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4 TotalRugby-Thesen zu den Hong Kong 7s 2018
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 11. April 2018

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Selbst nach dem erneut knappen Scheitern im Hongkong-Finale sieht die Perspektive gut aus für unsere DRV VII. Foto (c) Perlich

Das unglaublich bittere Aus unserer Siebener-Jungs, die dramatischen Umstände und Japans zumindest gefühlt unverdiente Rückkehr in die World Series - all dies ist gerade einmal 72 Stunden her und demnach von keinem der Beteiligten richtig verdaut worden. Dennoch gilt es die Lage nun nüchtern zu analysieren und den Blick nach vorne zu richten. Die Zukunft der DRV VII sieht trotz des verpassten Aufstiegs besser aus, denn je.

An dieser Stelle noch einmal einen großen Dank an Tipico Sportwetten - ohne unseren Partner wäre unsere Berichterstattung aus Hongkong nicht möglich gewesen.

1. Diese DRV VII ist so stark wie nie

Die unglaublich starke Leistung unserer Siebener-Nationalmannschaft bei den Hong Kong Sevens ist nicht wegzudiskutieren. Im Gespräch mit gegnerischen Trainern und Turnier- sowie World-Rugby-Verantwortlichen und selbst mit offiziellen des japanischen Verbandes war die einhellige Meinung: Deutschland war die stärkste Mannschaft bei diesem World-Series-Quali-Turnier. Japan hat sich mit unglaublich viel Glück in den letzten beiden Spielen (bereits gegen Irland bedurfte es eines Last-Minute-Tries) in die World Series gestohlen und dabei sind noch nicht einmal die dubiosen Entscheidungen im Finale rund um den ersten Versuch und letzten Straftritt gegen unsere Mannschaft gemeint. Doch diesen Entscheidungen hinterherzutrauern würde nicht viel bringen.

Viel eher lohnt die Spielstärke der DRV VII und die Perspektive dieser Mannschaft  hervorzuheben. Die Mannschaft war wohl ausbalanciert: Offensiv hatten wir mit Max Calitz, Sebastian Fromm und Anjo Buckman eine Reihe von starken Ballträgern, die Lücken in die gegnerischen Defensivreihen gerissen haben. Mit Fabian Heimpel, Niklas Hohl, Bastian Himmer und Claude Brechenmacher hatten wir eine ganze Reihe von brillanten Kreativspielern an Bord. Schließlich zählten Tim Lichtenberg und Marvin Dieckmann zu den erfolgreichsten Außen des Turniers.

Das deutsche Spiel war aber auch mit Blick auf die Defensive austariert - die DRV VII konnte die Defensiv-Struktur lange und über viele Phasen gehalten werden - selbst die besseren Gegner hatten Probleme dem Spiel offensiv ihren Stempel aufzudrücken. Die Mannschaft von Vuyo Zangqa hat das System und die Spielstruktur ihres Trainers verinnerlicht und war bis auf ganz wenige Minuten im Verlauf der sechs Spiele immer Herr der Lage. Im Zweifel hatte man den Eindruck, dass die DRV VII gar noch einen Gang hätte hochschalten können. Selbst im Vergleich zum Vorjahr, in dem die DRV-Auswahl in einem augenscheinlich in Sachen Niveau schwächeren Turnier ebenfalls im Finale war, ist diese Mannschaft gewachsen.

2. Die steile Entwicklung setzt sich fort - Olympia in Tokio wäre die Vollendung

Das Tempo des Aufstiegs der DRV VII ist atemberaubend - im Jahr 2011 waren unsere Siebener-Jungs in Europa noch zweitklassig unterwegs und schafften damals den Aufstieg mit Siegen über Kroatien, Belgien und Polen - Teams, die heute spielerisch weit unter unserer DRV VII anzusiedeln wären. Damals schon dabei: Die heutigen Leistungsträger Fabian Heimpel und Bastian Himmer. Um diese beiden Jungs, die heute mit 26 respektive 27 Jahren immer noch vor ihrem sportlichen Zenit stehen, hat sich ein echtes Spitzenteam geformt. Die beste Siebener-Mannschaft, die Deutschland zumindest in den letzten beiden Dekaden, wenn nicht sogar überhaupt aufgeboten hat. Schon beim Olympia-Qualiturnier 2016 bewiesen diese Jungs mit Siegen über World-Series-Teams, wo sie sportlich hingehören.

