.
Über die GP-Serie in die World Series
Die Iren haben in diesem Sommer ein anspruchsvolles Programm vor der Brust. Als Zweiter der letztjährigen Grand Prix Series, was die Iren zur besten nicht in der Series vertretenen Mannschaft machte, haben sie sich für die Siebener-WM in San Francisco, sowie als 16. Mannschaft für die beiden europäischen Stationen der Series in London und Paris qualifiziert. Was für die Iren erst einmal eine riesige Entwicklungs-Chance ist, dürfte sich am Ende der Grand Prix Serie auch in schweren Beinen äußern.
Dennoch befinden sich die Iren in einer beneidenswerten Situation - im Twickenham Stadium, dem Pariser Stade Jean Bouin (die Heimspielstätte von Stade) und dem AT&T Park am spektakulären Hafen von San Francisco werden die Iren weitere Auftritte auf der ganz große Bühne haben. Für unsere Jungs sollte das ein Ansporn sein - sollte man es in dieser EM-Saison schaffen vor den Iren und den anderen Teams, die nicht auf der Series vertreten sind, zu landen, würde das dem Ticket für die London und Paris 7s 2019 gleichkommen. Vielleicht lässt sich gerade gegen Ende dieses langen EM-Sommers in Exeter (7/8 Juli) und Lodz (8/9 September) entscheidender Boden auf die Iren gut machen.
Die Zukunft dieser Mannschaft lässt hoffen
Bis zum nächsten GPS-Turnier in Marcoussis sind es noch sechs Wochen. Ein Großteil der Mannschaft wird am kommenden Wochenende bei den Bundesliga-Halbfinalspielen mitwirken. Danach wird sich der Blick vermehrt auf das zweite EM-Turnier richten. Bis dahin werde es weiter darum gehen mehr Spieler an den Kader ranzuführen, so Nationaltrainer Zangqa gegenüber TR. Außerdem wolle er seiner Mannschaft bis dahin angewöhnen besser auf das Spielgeschehen zu reagieren: "Wo wir außerdem deutlich besser werden müssen ist das zu spielen, was sich vor uns abspielt. Beispielsweise wenn wir die Turnover von den Schiedsrichtern nicht zugesprochen bekommen, sich dann gänzlich aus den Rucks zu halten" so Zangqa weiter.
Im französischen Nancy hatte sich indes die Entwicklungsmannschaft des DRV über das Wochenende ordentlich geschlagen. Neben den drei Akteuren, die nach jeweils längerer Verletzungspause wichtige Spielpraxis erhielten - Tim Biniak, Pascal Fischer und Robert Haase - waren es vor allem die ganz jungen, die sich mit dem Adler auf der Brust beweisen durften. Jan Piosik und Christopher Korn kennen viele deutsche Rugby-Fans bereits von den REC-Spielen im Frühjahr. Die beiden Teenager sind, wie beispielsweise der verletzte Paul Pfisterer auch, Teil des Siebener-Programms.
In Nancy spielten dazu gleich Spieler aus der erfolgreichen U-18 Mannschaft, die noch vor wenigen in Litauen zu überzeugen wusste. Die Berliner Gleitze-Brüder sowie der RGH-Spross Wolfram Hacker. Bereits Clemens von Grumbkow hatte ihnen attestiert, nicht mehr dermaßen weit von der ersten Mannschaft zu sein. Dieses Eindruck bestätigte Stützpunkt-Trainer Max Pietrek, der die Mannschaft nun in Nancy betreute: Das sehe ich genau so! Die Jungs haben sich wirklich sehr gut geschlagen.“ Vor allem Anton und Phillip Gleitze vom BRC hatten sich ein Sonderlob für ihre Performance von Trainer Pietrek verdient.
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