TR-Vorschau: Showdown in Johannesburg, gelingt den Lions der erste Super Rugby Titel überhaupt?
Geschrieben von TotalRugby Team
Freitag, 4. August 2017
Werden die Lions auch gegen die Crusaders wieder abheben?
Erstmals findet in der 22-jährigen Geschichte des Super Rugby ein Finale im geschichtsträchtigen Ellis Park Stadion von Johannesburg statt. An dem mythischen Ort, wo einst Nelson Mandela dem Sprinbgok-Kapitän François Pienaar den Webb-Ellis-Cup übergab, können sich morgen die Lions gegen den Rekordmeister Crusaders ihren ersten Super-Rugby-Titel erkämpfen.
Noch im Jahr 2013 hatten die Lions ein Jahr lang im Super Rugby aussetzen müssen. Der südafrikanische Verband SARU hatte das Team aus der größten Stadt des Landes freiwillig zurückgezogen. Chronisch erfolglos und mit den wenigsten Zuschauern im größten Rugby-Stadion des Landes, wurden die Lions ein Jahr lang durch die Kings aus Port Elizabeth ersetzt. Erst am Ende der für die Kings extrem schwach verlaufenen Saison brachte ein Relegationsduell die Lions wieder zurück in die Elite-Klasse des Südhemishpären-Rugby.
Johann Ackermann hatte die scheinbar hoffnungslosen Lions als Coach übernommen - und innerhalb von nur vier Jahren brachte der ehemalige Zweite-Reihe-Stürmer der Springboks die Johannesburger aus der Versenkung bis an die Spitze des Super Rugby. Das bemerkenswerte dabei ist: Der ehemalige 120-kg-Brecher setzte spieltaktisch auf das Skalpell und nicht etwa auf die Axt. Entgegen der vorherrschenden südafrikanischen Spielweise, die am besten durch die nur 50km entfernt beheimateten Blue Bulls aus Pretoria verkörpert wird, glänzten die Löwen durch ihren spekakulär-offensiven Spielstil.
Angeführt von der Spielmacher-Achse aus Gedrängehalb Faf de Klerk und Verbinder Elton Jantjies wirbelten die Lions Super Rugby in den vergangenen beiden Spielzeiten ordentlich durcheinander. Dabei war Neuner de Klerk vor nicht allzu langer Zeit noch von den benachbarten Bulls mit seinen 1,72 sprichwörtlich als zu leicht befunden worden und zu den zweitklassigen Pumas abgeschoben worden. Ähnlich erging es Jantjies, der sich bei den Stormers in Kapstadt nie so richtig durchsetzen konnte und erst über den Umweg japanische Top League zu seiner mittlerweile herausragenden Position bei den Lions kam. Bei den Juni-Länderspielen spielte allerdings Lions-Ersatz-Neuner Ross Cronje zusammen mit Jantjies von Beginn an für die Boks in der Testserie gegen Frankreich.
Morgen wird Cronje ebenso starten, doch der gerade erst wiedergenesene de Klerk dürfte von der Bank ordentlich Dampf in der Schlussphase machen. Mit einer Punktedifferenz von +322 nach 15 Spielen - also deutlich mehr als 21 Punkten Vorsprung im Schnitt bei nur einer einzigen Niederlage auswärts in Buenos Aires gegen die Pumas - waren die Lions das mit Abstand dominanteste Team der regulären Saison. Doch das kuriose und nach dieser Saison der Vergangenheit angehörende Konferenz-System sah vor, dass die Lions bis zu den Playoffs nicht auf ein einziges neuseeländisches Team treffen würden. Viele Experten nahmen die Siegesserie der Lions nicht gänzlich ernst - denn die Division des Weltmeisters gilt ohne Zweifel als die beste im gesamten Wettbewerb - verdeutlicht beispielsweise durch die Tatsache, dass neuseeländische Teams alle 26 direkten Duelle gegen australische Konkurrenten gewinnen konnten.
Lions Spielwitz vs. Crusaders Sturmspiel
In dieser knüppelharten Konferenz setzten sich die Crusaders am Ende deutlich vor den Hurricanes durch. Nach drei hauchdünnen Siegen mit drei Punkten oder weniger, zum Auftakt daheim gegen die Brumbies, im Südinsel-Derby Neuseelands gegen die Highlanders und bei den Reds, kamen die Saders um All-Blacks-Kapitän Kieran Read richtig ins Rollen. Erst im letzten Spiel der regulären Saison sollten die Crusaders ihr erstes Spiel verlieren. Bei den ebenso stark aufspielenden Hurricanes setzte es vor vollem Haus in Wellington eine 22:31 Niederlage. Damit verloren die Männer aus Christchurch ihr garantiertes Heimfinalrecht. Im Viertel- und Halbfinale konnte dann kurzer Prozess mit den neuseeländischen Rivalen Highlanders und Chiefs gemacht werden, wobei den Highlanders erstmals kein einziger Punkt gegen die Crusaders gelang.
Doch morgen müssen die Crusaders aufgrund ihres Ausrutschers gegen die Canes mit der Zeitumstellung von zehn Stunden sowie den ungewohnten Bedingungen im 1.600 Meter hoch gelegenen Johannesburg klarkommen. Die mit sechs Titeln historisch gesehen erfolgreichste Mannschaft im Super Rugby lechzt seit einer Weile nach dem siebten. Denn der letzte Triumph ist mittlerweile neun Jahre her - damals noch mit Richie McCaw und Dan Carter als Schlüsselspieler. In der Zwischenzeit hatten erst die Chiefs und später die Hurricanes den Crusaders in Neuseeland den Rang abgelaufen.
Mit Richie Mo’unga haben die Saders zwar vielleicht nicht den profiliertesten Verbinder des Wettbewerbs auf dem Feld, können aber auf die beste erste Reihe des Wettbewerbs zählen. Mit Joe Moody, Wyatt Crockett und vor allem Owen Franks dominieren die Männer aus Christchurch die Standard-Situationen wie kein anderes neuseeländisches Team. Insgesamt ähnelt der Spielstil der Crusaders mit ihren kraftvollen Paketen und Gedrängen eher dem, was man von einem südafrikanischen Team erwarten würde. Indes spielen die Lions offensiv und schnell, sind aber mit ihrem Achter und Springboks-Kapitän Warren Whiteley und dem sensationellen Hakler Malcom Marx auch im harten Stürmerspiel nicht zu unterschätzen.
Ex-All-Blacks-Kapitän Sean Fitzpatrick in seiner Funktion als Experte im neuseeländischen TV jedenfalls schiebt den Lions für das morgige Duell die Favoriten-Rolle zu. Im Halbfinale gegen die Hurricanes, welche noch vor wenigen Wochen die Crusaders schlagen konnten, gelang es den Lions einen 3:21 Rückstand in einen emphatischen 44:29 Sieg verwandeln. Morgen werden 63.000 fanatische Anhänger im ausverkauften Ellis Park ihre Lions nach vorne schreien. Die Tatsache, dass mit Jaco Peyper ein Südafrikaner pfeifen wird, sollte nicht zu einem Problem werden. Dies wird das meist-antizipierte Super-RugbyFinale in einer ganzen Weile werden. Hoffen wir, dass es rein sportlich entschieden wird.
Im Halbfinale überzeugten die Lions mit einem emphatischen Comeback