 

 

Die Olympia-Quali für die Spiele in Tokio könnte, mehr noch als die Quali für die World Series es wäre, die Vollendung für diese Spielergeneration sein. Die Spiele sind in jeglicher Hinsicht die Krönung einer jeden Sportler-Karriere und angesichts dessen, was die Siebener-Jungs in den letzten Jahren an Herzblut und Arbeit investiert haben, wäre Olympia die gerechte Belohnung. Die Details für den Quali-Prozess für die in zwei Jahren in Tokio stattfindenden Spiele sind soweit noch nicht bekannt. Aber 2016 waren unsere Jungs beim Repechage-Turnier in Monaco nur drei Halbzeiten von der Olympia-Quali entfernt, die schließlich an die Spanier ging. Seitdem hat sich das Niveau dieser Mannschaft nahezu exponentiell gesteigert.

Sich aus Europa zu qualifizieren wird, so viel dürfte bereits heute feststehen, wird allerdings erneut am schwierigsten werden. Mit Hongkong, Simbabwe, Uganda und Jamaika sind beispielsweise vier Teams bei der kommenden WM in San Francisco dabei, die unsere Jungs in diesem und im Vorjahr deutlich in die Schranken weisen konnten. Uns ergeht es dabei, wie den Spaniern, die selbst als World-Series-Team diesen Mannschaften bei der WM zuschauen wird müssen. Ob World Rugby aufgrund der augenscheinlich unausgeglichenen Verteilung der Startplätze umdenken wird, bleibt abzusehen.

3. Die Tiefe der Mannschaft verspricht Gutes für die Zukunft

Auch um die Zukunft dieser Mannschaft sollte man sich keine allzu großen Sorgen machen. Selbst mit zahlreichen prominenten Ausfällen in diesem Jahr - mit Tim Biniak, Sam Rainger, Phil Sczcesny, Pierre Mathurin und Steffen Liebig standen gleich fünf Spieler aus dem Vorjahres-Turnier in Hongkong und damit fast die halbe Mannschaft nicht zur Verfügung - konnte diese DRV VII spielerisch überzeugen und das bei einem weiterhin steigenden Niveau beim Qualifier-Turnier. Die erneute Qualifikation für Hongkong dürfte angesichts der nunmehr drei vorhandenen Quali-Plätze für europäische Teams aus der Grand-Prix-Serie über die vier EM-Turniere hinweg eine lösbare Aufgabe sein. In Hongkong jedoch werden 2019 aller Voraussicht nach mit den ebenso stetig stärker werdenden Iren und dem wahrscheinlichen World-Series-Absteiger Russland wieder zumindest zwei knüppelharte und im Endeffekt gleichwertige Gegner auf unsere DRV VII warten.

Mit Nachwuchs-Hoffnungen wie Paul Pfisterer, Christopher Korn und Dembele, die mit Nachdruck in die Mannschaft dringen und weiteren EM-erfahrenen Kräften, wie Jarrod Saul, Daniel Koch, Johannes Schreieck, Harris Aounallah und Giovanni Engelbrecht steht Nationaltrainer Zangqa vor der kommenden EM-Saison vor einigen schwierigen Nominierungs-Entscheidungen. Natürlich wird es über die GP-Serie hinweg auch darum gehen, weitere Spieler im Kreise der DRV VII zu etablieren. Trotzdem würden weitere Halbfinal-Auftritte und sogar eventuell ein GPS-Sieg unserer DRV VII nicht schlecht zu Gesicht stehen. Auch damit ließe sich das gestiegene Prestige dieser Mannschaft weiter untermauern, bevor nach der Sommerpause die Vorbereitung auf die zweiten Oktoberfest 7s losgeht. Da unsere DRV VII, ander als beispielsweise Chile, Papua-Neuguinea oder Uganda nirgends Erfahrung auf World-Series-Turnieren sammeln durfte, ist der Saisonauftakt daheim gegen einige der weltbesten Teams umso wichtiger.


