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Die kommende Rugby-Supermacht USA
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 14. November 2017

Wie sehr sich Amerikaner für Rugby begeistern können, kann man jedes Jahr bei den USA Sevens sehen.
Wie sehr sich Amerikaner für Rugby begeistern können, kann man jedes Jahr bei den USA Sevens sehen.

Samstag tritt unsere DRV XV in Wiesbaden gegen die USA an. Auf dem Rasen der Brita-Arena hat unsere Mannschaft durchaus Außenseiterchancen gegen den siebenmaligen WM-Teilnehmer. Doch die Amerikaner sind im Rugby ein schlafender Riese - ihr Weg in die absolute Weltspitze dürfte eher eine Frage des wann als eine des ob sein.

Momentan liegen die USA im offiziellen Ranking von World Rugby auf dem 17. Platz - vor Russland und hinter Samoa sowie fünf Plätze vor unserer DRV XV, die durch den hohen Sieg über Brasilien an Hongkong vorbei auf Rang 22 geklettert ist. Doch das ist lediglich eine Momentaufnahme, denn Rugby wächst in den USA in atemberaubenden Tempo und das wird sich irgendwann zwangsläufig auch auf die Ergebnisse auf dem Feld auswirken.

 

 

Vor dem Duell mit der DRV XV - die USA Eagles in Mainz

Spieler-Boom in den USA - 350% Wachstum in zehn Jahren

„Rugby, der Sport den Amerika braucht, es weiß es nur noch nicht“, so beschrieb es Amerikas bekannteste Sport-Zeitschrift Sports Illustrated im vergangenen Jahr. Die Mischung aus Action, Härte, Spielfluß und Ehrlichkeit sei die perfekte Kombination für Entertainment-liebende Amerikaner. Kein Wunder also, dass mehr und mehr Amerikaner das etwas größere ovale Leder in die Hand nehmen. Die Zahl der registrierten Spieler ist in den letzten 15 Jahren geradezu explodiert. Mittlerweile gibt es über 100.000 erwachsene Vereinsspieler in den Staaten, eine Zahl die nicht sonderlich weit von den 150.000 in Neuseeland in den dortigen Vereinen Aktiven ist. Das atemberaubende Wachstum von 350% in der letzten Dekade dürfte sich angesichts der 300.000 an Colleges und High Schools trainierenden Nachwuchs-Athleten fortsetzen. 

Diese beeindruckenden Zahlen in Erfolge der Nationalmannschaft umzumünzen fällt dem US-Verband zumindest im Fünfzehner-Rugby noch schwer. Bei der letzten WM gelang den USA kein einziger Sieg - gegen Schottland (16:39), Samoa (16:25), Japan (18:28) und Südafrika (0:64) setzte es in der Gruppenphase jeweils Niederlagen. Was den USA fehlt ist die nötige Profi-Infrastruktur, um aus dem vielen Roh-Material irgendwann Diamanten zu schleifen. Ambitionierte US-Spieler müssen bis dato noch nach Europa oder Ozeanien ziehen, um ihren Sport professionell betreiben zu können. Deshalb ergeht es den USA Eagles, wie vielen vermeintlich kleineren Rugby-Nationalmannschaften: US-Nationaltrainer Dave Hewett hat große Probleme seinen Top-Kader regelmäßig beisammen zu haben.

Professionelle Liga scheitert, Zuschauer-Appetit ist aber vorhanden

Versuche dies zu ändern gab es bereits. Das Budget des US-Rugby-Verbands ist zwar stark gewachsen und liegt aktuell bei geschätzten 15 Millionen US-Dollar. Doch damit lässt sich keine professionelle Liga finanzieren und so ist man auf private Finanziers angewiesen. Douglas Schoninger, ein New Yorker Geschäftsmann, startete im vergangenen Jahr den ersten Versuch einer komplett professionelle Liga in den Staaten, mit vielen US-Talenten und Alt-Stars, wie dem ehemaligen All Black Mils Muliaina oder Italiens Flanker/Gedrängehalb-Legende Mirco Bergamasco, zu etablieren. Bereits nach einem Jahr jedoch stellte die mit sechs Teams gestartete „PRO Rugby“ Liga nach einem Disput mit USA Rugby und finanziellen Schwierigkeiten den Betrieb ein.

