Die Major League Rugby startet im April - den Aufstieg des amerikanischen Rugby dies nur beschleunigen.
Als sich Deutschlands Nationalmannschaft im November mit den USA Eagles in Wiesbaden duellierte, konnte unsere DRV XV nur eine gute halbe Stunde mit dem Team in Stars and Stripes mithalten - und das obwohl beide Teams zu diesem Zeitpunkt lediglich sechs Plätze in der Weltrangliste trennten. Die Klasse des achtmaligen WM-Teilnehmers, besetzt mit zahlreichen Profis aus den europäischen Top-Ligen, setzte sich schlussendlich klar durch. Die Lücke zwischen Deutschlands Rugby-Elite und dem Gegenpart auf der anderen Atlantik-Seite dürfte aber in nächster Zeit noch wachsen. Denn in den USA steht die Major League Rugby (MLR) in den Startlöchern - der zweite und deutlich vielversprechendere Versuch eine Profi-Liga im Land des American Football zu etablieren.
Bereits knappe drei Monate vor dem Start der MLR sind erste positive Vorzeichen zu erkennen. Das Constellation Field der Houston Sabercats, in den Vororten der texanischen Öl-Metropole, war in den ersten beiden Pre-Season-Spielen der Saison, zwölf Wochen vor dem eigentlichen Saison-Start, mehr als ordentlich besucht. Mit knapp 6.000 Zuschauern wurde gegen die Seattle Saracens gar ein Zuschauer-Rekord für ein Vereinsspiel in den Staaten aufgestellt und das bei gesalzenen Ticket-Preisen von bis zu 280 US$. Freilich ist dieser Rekord nur ein Bruchteil der 62.000 Zuschauern, die die beiden All-Blacks-Spiele im Soldier Field von Chicago im Jahr 2014 und 2016 verfolgt haben. Dennoch zeigt sich auch hier das Potenzial des Sports in den Staaten.
Darüber hinaus scheint der zweite Versuch professionelles Rugby in den USA zu etablieren, deutlich durchdachter zu sein, als der vor zwei Jahren gescheiterte erste Versuch mit „PRO Rugby“. Diese Liga, finanziert von reichen Gönnern und mit sechs Teams gestartet, stellte nach nur einer Saison ihren Betrieb ein. Die MLR hingegen konnte schon Monate vor dem Saisonstart im November einen TV-Deal mit einem der größten TV-Sender der USA, CBS Sports, verkünden. Dieser beinhaltet mindestens ein Spiel pro Spieltag live plus Streaming-Möglichkeiten aller anderen Spiele und eine Highlight-Sendung. Weiterhin wurde mit X-Blades ein ambitionierter Ausrüster gewonnen. Die australische Marke war bisher vor allem im Rugby League unterwegs und will seit einiger Zeit in den weitaus größeren Union-Markt expandieren. Zudem konnten schon einige prominente Spieler verpflichtet werden - allen voran Fidschi-Olympiasieger und Kapitän Osea Kolinisau.
Fidschis-Kapitän und Olympiasieger Osea Kolinisau zählt zu den prominentesten Neuverpflichtungen der MLR
Das Potenzial von Rugby in den USA ist unbestritten. Seit Jahren gilt Rugby als der am stärksten wachsende Sport in den Staaten. USA-Rugby-Boss Dan Payne verkündete gegenüber CNN: „Wir investieren jetzt stark, um in zehn bis fünfzehn Jahren die Ernte einfahren zu können.“ Allerdings darf man sich ebenso keine Illusionen machen - der Rugbysport ist in den USA, trotz aller Zuwächse bei den Vereinen und größerer TV-Präsenz, immer noch ein Randsport. Die Major League Soccer hat nach der WM 94 eine Dekade gebraucht um sich kommerziell und in der Öffentlichkeit zu etablieren. Zudem sind die Kosten eine landesweite Liga zu etablieren erheblich - die Distanzen zwischen den sieben Teams vom Südosten in New Orleans bis in den Nordwesten in Seattle bedeuten, dass jedes Team bereits ein Großteil seines Budgets für Reisekosten aufbringen muss.
Mit den verfügbaren Sponsorengeldern aus den gut gefüllten Koffern von „Corporate America“ und den zahlreichen talentierten Football-Spielern, die den Sprung aus dem College in den Profi-Football nicht schaffen, haben die USA sowohl kommerziell als auch sportlich ein riesiges Potenzial zur Verfügung. Von daher sehen es die meisten Experten den Rugby-Boom in den USA eher als eine Frage des wann und nicht des ob. Aktuell wollen mit Toronto und New York City bereits zwei weitere Teams in der zweiten Saison in die Liga.
Neben der Major League Rugby halten sich weiter hartnäckig Gerüchte, dass die Pro 14 nach Nordamerika expandieren will. Die englische Premiership hat seit ihrem prominenten TV-Deal mit NBC mitterweile drei Spiele in New Jersey und Philadelphia abgehalten. Keiner möchte zu spät kommen, wenn es darum geht den boomenden US-Markt zu beackern. Für das weltweite Rugby dürfte das bedeuteten, dass den traditionellen Rugby-Großmächten bald ein weiterer Konkurrent erwachsen dürfte. Die Major League Rugby scheint ein weiterer Baustein im Aufstieg des US-Rugbys.
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