Hätte es bereits im vergangenen Jahr im Finale gegen Spanien mit dem Aufstieg geklappt, hätte man im DRV-Camp vor einer schwierigen Aufgabe gestanden: Zehn World-Series-Turniere, ein anspruchsvoller Reise-Zeitplan sowie ein EM-Fahrplan mit weiteren vier Turnieren. Die Ressourcen dieser DRV VII wären reichlich ausgereizt worden. Angesichts der Fortschritte, die diese Mannschaft bereits in den zwölf Monaten seitdem gemacht hat, wäre ein Aufstieg in diesem Jahr schon in Sachen Personal weitaus besser zu managen gewesen zu sein. Sollte sich das Entwicklungs-Tempo dieser Mannschaft weiter so fortsetzen, dürfte sie im Falle eines Aufstieges nicht direkt als heißester Kandidat für eine Abstieg gelten. Der breiten Basis zum Dank, der spielerischen Klasse wegen, bleibt unser Team der Haupt-Aufstiegskandidat in die World Series. Es ist mehr denn je - und da wiederholen wir uns - der Aufstieg ist eine Frage des wann und nicht des ob.

4. Hong Kong bleibt das Mekka des Siebener-Rugbys und damit weiterhin Inspiration für unsere Siebener-Jungs

Wenn man nach dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft bei Hong Kong Sevens in die Augen der Debütanten wie Niklas Hohl oder Marvin Dieckmann geschaut hat, konnte man erahnen was dieses Erlebnis mit diesen Jungs gemacht hat. Nirgends sonst auf der Welt wird unser Sport derart spektakulär gefeiert - ob Neuseeland gegen Australien oder Uruguay gegen Uganda antritt - das größte Stadion der ehemaligen britischen Kolonie feiert fachkundig eine jede gelungene Aktion. Das Stadion der asiatischen Metropole liegt malerisch eingepfercht zwischen einer steilen Dschungel-Wand auf der einen und drei Seiten voll mit Hochhäusern rundherum - spektakulärer könnte eine Rugby-Arena wohl kaum liegen.

Kaum verwunderlich, dass Hongkong weiterhin das bei Spielern und Fans beliebteste, stimmungsvollste und meistbeachtetste Turnier der weiterhin exponentiell wachsenden World Series ist. Jeder Spieler träumt davon, wie einst Jonah Lomu und Waisele Serevi, hier zum Held zu werden. Spätestens seit der Olympia-Aufnahme der schnellen Form unseres Sports ist das Siebener der größte Wachstumstreiber im Rugby. Den Zuschauern bei den wie immer mehrfach überbuchten Hong Kong Sevens (Karten gibt es lediglich über eine Lotterie, mit deutliche mehr Teilnehmern als Karten) war es selbst egal, das einige der Top-Teams aufgrund der Freitag beginnenden Commonwealth Games nur mit einer B-Mannschaft angetreten waren. Die Bude war wie immer rappelvoll und wenn die über 40.000 im Hongkong Stadium einmal loslegen, erledigt die Akustik der steilen Ränge ihr Übriges.

