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TR-Interview mit StuSta-Trainer und Ex-Petrarca-Ass Umberto Re: Von sportlichen Auf- und Abstiegen
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 13. Dezember 2017

Umberto Re - der ehemalige Profi in Italiens Oberhaus spielte einst mit David Campese zusammen. Jetzt nimmt er mit StuSta Kurs auf Liga eins. Foto (c) Perlich
Umberto Re - der ehemalige Profi in Italiens Oberhaus spielte einst mit David Campese zusammen. Jetzt nimmt er mit StuSta Kurs auf Liga eins. Foto (c) Perlich

Umberto Re ist seit 2012 Coach des Münchner Zweitligisten Studentenstadt. Der mittlerweile 46-jährige Italiener führte die junge Mannschaft aus dem Münchner Norden bis an die Spitze der zweiten Liga Süd. Neben dem FC St. Pauli hat die StuSta als einziges Team in den vier Staffeln des Unterhauses nach der Hinrunde eine absolut perfekte Bilanz vorzuweisen. Sieben Spiele und sieben Siege mit Bonuspunkt (Pauli gewann seine sechs Spiele mit Offensiv-Bonus). Res Männer sind voll auf Aufstiegs-Kurs. Der ehemalige Außen/Schluss war selbst vierzehn Jahre lang in Italiens höchster Spielklasse Eccelenza aktiv - unter anderem zehn Jahre beim besten Team seiner Heimatstadt Padua, Petrarca Rugby. Eben jener Verein, den der HRK am Wochenende hauchdünn schlagen konnte. Wir haben uns mit Re über die Geschicke seines jetzigen Klubs sowie seiner italienischen Heimat im Rugby unterhalten.

TotalRugby: Servus Umberto, vielen Dank erst einmal dafür, dass du dir die Zeit genommen hast dich zu unterhalten. Die Bilanz deines Teams in der Hinrunde war überragend. Was steckt hinter der positiven Entwicklung des Vereins StuSta? Ohne viel Geld und mit einer alles andere als perfekten Infrastruktur?

Umberto Re: Unsere positive Entwicklung seitdem ich 2012 übernommen habe fußt vor allem auf einer Sache: Wir haben den Fokus ganz klar auf die Skills gelegt. Ohne Skills machst du leider gar nichts.

Das ist ein generelles Problem in Deutschland, dass viele Jungs erst mit 18, 19 oder 20 Jahren anfangen Rugby zu spielen und nicht als Kinder. Da ist es klar, die Skills sind nicht so gut entwickelt, da musst du Zeit investieren. Seit 2012 ging es vor allem um die Fähigkeiten mit dem Ball, erst in den letzten zwei Jahren haben wir uns vermehrt auf ein eigenes Spielsystem konzentriert.

Die Fortschritte können sich sehen lassen - aber ich will es noch Mal betonen: Die Skills sind der Schlüssel auf diesem Niveau. Darüber hinaus musst du sicher verteidigen können, sonst erreichst du in der zweiten Liga gar nichts.

TR: Was genau ist deine Spielidee?

Re: Grundsätzlich ist die Bewegung der Spieler ohne Ball wichtiger als was der Ballträger macht. Das macht oftmals den Unterschied aus, gerade in der zweiten Liga in Deutschland. Support-Läufe, die Positionierung auf dem Feld, jeder soll wissen, was er auf dem Feld zu tun hat. Das im Training zu vermitteln ist nicht immer so einfach aber nach zwei drei Jahren haben die Jungs das verinnerlicht.

Was uns manchmal noch fehlt ist 80 Minuten im System zu bleiben und nicht in Egoismen zu verfallen. Sinnlose Offloads zum Beispiel, ich nenne das meist eher den Ball wegwerfen, sowas müssen wir vermeiden. 

TR: Wie arbeitet man deiner Auffassung nach am besten an den Skills?

Re: Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Aber im Endeffekt reichen einfache Übungen, die Basics sind absolut wichtig. Genauso machen wir es auch vor den Spielen. Die All Blacks machen es so, warum sollten wir etwas komplizierteres versuchen?

 

In der zweiten Liga Süd in den bisherigen sieben Spielen nicht zu stoppen: Res Mannschaft StuSta München

TR: Was habt ihr euch zum Ziel gesetzt für den restlichen Saisonverlauf? Wo soll die Reise noch hingehen, bis in die erste Liga? Bei zwölf Zählern Vorsprung und nur noch fünf Spielen…

Re: Ja, wir wollen aufsteigen. Dazu müssen wir in der Rückrunde genau da weitermachen, wo wir in der Hinrunde aufgehört haben.

TR: Was glaubst du, woran müsst ihr arbeiten, um in der ersten Liga bestehen zu können?

Re: Um im Falle eines Aufstiegs zu überleben? Erst einmal ein richtiger Trainingsplatz mit einer Flutlichtanlage (Anm. d. Red.: Momentan trainiert die StuSta auf einem Platz im englischen Garten, der baulich nicht verändert werden kann, weshalb die Einheiten unter mobilen Strahlern abgehalten werden).

