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TR-Interview mit Nationalcoach Potgieter: "Niemand wird so einfach in die Mannschaft spazieren!"
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 7. November 2017

Nationalcoach Kobus Potgieter blickt optimistisch auf die November-Serie. Foto (c) Seufert-Chang
Nationalcoach Kobus Potgieter blickt optimistisch auf die November-Serie. Foto (c) Seufert-Chang

Seit sechs Monaten hat die DRV XV nicht mehr gemeinsam auf dem Feld gestanden. Doch nun ist der November gekommen und damit auch wieder die Zeit für Rugby-Länderspiele. Samstag tritt unsere Nationalmannschaft in Leipzig gegen den alten Bekannten Brasilien an (Live im Sport 1 Stream zu sehen). Für den zweiten Teil der WM-Quali im Februar/März werden die kommenden drei Spiele ungemein wichtig. Wir haben uns mit DRV-XV-Coach Kobus Potgieter über die anstehenden Aufgaben unterhalten.

TotalRugby: Hallo Kobus, Danke erst einmal dafür, dass du dir in der pickepackevollen Spielwoche die Zeit für das Interview genommen hast. Samstag ist es nach langer Pause endlich wieder soweit und die deutsche Fünfzehner-Nationalmannschaft tritt in Leipzig gegen Brasilien an. Wie laufen die nächsten Tage mit dem Team ab?

Kobus Potgieter: Kein Problem, gerne. Seit Sonntag sind wir vollzählig und gestern hatten wir die ersten beiden Trainingseinheiten auf dem Platz. Heute folgen zwei weitere, morgen haben die Spieler Zeit sich ein wenig zu erholen, bevor Donnerstag ebenso zwei Feld-Einheiten auf dem Plan stehen. Freitag früh fahren wir dann mit dem Bus nach Leipzig und haben noch den Captain’s Run vor Ort. Die Vorfreude steigt so langsam aber sicher.

TR: Am Samstag findet das erste Spiel seit dem dramatischen 30:29 Sieg gegen Kenia in Nairobi sein. Es ist mittlerweile ein gutes halbes Jahr her, aber ein guter Teil der Mannschaft hat unter dem HRK-Banner in den letzten Wochen im Europapokal gespielt, wo steht das Team gerade?

KB: Das Spiel in Kenia ist natürlich schon eine ganze Weile her. Aber die positiven Erinnerungen helfen natürlich. Die in Deutschland basierten Spieler trainieren bereits seit Juli zusammen. In der Zeit haben wir viel Zeit in die gemeinsame Arbeit investiert - die Jungs sind stärker und schneller geworden. Da hat uns das Wild-Titans-Projekt natürlich immens geholfen in Sachen gemeinsamer Trainingszeit.

Die Spiele im Europacup waren wichtig, Spielpraxis auf hohem Niveau zu erhalten, das ist unbezahlbar, auch wenn das letzte Spiel in Batumi nicht so gelaufen ist, wie wir uns das vorgestellt hatten.

TR: Wie sieht es mit dem Kader aus für das Spiel gegen Brasilien an diesem Wochenende in Leipzig aus?

KB: Wir werden einen sehr starken Kader haben, so viel steht fest - die endgültige Entscheidung, wer in den 23er-Kader kommt ist natürlich noch nicht gefallen. Verbinder Hagen Schulte wird für das Spiel in Leipzig definitiv noch keine Option sein, er hatte eine muskuläre Verletzung. Ebenso werden Chris Hilsenbeck, Harris Aounallah und Mika Tyumenev, die allesamt in Frankreich spielen, erst am kommenden Wochenende verfügbar sein. Natürlich hätten wir gerne immer alle Spieler zur Verfügung, aber wir müssen auch eine gute Beziehung mit den Profi-Klubs in Frankreich wahren.

TR: In der November-Serie im Vorjahr habt ihr bereits zwei Mal gegen die Brasilianer gespielt. Angesichts der beiden Siege mit 16:6 und 36:14 und der Tatsache, dass wir sechs Plätze über den Brasilianern in der Weltrangliste stehen, sollten wir Favorit sein. Geht es dem Team-Management in erster Linie ums gewinnen, oder darum neue Spieler und Kombinationen auszuprobieren? Inwiefern habt ihr das Spiel gegen den Top-Gegner USA schon im Hinterkopf?

KB: Die USA sind noch überhaupt kein Thema, der Fokus liegt 100% auf Brasilien. Wir wollen weiter an unserer Defensive arbeiten, da müssen wir uns verbessern. Außerdem war die Gasse ein wichtiges Thema, wo wir ein paar Veränderungen vorgenommen haben. Samstag müssen wir 80 Minuten ordentliches Rugby abliefern. Mittlerweile haben wir gegen Brasilien seit 2015 vier Mal gespielt - die Jungs sind harte Gegner und verbessern sich auch. Sie konnten beispielsweise selbst die Amerikaner schlagen. Den Fehler sie zu unterschätzen, dürfen wir auf keinen Fall machen! Sie werden uns unter Druck setzen und wenn die Konzentration nicht bei 100% ist, werden wir massive Probleme bekommen.

