Zum zweiten Mal in Folge muss die Germania gegen einen Berliner Klub antreten. Foto (c) Stephan Janus
An diesem Wochenende sollte es eigentlich für das deutsche Rugby um alles gehen: Das Relegtionsspiel zwischen Deutschland und Portugal, in dem sich entscheiden sollte, ob Deutschland in der höchsten europäischen Spielklasse verbleiben darf, war eigentlich für den morgigen Samstag terminiert. Das Wochenende wurde deshalb im Oberhaus komplett spielfrei gehalten - doch mit dem Skandal um den Einsatz von Spielern ohne jegliche Spielberechtigung durch gleich mehrere REC-Teilnehmer, wurde der Termin vorerst verschoben. Nach zahlreichen Spielausfällen aufgrund des HRK-Europapokaleinsatzes und den bis vor wenigen Wochen winterlichen Witterungsbedingungen gibt es nun einige Nachholspiele zu absolvieren - drei davon finden an diesem Wochenende statt.
Süd/West
Neckarsulmer SU - Heidelberger RK Samstag 28. April, 13 Uhr
Erst vor 17 Tagen waren der Aufsteiger und Meister aufeinandergetroffen - auch damals handelte es sich um ein neu terminiertes Spiel und zwar aus dem Herbst. Der HRK setzte sich daheim mit 32:26 durch - jedoch mit einer komplett durchrotierten XV, die eher dem HRK II glich. Dennoch konnte sich der Klub schlussendlich durchsetzen. An diesem Wochenende wird der Aufsteiger es mit der ersten XV des Klubs zu tun bekommen und das verheißt nichts Gutes.
Bei der gastgebenden Sportunion geht es nach dem vermeintlich gesicherten Klassenerhalt - man rechnet beim Aufsteiger nicht mehr damit, dass Heusenstamm gegen Pforzheim und die RGH die sechs Punkte Rückstand aufholt - vor allem darum, die Saison ordentlich zu Ende zu bringen. So bestätigt es NSU-Coach Mark Kuhlmann TotalRugby gegenüber. Mit dem in der Rückrunde gnadenlosen Spielplan schwinden so langsam auch die Personal-Ressourcen: Sack, Murphy, Fairhurst und Fleisch stehen dem Hannoveraner Trainer an der Neckarsulmer Seitenlinie kurzfristig nicht zur Verfügung.
Der Meister ist in Neckarsulm zu Gast - ist es das letzte Heimspiel am Rossmarkt?
Dazu hat man bei der NSU die Leistungsträger Tully und Nyaude vorzeitig in den Heimaturlaub nach Australien und Simbabwe entlassen. Immerhin kehrt Marcel Henn, der in der Vorwoche noch in HRK-Farben im Europapokal aufgelaufen war, zurück in den NSU-Kader. Er wird in der kuriosen Situation sein den Ansturm seiner Mitspieler aus der Vorwoche aufzuhalten. Sollte es der NSU irgendwie gelingen den HRK zu bremsen, dann indem man den Spielfluß in den Offenen stört. Coach Kuhlmann geht es vor allem darum, sich im vielleicht letzten Spieltag am Rossmarkt ordentlich von den eigenen Zuschauern zu verabschieden. Denn in der kommenden Spielzeit will man beim Klubs aus der wirtschaftsstarken Heilbronner Region potenziell in eine angemessenere Spielstätte umziehen.
Der Klub dagegen kommt zwar nicht in absoluter Bestbesetzung an den Oberlauf des Neckars, aber wird eine weitaus bessere Mannschaft aufbieten können, als noch vor zweieinhalb Wochen. Eine Reihe von Klub-Spielern - Jarrid Els, Marcel Coetzee, Robert Hittel,Nicholas Wymer und Kehoma Brenner - nutzt das eigentlich als spielfrei vermerkte Wochenende für einen Kurzurlaub. Dazu wird Coach Pieter Jordaan einigen überspielten Akteuren helfen, indem er sie erst von der Bank bringt. Dennoch will man das Spiel beim Klub nicht auf die leichte Schulter nehmen. Immerhin steht das Bundesliga-Halbfinale daheim auf dem Spiel. Die Marschroute lautet „die Reise nach Hannover vermeiden und gegen den vermeintlich schwächeren Gegner spielen“ so heißt es von Seiten des Klub-Pressesprechers Liebig.
TotalRugby-Prognose: Auch nach einer Marathon-Rückrunde über zwei Wettbewerbe wird sich der Klub nicht lumpen lassen. Der wohl tiefste und mit Sicherheit beste Kader der Republik wird mit dem Mammutprogramm fertig und auch weniger als 70 Stunden nach dem letzten Spiel eine gute Leistung abrufen. Der Aufsteiger selbst läuft gegen Ende der ersten Bundesliga-Saison nahezu auf der Felge und hat nun mit dem Meister einen eher ungern gesehenen Gast am Rossmarkt zu Besuch. In dieser Partie wird es, so viel können wir verraten, nur einen Sieger geben. Der HRK ist auf jeder Position besser besetzt und wird die Partie mit +50 Zählern gewinnen.
Nord/Ost
RK 03 Berlin - SC Germania List Samstag 28. April, 15 Uhr
Germania - RK 03 - dieses Duell war das absolute Spitzenspiel der letzten beiden Jahre. Auch in dieser Saison sind beide Teams direkte Tabellennachbarn: Die Germania liegt als Zweiter aber schon satte elf Zähler vorm Vorjahres-Meister im Norden. Damit der RK 03 die schnellen Hannoveraner noch abfängt müsste schon ein halbes Wunder geschehen. Zu erst einmal wäre ein Sieg morgen an der Berliner Buschallee von Nöten.