Ein neuer Versuch einer Profi-Liga oder zumindest eines Guiness Pro 14 Teams dürften die logischen nächsten Schritte sein. Denn das zwei Mal ausverkaufte Chicagoer Soldier Field NFL-Stadion - einmal im Jahr 2014 für das All Blacks vs. USA Spiel sowie im Vorjahr beim Irland-Neuseeland-Duell, mit jeweils 62.000 Zuschauern sowie ordentliche Zuschauerzahlen bei in den USA ausgetragenen Aviva-Premiership-Spielen beweisen: Es besteht durchaus Appetit für hochwertiges Rugby in den Staaten.

Ein ausverkauftes NFL-Stadion für ein Rugby-Spiel war vor kurzem noch undenkbar in den USA

Ein treibender Faktor in den USA war in den letzten zehn Jahren das olympische Siebener. Die USA Sevens in Las Vegas steuern seit Jahren kontinuierlich auf die 100.000-Zuschauer-Marke für das Event zu. Bei der ersten Ausgabe 2005 waren es gerade einmal 15.000 in San Diego. Mit der US-Olympia-Infrastruktur im Rücken und der Verlockung Olympia-Gold schaffte es Mike Friday ein wahres Spitzen-Team zu formen, das mit dem fünften Platz in der Abschlusswertung der vergangenen Saison ganz eng an den absoluten Top-Teams der Welt dran ist. Das Heim-Turnier in Vegas erzielt bei NBC seit Jahren Redord-Einschaltquoten und nachdem 2010 bereits über 5 Millionen Amerikaner eingeschaltet hatten, nahm der Sender auch die US-Hochschulmeisterschaften und die Aviva Premiership mit ins TV-Programm auf. Konkurrent ESPN reagierte und überträgt nun die französische Top 14.

Die Zukunft des US-Rugby: Mehr Jugendarbeit und College Athleten rekrutieren

Der Verband USA Rugby will künftig auf zwei Stützen setzen um es mit der Weltspitze aufzunehmen: Gute College-Athleten zum Rugby zu locken und gleichzeitig Kids in jungen Jahren direkt zum Rugby zu locken. Verbands-Vorstandsvorsitzender Dan Payne betont gegenüber CNN: „Wir investieren heute stark in die Jugendarbeit, um in zehn bis fünfzehn Jahren die Ernte einzufahren.“ Ein Touch-Rugby-Programm namens „Rookie Rugby“ wurde seit 2008 von 2,5 Millionen Kindern absolviert.

Was Rugby künftig dabei helfen dürfte mehr Kinder und College-Athleten anzulocken, ist die fortwährende Diskussion um Gehirnerschütterungen im American Football, die den Sport zunehmend bei Eltern und Nachwuchsspielern in Verruf bringt. Seattle Seahawks Coach Pete Carroll hatte bereits vor drei Jahren für Aufsehen gesorgt, als er forderte, dass sich die Tackles im US-Football am Rugby orientieren sollten. Nur so könne man die Kopfverletzungs-Epidemie eingrenzen. Auch ohne den Helm einzusetzen könne man gute Hits setzen, so die These Carrolls und der Super-Bowl-Triumph mit seiner Mannschaft gab ihm Recht. Eine Studie an US-Colleges im Vorjahr hatte zum Ergebnis, dass im Rugby weniger halb so viele Gehirnerschütterungen passieren wie im American Football. Pro eintausend absolvierten Spielen pro Spieler sind es im Rugby hochgerechnet 2,0 verglichen mit 4,5 pro 1000 Spielen beim Football.