 

 

 

Die November-Serie des Vorjahres startete mit einem Überraschungssieg gegen Uruguay



TR: Mit Raynor Parkinson und Sean Armstrong waren zuletzt zwei ganz wichtige Säulen der Mannschaft verletzt, Jaco Otto wiederum musste sechs Mal aussetzen. Könnte das zu einem Problem werden?

KB: Wir sind sehr gut vorbereitet, Ray und Sean sind wieder fit und Hagen Schulte wird sehr bald wieder eingreifen können. Mit Jamie Murphy, Tim Menzel und Mathieu Dacau haben wir noch weitere Verstärkungen auf der Dreiviertelreihe dazubekommen. Dazu noch weitere wichtige Spieler im Sturm, wie Eric Marks. Der Konkurrenzkampf um die Positionen ist groß, niemand wird so einfach in die Mannschaft spazieren. Auf fast allen Positionen gibt es einen harten Positionskampf.

TR: Auf fast allen Positionen? Wo fehlt uns denn momentan noch Tiefe?

Ein paar Spieler können wir im November nicht einsetzen, da sie nicht freigegeben wurden und natürlich gibt es auch wieder Verletzungen, mit denen wir klarkommen müssen. Für das Spiel in Leipzig beispielsweise fehlen uns Julius Nostadt, Mika Tyumenev und Damien Tussac - das ist eine ganze erste Reihe und zwar eine verdammt gute! Immerhin werden wir Julius und Mika nächste Woche wieder dabei haben. Es rücken talentierte Spieler nach, aber auf internationalem Niveau zu spielen ist noch Mal eine andere Sache.

TR: Mit Matthias Schösser und Adam Preocanin kommen auch ein paar erfahrene Jungs nach längerer Abstinenz zurück ins Team. Was erhoffst du dir von ihnen?

KB: Als wir beispielsweise gehört haben, dass Matthias Schösser aus Neuseeland (Schösser ist wie Hagen Schulte Deutsch-Neuseeländer) nach Schottland gegangen ist und damit wieder verfügbar ist, haben wir ihn eingeladen. Wir hatten die ganze Zeit über Kontakt mit ihm und er bringt uns mehr Tiefe in der ersten Sturmreihe. Wir werden sehen wie schnell er sich an unser System gewöhnen kann.

Adam hat schon in der Premiership in England gespielt, aber da weigern sich die Klubs ihre Spieler abzugeben, gerade an vermeintlich kleinere Mannschaften. Jetzt spielt er in der National One und ist für uns verfügbar. Die Erfahrung aus mehreren Profi-Saisons bei Saracens und London Scottish kann er sicher mitbringen. Er ist in der zweiten Sturmreihe daheim und da schadet uns die Tiefe nicht. Sie werden sich aber beide einen Platz im Team erarbeiten müssen.

TR: Diesen November stehen also wieder drei Spiele in drei Wochen an. Wie wichtig ist diese Serie für die Entwicklung der Mannschaft und für die HRK-Spieler, die bereits die Europacupspiele in den Knoche, könnte die Belastung für diese zu viel sein?

KB: Das ist erst unsere zweite richtige November-Länderspielserie. Im Vorjahr haben wir gesehen, wie wichtig diese war, um als Mannschaft zu wachsen. Alle Jungs drei Wochen beieinander zu haben, das uns im Trainerteam wirklich ungemein. Das bringt uns einen Schritt näher dahin, wo wir als Mannschaft hinwollen.

Klar sind die Pausen zwischen den Spielen sehr kurz, aber das wird im Frühjahr in der EM nicht anders sein. Unsere Jungs gewöhnen sich dran und die in Deutschland basierten Spieler haben seit dem Sommer verdammt viel im Training investiert. Die Umfänge waren riesig und wir haben das erst in den letzten Wochen ein wenig reduziert um die Spieler bei den wichtigen Spielen frisch zu halten.

Aber nur so gewöhnen sich die jungen Spieler daran. Auch von der mentalen Seite her, das ist kein Kinderspiel immer bei 100% im Training und Spiel zu sein. Die Jungs freuen sich aber Samstag endlich wieder auf dem Rasen zu stehen als eine Mannschaft.

TR: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast Kobus. Wir wünschen, und damit sprechen wir sicher für die gesamte Rugby-Community, viel Erfolg am Samstag und über den ganzen November.

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