Rumäniens Sturm um Kapitän und Tussac-Teamkollege Lazar ist das Prunkstück des achtmaligen WM-Teilnehmers. Foto (c) Seufert-Chang
Samstag wird es für unsere DRV XV ernst - im rumänischen Cluj steht bereits zum Auftakt der Rugby Europe Championship 2018, die zugleich als zweite Hälfte der WM-Qualifikation fungiert, das wohl mit Abstand schwerste Spiel an: Der Auswärtstrip zum Sieger der REC 2018 Rumänien in Cluj. Die „Eichen“ genannte Auswahl des Balkan-Landes hat bisher an allen acht ausgetragenen Weltmeisterschaften teilgenommen - es dürfte also keinen verwundern: Rumäniens Öffentlichkeit verlangt von der Mannschaft um Kapitän Lazar die neunte Qualifikation für die WM in Japan, nicht mehr und nicht weniger. Mit 19 Punkten auf dem Konto - sechs mehr als Spanien und zehn bzw. elf mehr als Russland und Deutschland - ist die Ausgangslage sehr gut für die „Eichen“ genannte Nationalmannschaft.
Die Südosteuropäer gelten seit langem als eines der ambitioniertesten Teams der zweiten Garde des Welt-Rugby und konnten in ihrer 120-jährigen Rugby-Geschichte bereits Siege gegen so prominente Teams wie Schottland, Fidschi, Italien und Wales vorweisen. Auf dem Höhepunkt ihrer Stärke in den 1950er-Jahren hatten die Eichen einen ihrer neun Siege über Frankreich feiern können und das vor einer Allzeit-Rekord-Kulisse von 95.000 Zuschauern im Bukarester Dinamo-Stadion. Bei der letzten WM 2015 in England war es den Rumänen in der Gruppenphase lediglich gelungen Kanada in die Schranken zu weisen - in einem dramatischen Spiel scheiterten die Eichen erst in letzter Minute an einer Sensation gegen die Italiener, die ihnen eine vorzeitige WM-Quali beschert hätte.
Kein Wunder also, dass bei der immer wieder aufflammenden Diskussion um eine Auf- und Abstiegsregelung zwischen den Six Nations und der REC neben Georgien auch immer die Stärke der Rumänen als Argument angeführt wird. Zumal Rumänien im Vorjahr das direkte Duell mit Georgien in Bukarest für sich entscheiden konnte - in einem ganz engen Spiel mit jeweils einem Versuch auf beiden Seiten entschied Kicker und Schluss Florin Vlaicu das Spiel für seine Eichen.
Der mittlerweile 31-jährige Routinier ist mit seinen 106 Spielen im gelben Trikot seines Landes einer der absoluten Säulen des Teams. Vlaicu ist auf der Verbinder- oder Schlussposition ein äußerst solider Verteidiger und kann vor allem aus jeglicher Position in der gegnerischen Hälfte Straftritte über die Stangen nageln. Umso wichtiger wird es für die DRV XV von Coach Pablo Lemoine sein, die Disziplin zu wahren und nicht zu viele Straftritte zu kassieren.
Vlaicu spielt sein Vereinsrugby bei Steua Bukarest, dem aktuellen Tabellenführer und einer der historisch erfolgreichsten rumänischen Klubs in der mittlerweile professionellen „Super Liga“. HRK-Finalgegner im Continental Shield Timišoara Saracens dagegen, rangiert momentan nur auf dem vierten Platz der sieben Teams umfassenden Liga. Aber neben den zahlreichen Spielern aus der heimischen Liga bietet Rumäniens walisischer Coach Lynn Howells, mittlerweile im siebten Jahr seiner Amtszeit bei Rumänien, auch zahlreiche Auslands-Profis für die Eichen auf.
Die wohl prominentesten unter ihnen sind die beiden Erste-Reihe-Stürmer Alexandru Țăruș und Kapitän Mihai Lazăr. Țăruș ist seit dem letzten Sommer bei den Sale Sharks in Englands Premiership unter Vertrag und Veteran Lazăr hat in seinen fünf Jahren bei Castres Olympique weit über 100 Einsätze und einen Top-14-Titel gesammelt. Zusammen mit DRV-XV-Prop Damien Tussac bildet er eines der stärksten Gedränge in der französischen Top 14. Neben Zweite-Reihe-Stürmer Valentin Ursache, der ebenso in Frankreichs erster Liga bei Oyonnax spielt, sind noch sechs weitere Spieler aus Frankreichs ebenso professioneller zweiter Liga Pro D2 im Rumänien-Aufgebot.
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Insgesamt ist der Rumänien-Kader, mit dem Coach Howells die erneute WM-Qualifikation realisieren will, äußerst erfahren. Ganze 19 von 30 Spielern sind älter als 30 Jahre und zehn Spieler haben mehr als 50 Länderspiele absolviert. Die Stärke der Eichen liegt traditionell wie aktuell eindeutig im Sturmspiel - bei vorhergesagten nasskalten Bedingungen knapp über dem Gefrierpunkt am Samstag in Cluj, werden die rumänischen Eichen mit den kleinen Ziffern auf dem Rücken versuchen ihr Power-Spiel in Gedränge und Paket aufzuziehen - das dürfte niemanden überraschen.
Die deutsche Mannschaft sollte aber nicht den Fehler begehen, die Stärke der Rumänen auf der Dreiviertelreihe zu unterschätzen. Bereits im letzten direkten Duell hatten die Eichen auch über ihre Dreiviertel mächtig Dampf gemacht. Der wohl größte Gefahrenherd ist dabei ein eingebürgerter Neuseeländer mit tongaischen Wurzeln. Innendreiviertel Jack Umaga war einst Teil der Tasman Makos, dem wohl spektakulärsten Team in Neuseelands Mitre-10-Cup, dem professionellen Wettbewerb unterhalb von Super Rugby. Umaga ist sowohl offensiv, wie auch defensiv ein großer Gefahrenherd, den es zu bannen gilt.
Insgesamt hat die deutsche Mannschaft am Samstag eine absolute Herkulesaufgabe zu meistern, gegen einen Gegner, der äußerst gut besetzt und mit viel Wut im Bauch antreten dürfte. Angesichts der Ausgangslage in Sachen WM-Quali und der völlig unerwarteten Niederlage gegen Deutschland im Vorjahr, die die einzige im Jahr 2017 für Rumänen bleiben sollte, wird es den Eichen an Motivation sicher nicht mangeln.
Im vergangenen Februar in Offenbach hatten die Rumänen unsere DRV-XV-Jungs allem Anschein nach unterschätzt und kassierten im wohl größten Comeback der deutschen Mannschaft seit langem am Ende eine 38:41 Niederlage. Eine solche Überraschung am Samstag wäre aufgrund der Ausgangslage und der Heimstärke der Rumänen eine noch größere Überraschung. Denn unterschätzt werden dürfte die deutsche Mannschaft von ihrem Gegner nicht noch einmal.
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