In diesem Kontext ist auch Psalm Woochings schlagzeilenträchtiges „Überlaufen“ zum Rugby zu sehen. Der College-Football-Star, der mit seinen Washington Huskies in den Playoffs glänzte galt als künftiger NFL-Star-Linebacker, entschied sich aber für den Sport seiner Jugend-Tage, den er in einer Missionsschule auf Hawai erlernt hatte. Als Amerikaner mit samoanischen Wurzeln sei sein Vorbild Brian Lima gewesen. Wooching trainiert nun mit der Akademie von Fidschi-Legende Waisele Serevi, der sich nach seinem Karriere-Ende in Seattle niederlassen hat und dort Siebener-Talente sichtet und traniert. Beim Las Vegas Invitational Turnier traf die deutsche Siebener-Mannschaft auf Wooching und TSV-Handschuhsheim-Außen Joshua Tasche musste schmerzhaft erfahren, wie viel Power Wooching hat. Dieser wird nun wahrscheinlich bei den Harlequins in London landen, bei denen er einen Vorvertrag unterzeichnet hat.

 

Wooching trifft in Vegas auf DRV-VII-Außen Joshua Tasche

Vorbild für die Entwicklung des Rugbys dürfte auch der Einzug des Fußballs in den US-Amerikanischen Mainstream sein. Ein entscheidender Faktor könnte dabei, ebenso wie im Rundball, der Boom des Frauen-Sports sein. Mit 25.000 weiblichen Spielern haben die Staaten bereits jetzt die meisten Vereinsspielerinnen weltweit und das prominente Vogue-Magazin rief bereits den Boom des Frauen-Rugbys aus. Für den Sport dürfte dies ungemein hilfreich sein, so rückt er zunehmend in das Bewusstsein von mehr Amerikanern, was ihn auch für Firmen interessanter macht. Schon jetzt gelingt es dem US-Verband immer öfter namhafte Sponsoren an Land zu ziehen, allein in den letzten beiden Jahren sind mit Emirates, Adidas und dem Versicherungs-Riesen AIG drei Weltkonzerne in das Sponsoring eingestiegen. Um diese Entwicklung auf professionellere Beine zu stellen hat er mit Rugby International Marketing (RIM) eine GmbH zur Vermarktung des Sports im Land gegründet. Einer der Teilhaber ist überraschenderweise die englische RFU, der reichste Verband weltweit, der an den kommerziellen Erfolg von Rugby in den Staaten zu glauben scheint.

Schlussendlich werden aber vor allem Erfolge auf dem Feld den Boom des US-Rugby weitertragen. Eine Gold-Medaille in Tokio bei den Frauen, bzw. eine Medaille bei den Herren sind alles andere, als unwahrscheinlich. Dann würde sich der riesige Zustrom an Nachwuchs nur noch weiter verstärken. Angesichts der schier unendlichen Ressourcen in den Staaten, sei es an potenziellen Spielern, Infrastruktur oder verfügbaren Sponsoren-Geldern sind die Möglichkeiten grenzenlos. Rugby müsste in die Top-5-Sportarten rücken, damit das Land weltweit zu einer Spitzen-Nation im Rugby wird. Der US-Verband hat die richtigen Karten auf der Hand, er muss sie nur klug spielen.

Tickets für das Spiel unserer Nationalmannschaft gegen die USA sind bei AdTicket bereits ab €10 erhältlich!

Wenn ihr aus Heidelberg nach Wiesbaden möchtet, bietet der TSV Handschuhsheim für €18 einen Fan-Bus an, der ausdrücklich für alle Fans gedacht ist. Hier geht's zur offiziellen Landing Page.

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Kommentare (2)add comment

Ralf Theune said:

3663
Kommende Supermacht
Hat man über den Fußball in den USA auch geschrieben und wer fährt zur WM? Panama!
Auch im Fußball sind die Frauen der USA eine Macht, aber das reicht eben nicht, um auch bei den Männern zur Spitze vorzustoßen.
Um neben Football, Basketball, Eishockey und Baseball bestehen zu können, bedürfte es schon eines gewaltigen sportkulturellen Umbruchs in den Staaten.
November 14, 2017

Peter Adam said:

103
...
Das wird ein harter Brocken.
November 18, 2017

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