Nach dem souveränen Derbysieg will der RK 03 gegen Germania nachlegen
Dahingehend sieht es gar nicht Mal so schlecht aus. Der RK 03 hat nach der miserablen Hinrunde bereits einiges an Wiedergutmachung betrieben - speziell der klare Derbysieg gegen die von 03 als Emporkömmling wahrgenommenen Grizzlies war Balsam auf die schwarzgelbe Seele. Nun will damit im vorletzten Heimspiel weitermachen. Nur sollte sich der Gastgeber gegen die Germanen keine derart miserable Kick-Quote leisten, wie in der Vorwoche. Da ließen die RK-Kicker gleich acht Erhöhungen liegen.
Beim RK 03, so Team-Manager Lutz Joachim gegenüber TR, hat man zwar auch mit zwei, drei Verletzungen zu kämpfen, wird aber mit einem guten Kader antreten. Man stelle sich, so Joachim weiter, auf einen starken Gegner ein: In beiden Mannschaftsteilen seien die Lister gut aufgestellt. Vor eigenem Publikum sei aber ein Sieg das Ziel.
Die Hannoveraner Gäste hingegen reisen sprichwörtlich mit dem letzten Aufgebot nach Berlin, so Coach Duiane Lindsay gegenüber TR. Während der Niederlage gegen den BRC in der Vorwoche habe man nacheinander Spielmacher Daniel Koch mit einer Knöchelverletzung und dann noch Nummer acht Patrick Riesmüller mit einem Kreuzbandriss verloren. Diese gesellen sich zum bereits prominent besetzten Lazarett - da noch Nico Windemuth, Henrik Mayer und Niklas Koch verletzungsbedingt fehlen, muss Germania praktisch auf die gesamte Dreiviertelreihe verzichten.
Unter diesen Voraussetzungen wäre ein Sieg utopisch, das weiß auch Coach Duiane Lindsay. „Wir werden versuchen einen Bonuspunkt zu holen und dann in der kommenden Woche gegen die SG Odin/Döhren mit einigen Wiedergenesenen an Bord das Halbfinale klar zu machen“ so der nordirische Coach zu TR.
Die Gäste dagegen haben mit einer Verletzungs-Krise epischen Ausmaßes zu kämpfen
TotalRugby-Prognose: Das Germania-Lazarett ist wohl das momentan beeindruckendste der gesamten Liga. List-Trainer Lindsay ist um seine Aufgabe momentan nicht zu beneiden, er wird wohl ohne Alternativen auf der Bank in Berlin antreten müssen. Der RK 03 dagegen ist seit Wochen im Aufwind - mit der Halbfinal-Quali dürfte es nichts werden, aber morgen werden sich die Hauptstädter durchsetzen. RK 03 mit +15 Zählern.
Berliner Grizzlies - Hannover 78 Sonntag 29. April, 15 Uhr
Das Gastspiel des Tabellenführers beim Aufsteiger aus der Hauptstadt findet nach Platzbelegungsproblemen der Grizzlies ausnahmsweise auf der Anlage des Zweitliga-Spitzenreiters Berliner SV statt. Grizzlies Team-Manager Moritz Koburg dankt dem befreundeten Nachbarn gegenüber TR ausdrücklich für die kurzfristige Hilfe und kündigt auch einen Grizzlies-Besuch beim morgigen Heimspiel der Störche gegen Jena an. Echte gelebte Rugby-Solidarität - dafür gibt es auch von uns bei TR ein Lob.
Sportlich gesehen ist das Duell der Grizzlies mit dem Tabellenführer durchaus relevant. Denn mit einem nicht sonderlich beruhigenden Puffer von fünf Zählern auf den Relegationsplatz kann man sich beim Aufsteiger noch nicht zurücklehnen und auf die Sommerpause warten. Das sieht auch Grizzlies Team-Manager Koburg so: „Mit der Relegation wollen wir nichts zu tun haben“ so Koburg gegenüber TR. Jedoch sei man sehr „verletzungsgebeutelt“, was der Mannschaft zu schaffen mache. Man wisse aber auch, dass Hannover ebenso zu kämpfen hatte, dennoch ein „sehr sehr starker Gegner sei“ - am Kampfgeist jedenfalls dürfte es am Sonntag nicht hapern so Koburg abschließend.
78 ist weiter auf Halbfinal-Kurs
Die Hannoveraner wollen auch über die drei abschließenden Partien hinweg ihre weiße Weste halten. Man werde, so 78-Coach Benny Krause gegenüber TR, mit einer formidablen ersten XV auflaufen. Zahlreiche angeschlagene und verletzte Spieler im Kader bedeuten dann aber, dass die Alternativen auf der Bank nicht unbedingt die besten seien werden.
Mit einem Auge schielt man bei den Spitzenreitern nämlich bereits auf das Halbfinale. Deshalb werden einige angeschlagene Spieler nicht eingesetzt, die bei einem Halbfinale sicherlich aufgelaufen wären. Dazu fehlen zwei Spieler, die für dieses eigentlich spielfreie Wochenende Urlaubspläne geschmiedet hatten. Das Ziel ist dennoch ein Sieg, so betont es Coach Krause gegenüber TR.
TR-Prognose: Das Gastspiel der Hannoveraner bei den Grizzlies steht ebenso wie das andere Duell Hannover-Berlin unter dem Roten Kreuz. Zu diesem späten Zeitpunkt in der Saison müssen fast alle Vereine zahlreiche Ausfälle verkraften. Die Spitzenteams der Liga können dies noch am ehesten verkraften - so auch im Fall der Hannoveraner, die bisher im gesamten Saisonverlauf nicht zufällig ungeschlagen sind. Gegen aggressiv spielende Grizzlies wird 78 zu kämpfen haben, am Ende aber knapp als Sieger vom Platz gehen: 78 mit +5 Zählern.
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