Damit wir im Winter besser trainieren können - außerdem müssen natürlich auch die Umfänge steigen, zwei Mal 1,5 Stunden in der Woche reichen dann definitiv nicht mehr. Gerade mit Blick auf die Fitness, da herrscht ein anderes Niveau im Oberhaus. Natürlich müssten wir auch vermehrt an unserem Spielsystem und unseren Skills arbeiten.

TR: Zu einem anderen Thema. Dein ehemaliger Klub, Petrarca Rugby aus deiner Heimatstadt, hat am Samstag hauchdünn gegen den HRK verloren. Verfolgst du das Geschehen noch?

Re: Ehrlich gesagt nicht mehr so sehr, ich habe nur mitbekommen wie es ausgegangen ist und so sehr bin ich nicht überrascht, dass sie verloren haben.

 

 

 

Am vergangenen Wochenende spielte Res Ex-Klub Petrarca Padua gegen den HRK


TR: Wie siehst du die Entwicklung in der höchsten italienischen Liga Eccelenza?

Re: Da gibt es keine Entwicklung, die Liga hat sich in den letzten zwanzig Jahre zurückentwickelt.

TR: Zu deinen Zeiten war es also besser, das Niveau der Liga? Immerhin hast du ja Mal mit einem gewissen Herrn Campese gespielt.

Re: In den 80ern und 90ern waren die besten Spieler der Welt in Italien, die besten von den Südhalbkugel-Teams, Australien, Neuseeland und Südafrika. Während deren Spielpause sind die alle zu uns nach Italien gekommen. David Campese, Michael Lynagh und Zinzan Brooke.

Iim Zuge der Professionalisierung des Rugbysports verlor Italien an Attraktivität, lediglich Argentinier kamen dann noch, die das Niveau nicht wirklich gesteigert haben. Heutzutage gibt es die Tendenz, dass die Italiener selbst weg wollen. Nach Frankreich, nach England um dort Geld zu verdienen und richtig Rugby zu spielen. Die in Italien bleiben, das ist meist die zweite oder dritte Wahl. Abgesehen von Benetton und Zebre, das ist eine andere Geschichte.

Aber Campese und Co. haben damals wirklich das Niveau hochgehalten, wir haben viel von ihnen gelernt. Heute fehlen sogar die hochklassigen Coaches in Italien.

TR: Zebre und Benetton spielen aber in dieser Saison in der Pro 14 schon merklich besser. Die Nationalmannschaft jedoch unter Conor O’Shea hat bis jetzt noch keine Bäume ausreissen können. Was glaubst du, wie entwickelt sich das italienische Rugby in den nächsten Jahren?

Re: Also Zebre und Benetton sind definitiv besser, auch wenn im November natürlich viele Nationalspieler fehlen - sowohl bei den italienischen als auch bei den anderen Klubs. In der Spitze sieht es also ganz gut aus, aber die Breite macht mir Sorgen.

Es kommt zu wenig aus den Akademien, vielleicht ein Spieler alle paar Jahre. Diese Akademien sind sündhaft teuer, kosten Millionen und dafür kommt zu wenig. Wenn es so weiter geht, wenn ich ehrlich bin, ist Italien in ein paar Jahren raus aus den Six Nations. Das ist nur meine Meinung - vielleicht wird in den Akademien auch tolle Arbeit geleistet und meine Diagnose ist falsch.

Conor O’Shea ist ein guter Mann, aber er kann auch nicht viel machen. In Italien sind viele Entscheidungen politisch. Der Rugby-Verband ist nach dem Fußball-Verband der zweitreichste, die haben richtig Kohle. Aber da wo Pfründe zu verteilen sind gibt es auch viele Interessen. Wie das Geld investiert wird, ich kann es im Detail nicht genau nachvollziehen, aber ich sehe es nicht sonderlich positiv.

TR: Glaubst du Georgien könnte Italien tatsächlich bei den Six Nations ersetzen?

Re: Die Engländer fliegen natürlich lieber nach Rom, als nach Tbilissi. Aber ich denke die Six Nations sollten mit Auf- und Abstieg funktionieren. Das wäre deutlich fairer, jede Nation sollte seine Chance bekommen, wer weiß, eines Tages Deutschland vielleicht. Ein Play-Off zwischen dem letzten der Six Nations und dem Sieger der REC wäre da wohl die beste Lösung.

TR: Dann würde Deutschland ja dann bald wirklich Mal gegen Italien spielen! Wer gewinnt da?

Re: Heute sicher noch Italien. Aber Parisse (Sergio Parisse, Italien-Kapitän, Anm. d. Red.) ist alt und was nachkommt ist auch nicht so toll. Aber in Deutschland muss natürlich auch sehr viel Arbeit erfolgen. Was heute so existiert reicht natürlich nicht. Es muss mehr in die Jugend investiert werden. Außerdem reicht ein Spitzen-Team nicht, es braucht mindestens zwei oder drei. Das aktuelle Liga-System muss man eventuell überdenken. Wenn ein Klub fast jedes Spiel mit 100 Punkten gewinnt, das bringt keinem etwas.

Im Siebener würde Deutschland übrigens gewinnen!

TR: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der Rückrunde mit StuSta.

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