Sean Armstrong droht mit Boykott des Länderspiels am Samstag in Offenbach.
Seit Monaten schwelte der Konflikt zwischen dem ehemaligen Hauptsponsor des DRV, der vom Capri-Sun-Milliardär Dr. Hans-Peter Wild finanzierten Wild Rugby Akademie, und dem Deutschen Rugby-Verband selbst im Verborgenen. Nun wird der Konflikt plötzlich offen und wohl auch zu Lasten der deutschen Fans ausgetragen - der Co-Kapitän der DRV XV Sean Armstrong sendete am heutigen Nachmittag eine Pressemitteilung in seinem und Michael Poppmeiers Namen aus, in der offen mit dem Boykott des DRV-XV-Spiels gegen Chile in Offenbach am Samstag gedroht wird.
Noch am vergangenen Samstag hatten Armstrong und Michael Poppmeier ihrem Ärger ob der Nicht-Verlängerung des Sponsoren-Vertrages mit der WRA gegenüber der versammelten Presse geäußert. Im Anschluss an die Pressekonferenz hatten die beiden bei der WRA-Angestellten DRV-XV-Routiniers unter anderem bemängelt, dass der DRV-Vorstand sich zu wenig für die Mannschaft einsetze und darüber hinaus ihre „große Angst“ geäußert angesichts der künftigen Weichenstellungen im deutschen Rugby. Auf Nachfrage eines Radio-Journalisten hatten Armstrong und Poppmeier jedoch einen Boykott ausgeschlossen und betont welche Ehre es sei für Deutschland aufzulaufen.
Scheinbar steht diese Zusage nun, 70 Stunden nach der denkwürdigen Pressekonferenz von Wiesbaden, jedoch nicht mehr. In besagter Pressemitteilung wird unter anderem die mangelnde Kommunikation und Unterstützung durch den DRV-Vorstand kritisiert und dazu werden folgende Forderungen gestellt:
„Wir fordern, dass sich der Verband nachhaltig ändert und bis Samstag erste richtungsweisende Ӓnderungen vollzieht . Die Verantwortlichen müssen für die Zukunftssicherung der 15er Nationalmannschaft auf dem aktuell hohen Niveau entsprechende Maβnahmen vorlegen oder Ӓnderungen im Vorstand vollziehen, damit diese Programme geschaffen werden “
Das kommt nur 96 Stunden vor dem Chile-Spiel einem Ultimatum gleich. Welche Änderungen genau gemeint sind, ob inhaltlicher oder personeller Natur, bleibt zunächst unklar - doch steht scheinbar schon so oder so fest: „Um ein Zeichen in der Öffentlichkeit zu stellen werden sie am nächsten Samstag beim Spiel gegen Chile dem Verband nicht zur Verfügung stehen.“
Weiterhin werden Poppmeier und Armstrong mit folgenden Worten zitiert: „Dieser Schritt erfolgt zum jetzigen Zeitpunkt, weil wir die sportlichen Ziele nicht gefährden wollen. I n den nächsten Spielen im Februar und März 2018 geht es um die EM - und WM - Qualifikation. Dort wollen wir uns mit gesammelten Kräften beweisen."
Ob es jedoch dazu kommen würde bleibt ebenso fraglich. Denn sollte die deutsche Mannschaft am Samstag in Offenbach nicht oder nicht in voller Stärke antreten, dürfte dies schwerwiegende Konsequenzen von World-Rugby-Seite her haben. Das mittlerweile sehr gute Verhältnis mit dem Weltverband hatte zuletzt deutlich verbesserte Fördersummen durch WR zur Folge. Weiterhin finden die November- und Juni-Länderspiele mit WR-Unterstützung statt - diese dürfte nach einer eventuellen Absage definitiv wegfallen.
Was weitere Verwirrung stiftet, ist die Tatsache, dass die WRA sich bereits Stunden vor dem Spieler-Ultimatum an den DRV-Vorstand gewendet hatte und - so berichtet uns eine gut informierte Quelle - die Aufkündigung der Freistellungs-Vereinbarung für diese Woche angekündigt hatte. Anfang des Monats hatten sich DRV und WRA geeinigt, dass Spieler und Trainer der WRA im November für Deutschland auflaufen und der DRV im Gegenzug Trainer und Betreuer dafür bezahlt. Die Spieler mussten sich bei ihrem Arbeitgeber Sonderurlaub sichern, um überhaupt mit dem Adler auf der Brust auflaufen zu dürfen.
Wie nun weiter verfahren wird ist zunächst völlig unklar, genauso welche Spieler sich dem Boykott anschließen werden. Wir haben uns an beide Seiten mit Rückfragen gewendet, jedoch noch keine offiziellen Antworten erhalten. Sobald wir mehr wissen, werden wir euch informieren.
Update: In einer Pressemitteilung mit dem Titel „Erfreuliche Spiele mit bitterem Beigeschmack“ wird WRA-Geldgeber Wild wie folgt zitiert: „Ich bin sehr zufrieden mit den Leistungen der von der GFR (WRA Tochter; Anm. der Redaktion) bezahlten Nationalspieler und dem von der GFR bezahlten Trainer und Betreuerstab. Allerdings steht das GFR-Personal dem DRV ab sofort nicht mehr zur Verfügung. Die Grundhaltung, dass ich bezahlen soll und die Funktionäre kassieren ist für mich nicht akzeptabel.“ Was er mit "kassieren" meint, ist angesichts der Tatsache, dass der DRV-Vorstand ehrenamtlich tätig ist, unklar.
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