Ob die Spieler des deutschen Meisters Heidelberger RK auch künftig im Europapokal jubeln können, bleibt abzuwarten
Mit dem Erreichen des Finales im Europe Continental Shield Cup ist dem Heidelberger Ruder-Klub der bisher größten Erfolg einer deutschen Mannschaft auf europäischer Vereinsbühne gelungen. Nun winkt die Teilnahme am European Challenge Cup, in dem internationale Rugby-Schwergewichte warten. Eine sportliche Leistung, die großen Respekt verdient. Doch der Traum von Europa droht für Trainer und Spieler wie eine Seifenblase zu platzen. Grund ist die sportliche Abhängigkeit vom Deutschen Rugby-Verband.
Der DRV und der HRK haben sich in gegenseitige Abhängigkeiten begeben. Auf der einen Seite partizipiert der olympische Spitzenverband bislang von den finanziellen Zuwendungen der Wild Rugby Academy, auf der anderen Seite ist der deutsche Meister an die sportpolitischen Vorgaben des Verbandes gebunden. Denn im Zuge der Vertragsverhandlungen über eine weitere Kooperation hat der Deutsche Rugby-Verband sich mit der WRA darauf geeinigt, ein deutsches Team zum Europe Continental Shield Cup zu melden. Hintergrund: Der DRV will den in Deutschland lebenden Nationalspielern eine möglichst hochklassige Vorbereitung auf die Rugby Europe International Championship ermöglichen, in der es neben dem Europameistertitel auch um die Qualifikation zu der Weltmeisterschaft 2019 in Japan geht. Diese Zusage geschah im Vorgriff auf eine mögliche Einigung mit der Wild Rugby Academy zur Fortsetzung der nun ausgelaufenen Kooperation.
Im gleichen Kontext hat der DRV sich dazu entschieden, den Spielern anderer Vereine die Teilnahme am Europe Continental Shield Cup in Form von doppelten Spiellizenzen zu ermöglichen. Ein Vorgehen, das eigentlich gegen die Regularien dieses europäischen Klubwettbewerbes verstößt. Entsprechende Lizenzen erhielten Spieler von Vereinen wie SC Frankfurt 1880, des SC Neuenheim und der RG Heidelberg. Eine Entscheidung, die bei vielen Bundesligavereinen auf wenig Begeisterung stieß. Doch der DRV verteidigte diese Maßnahme, um die sportliche Professionalisierung voranzutreiben und eine mögliche WM-Qualifikation zu gewährleisten. Doch bedingt durch die aktuellen Querelen und dem Auslaufen der Kooperation fühlt sich der DRV an diese Entscheidung und den weitreichenden Zugeständnisse nun anscheinend nicht mehr gebunden.
Denn die umfangreichen Zugeständnisse an den HRK hatten auch Folgen für den nationalen Spielbetrieb. So musste die spielleitende Stelle der Bundesliga immer wieder Spiele des Heidelberger Rugby-Klubs verlegen, wodurch sich die Terminnot im Spielbetrieb des deutschen Rugby-Oberhauses weiter verschärfte. So besaßen andere Vereine wie der RK Heusenstamm, Hannover 78 oder die RG Heidelberg, die zahlreiche 7er-Nationalspieler abstellen, keine Chance mehr, ihre Spiele zu verlegen, um mit ihren besten Mannschaften in den Bundesligapartien anzutreten. Folge: Die 1. Bundesliga gerät immer weiter in ein sportliches Ungleichgewicht. Faktisch geht es aktuell im Kampf um die deutsche Mannschaft nur noch darum, wer hinter dem Heidelberger RK den Vizetitel holt.
Wenn die Gesellschaft zur Förderung des Rugbysports mbH (GFR), ein Ableger des ehemaligen DRV-Premiumsponsors Wild Rugby-Academy, sich aber nun dazu entscheiden sollte, die bei ihr angestellten Nationalspieler nicht mehr für die deutsche 15er-Nationalmannschaft zur Verfügung zu stellen, sollte es nicht verwundern, dass der DRV sich nicht mehr darum bemüht, bei erfolgreicher Qualifikation eine Mannschaft für den European Challenge Cup zu melden. Grund: Den ursprünglichen Effekt, die Stärkung der DRV XV, würde die GFR bei Nichtabstellungen der nominierten Spieler für die DRV-Auswahl in das Gegenteil verkehren.
Für die Spieler könnte dieses Szenario bedeuten, dass ihr Verzicht, aus Angst um berufliche Nachteile, weiterhin für die DRV XV aufzulaufen, sie eventuell ins sportliche und wirtschaftliche Abseits manövriert. Denn ein europäischer Wettbewerb egal welcher Art ist nur in Kooperation mit dem DRV möglich. Doch der DRV hat mit den heutigen Nominierungen für die anstehende REIC positive Signale gesendet. So hat der Trainerstab eine Vielzahl an Spielern des deutschen Meisters in den vorläufigen Kader für die anstehende REIC berufen. Ein Zeichen, dass der Verband ausschließlich nach vorne blickt und an einer erfolgreichen sportlichen Zukunft des deutschen Rugbys feilt. Dies ist auch Signal an die Delegierten des am Sonntag stattfindenden außerordentlichen Deutschen Rugby-Tages in Hannover.
Der Ball liegt nun in der Hälfte der Heidelberger. Und Grund zur Hoffnung, dass die sportlich stärkste deutsche Mannschaft in der REIC aufläuft, besteht weiterhin. Denn laut Aussagen des GFR-Geschäftsführers Robert Mohr in verschiedenen deutschen Medien steht es den angestellten Spielern frei, ob sie im DRV-Trikot auflaufen wollen - in Absprache mit dem Geldgeber, wie Mohr jüngst in Hannoveraner Medien betonte. Es bleibt aber die Frage, ob die Spieler wollen oder dürfen. Was also von dieser Aussage zu halten ist und wie die GFR auf die Abberufungen ihrer Angestellten für die DRV XV reagiert, werden nun die kommenden Tage zeigen.
Matthias Hase
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