Die deutsche Mannschaft startet am Samstag ohne GfR-Spieler in die Rugby Europe Championship
Aus der größten Befürchtung der letzten Wochen und Monate ist nunmehr endgültig bittere Realität geworden. Die deutsche Fünfzehner-Nationalmannschaft wird übermorgen in Rumänien ohne die Spieler der Gesellschaft zur Förderung des Rugbysports (GfR) in die Rugby Europe Championship starten - obwohl diese ausnahmslos vom DRV, inklusive der ehemaligen Kapitäne Armstrong und Poppmeier, für das Turnier nominiert worden waren. Über die letzten Jahre hinweg hatte die WRA über ihre als Arbeitgeber der Spieler fungierende Tochter GfR sukzessive das Gros der besten Spieler des Landes an sich gebunden und zusammen mit Spielern aus Südafrika, die via 36-Monatsregel oder durch ihre deutsche Vorfahren für Deutschland spielberechtigt sind, fast ausnahmslos beim HRK geparkt.
Für die Chancen der deutschen Rugby-Nationalmannschaft im kommenden Sechs-Nationen-Turnier, die zugleich als WM-Quali zählt, ist dies zweifelsohne ein schwerer Schlag - zumal man in deutschen Rugby-Kreisen fest mit den GfR-Spieler gerechnet hatte. Hatte doch der ehemalige DRV-XV-Kapitän und GfR-Spieler Sean Armstrong während des „Spieler-Streiks“ im November betont: „Für uns ist es eine großartige Sache für Deutschland zu spielen“ - in einer von ihm und dem damaligen Co-Kapitän Michael Poppmeier versendeten Pressemitteilung versicherten beide: „Dieser Schritt erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir die sportlichen Ziele nicht gefährden wollen. In den nächsten Spielen im Februar und März 2018 geht es um die EM- und WM-Qualifikation. Dort wollen wir uns mit gesammelten Kräften beweisen.“
Nun geschieht genau das, was seitens der streikenden Spieler damals so vehement verneint wurde. Die sportlichen Ziele des DRV, sowie die „großen Wünsche und Träume“ die Armstrong selbst mit der DRV XV öffentlich gehegt hatte, sind nun in großer Gefahr. Doch den Spieler in diesem Konflikt die Schuld zuzuschustern wäre falsch - ihre Forderung nach professionellen Strukturen waren und sind nachvollziehbar. Mit der Beschäftigung eines WM-erfahrenen Trainer-Teams um Coach Pablo Lemoine und eines Vollzeit-Sportdirektors hat der Verband Schritte in die richtige Richtung unternommen, um genau diese Spieler-Anliegen zu adressieren. Jedoch musste man schon im November starke Zweifel daran haben, ob der initiierter Spieler-Streik aus freien Stücken erfolgt war - denn nur wenige Stunden vor der Streik-Ankündigung durch die Spieler hatte die Leitung der GfR dem DRV per Mail mitgeteilt, dass dessen Angestellte dem Verband nicht mehr zur Verfügung stünden.
Auch bei den bis zuletzt andauernden Gespräche zwischen Verband und GfR/WRA über die Abstellung der GfR-Spieler hatten nicht der so oft öffentlich geforderte Plan B des Verbands, oder professionelle Bedingungen in der Vorbereitung den Ausschlag gegeben, sondern lediglich Finanzfragen. Nachdem der Verband im November bereits das Trainer-Team um Kobus Potgieter gegen eine signifikante Gebühr temporär von der WRA losgekauft hatte, verlangte die gemeinnützige GfR, so ist aus Verbands-Kreisen zu hören, nun eine vierstellige Abstellungs-Gebühr pro Spieler. Dass dies im internationalen Rahmen völlig unüblich ist, da kein Rugby-Verband der Welt die abstellenden Vereine, geschweige denn deren eventuelle Arbeitgeber entschädigt, spielte dabei dem Anschein nach in den Überlegungen der Gesellschaft zur Förderung des Rugbysports keine Rolle.
Doch darauf, dass der Verband gewillt war, auf dieses Angebot einzugehen und für die Spieler zu bezahlen, war man scheinbar auf GfR-Seite nicht vorbereitet. So wurde der „Preis“ für einen Spieler pro Spiel kurzerhand nachträglich verdoppelt, so dass die gemeinnützige GfR für einige ihrer Spieler pro Spiel signifikant mehr eingenommen hätte, als diese als Monatsgehalt verdienen. Die Leidtragenden sind hier nicht zuletzt die GfR-Spieler selbst, die ihren Traum von der Rugby-WM im nächsten Jahr wohl begraben werden müssen. Bereits für die November-Länderspiele hatten sich die Spieler von ihrem Arbeitgeber GfR Sonderurlaub nehmen müssen, um auf dem Feld zu stehen. Am Samstag werden Armstrong, Ferreira, Vollenkemper und Co. ihren Freunden und Kollegen mit gemischten Gefühlen zuschauen, wenn diese in der Höhle des Löwen in Rumänien antreten.
Sportlich hat sich die Perspektive für die deutsche Mannschaft damit definitiv stark eingetrübt. Nicht nur fehlt eine Reihe von Leistungsträgern dem deutschen Team - auch die Eingespieltheit der täglich zusammentrainierenden GfR-Spieler wird dem deutschen Team fehlen. Jedoch gibt es auch abseits der GfR-Reihen zahlreiche gute deutsche Spieler - ob nun bei anderen Bundesligisten, oder aber außerhalb der Bundesrepublik. Die Tatsache, dass zahlreiche der Frankreich-Legionäre während der REC mit dem Adler auf der Brust auflaufen werden, sollte den deutschen Fans Mut machen. Die bereits nach dem fünften REC-Rang im Vorjahr sehr unwahrscheinliche WM-Qualifikation dürfte nun vollends außer Reichweite sein - doch unter der Anleitung von Ex-Stade-Francais-Profi und WM-Spieler und Trainer Pablo Lemoine wird die deutsche XV nicht völlig chancenlos in diesen Wettbewerb gehen. Auch wenn das Ziel vorerst nur heißen kann den zweiten REC-Klassenerhalt überhaupt zu schaffen.
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