In vier Jahren werden die Sevens auf die andere Seite des Victoria Harbour ziehen, so viel steht heute bereits fest. Denn die Stadt Hongkong, gebaut zwischen Wasser, Dschungel und den steilen Hängen der Insel-Landschaft lechzt nach jedem QM2 und einem neuen und noch größeren Stadion. Das neue Stadion, bei dem die Sevens das wichtigste Event sein werden, soll das teuerste der Welt. werden. Über vier Milliarden US-Dollar will die Stadt-Regierung der Sonderverwaltungszone Chinas ausgeben für die neue Arena am wohl spektakulärsten Naturhafen der Welt. Auch das sollte Beweis dafür sein, welchen Stellenwert unser Sport auch in seiner verkürzten Version mittlerweile hat. Unsere Siebener-Jungs werden sicherlich einmal in der neuen Super-Arena direkt am Hafen auflaufen - ob im Qualifier-Turnier oder auf der World Series bleibt eine der spannenden Fragen, die sich erst in den kommenden Jahren klären lassen.

An dieser Stelle noch einmal einen großen Dank an Tipico Sportwetten - ohne unseren Partner wäre unsere Berichterstattung aus Hongkong nicht möglich gewesen.

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Kommentare (6)add comment

Boudewijn Vertonghen said:

3905
Zukunft im 7er
und Ben Ellermann?
April 12, 2018

Tobias Quick said:

2769
...
Wie kann der jetzige Ist-Stand so weiter entwickelt werden, dass es langfristig erfolgreich und vor allem nachhaltig bleibt? Es gibt trotz der mehr als positiven Entwicklung und der verdienten Erfolge noch genügend Baustellen in vielen Bereichen. Wenn diese nicht benannt werden, dann können sie auch nicht beseitigt werden.
April 12, 2018

TotalRugby Team said:

366
...
Der sportlichen Leitung der 7er-Mannschaft trauen wir diese Analyse nach den in Hongkong gezeigten Leistungen durchaus zu. Wo siehst Du denn diese Defizite? Außer, dass es 10x soviele PMs gegeben haben soll?
April 12, 2018

Tobias Quick said:

2769
Gibt es überhaupt keine Defizite in Rugbydeutschland?
Ich kann die totalrugby Thesen vollkommen nachvollziehen. Nur sollte sich die Hoffnungen nicht nur auf den jetzigen Stand richten, sondern alle Anstrengungen vorgenommen werden auch wirklich dieses Ziel zu erreichen. Und dafür reicht nicht alleine der Trainerstab und die jetzigen DRV Strukturen.
April 13, 2018

Matthias Hase said:

381
...
Was braucht es noch? Erzähle doch mal bitte.
April 13, 2018

Alex Leiberich said:

3882
Defizite
Man lobt mal wieder alles über den Klee und frägt sich dann ernsthaft wo noch Defizite sind?
Die gezeigte Leistung war die beste, welche von einer 7er Nationalmannschaft gezeigt wurde ganz klar. Und natürlich sind alle enttäuscht.
Aber wenn man zweimal im Finale steht und es nicht schafft die Big Points zu setzen, dann sollte man das schon mal hinterfragen. So leicht wie in diesem Jahr wird es nicht mehr werden. Stichwort Irland und Russland im kommenden Jahr. Und Japan war sicherlich nicht die beste Mannschaft, aber die effektivste. Wer Irland und Deutschland zurecht schlägt der hat es auch verdient.
Wo definitiv Defizite da sind zeigt sich im psychologischen Bereich. Wie kann man eine Minute vor Schluss bei einer Führung den Ball nicht einfach halten? Die Nationalmannschaft kann nur schlecht mit dem Druck in den entscheidenden Situationen umgehen (nicht so schlimm wie das bei Irland der Fall war, aber da muss ja auch was Mannschaftsinternes gewesen sein, wenn man den eigenen Kapitän kaum einsetzt). Hier braucht es dringend eine psychologische Schulung, um daraus dann auch eine Abgeklärtheit in den entscheidenden Situation zu bekommen. Dann braucht man auch nicht schon wieder rumjammern, dass andere Nationen zur WM fahren und man selbst nicht. Und da braucht World Rugby auch nichts zu ändern, sondern dann muss man die Leistungssteigerung auch mal mit den entsprechenden Ergebnissen belohnen. Spanien schafft dies beispielsweise.
Hier gilt es anzusetzen und den eingeschlagenen Weg fortzuführen.
April 16, 2018

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