Als Leichtathlet über das Perspektivteam zum frühen Debüt in der DRV VII. Joshua Tasche hat den Weg auf das höchste europäische Niveau schnell gemacht, muss aber in vielen Bereichen noch zulegen. Foto (c) Perlich
Mit dem Grand-Prix-Series Turnier in Exeter endete für die deutsche Siebener-Nationalmannschaft eine lange und extrem anstrengende Saison, die im vergangenen Spätherbst mit der Teilnahme bei den Dubai Sevens begonnen hatte. An der Qualifikation für die Sevens World Series scheiterten unsere Siebener-Jungs in Hongkong ein weiteres Mal denkbar knapp. Doch durch eine ordentliche EM-Saison, in der das Ticket für das World Series Quali-Turnier in Hongkong gelöst und der Verbleib unter den Top sechs Nationen Europas gesichert werden konnte, ist man im Team-Management zufrieden mit dem Abschneiden. Immerhin zwei der drei Saisonziele wurden erreicht und das unter nicht immer einfachen Voraussetzungen.
Im Verlauf der strapaziösen Saison, deren absoluter Höhepunkt mit den Hongkong Sevens bereits mehr als drei Monate zurückliegt, hatte sich das Gesicht unserer Siebener-Nationalmannschaft merklich verändert. Vom Zwölfer-Kader beim Saisonhöhepunkt in der asiatischen Metropole, der aktuell dem absoluten Optimum ziemlich nahe kommen dürfte, stand die Hälfte der Spieler in Exeter verletzungsbedingt nicht mehr zur Verfügung. In Sebastian Fromm, Max Calitz, Phil Sczcesny und Tim Biniak fehlten zum Saisonende hin gleich vier Spieler, die in Deutschland derzeit noch nicht gleichwertig zu ersetzen sind.
Wenn man dazu noch die seit Monaten hinter den Kulissen schwelenden Krise um die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Hauptsponsor nimmt - die im Eklat beim DRT in Hannover kulminierte - und sich bereits zuvor im Rücktritt der erst vor dieser Saison für das Siebener-Programm gewonnenen Jaco Otto, Jarrid Els, Raynor Parkinson, Marcel Coetzee, Sebastian Ferreira und Harris Aounallah aus dem Siebener-Programm darstellte, kann man mit dem Erreichen von zwei der drei Saisonziele zufrieden sein.
Denn zum Einen haben auch einige unserer Siebener-Spieler direkt und persönlich von der Förderung der Wild Rugby Akademie profitiert. Die Unsicherheit hat sicherlich keinem der betroffenen Akteure bei der Konzentration auf das Sportliche geholfen. Insgesamt hat indes die gesamte Mannschaft profitiert, da viele Vorbereitungsturniere durch die generöse Förderung von Dr. Hans-Peter Wild finanziert wurde. Und zum Anderen war der Qualifikationsmodus zur Siebener-WM in San Francisco im kommenden Jahr - dem einzigen verfehlten Saisonziel - denkbar ungünstig für die europäischen Aspiranten. Am Ende werden unter den 24 Teilnehmern bei der Siebener-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr zahlreiche Mannschaften sein, die vom Leistungsniveau her deutlich unter unserer DRV VII anzusiedeln sind.
Des einen Leid ist des Anderen Chance
Doch wie es Nationaltrainer Chad Shepherd mit Blick auf die Verletztenmisere bereits im Vorfeld zum abschließenden EM-Turnier in Exeter betonte. Des einen Pech ist des anderen Chance. Die beiden prominenten Quereinsteiger im Kader - die Ex-Leichtathleten Schreieck und Tasche - kamen so früh zu prominenteren Rollen im Verlauf der abgelaufenen EM-Saison. Natürlich sind beide keine fertig ausgebildeten Rugby-Spieler, wie sie vom englischen Schul-Rugby und dem Profi-Akademie-System des Mutterlandes produziert werden. Doch beide konnte andeuten, dass sie zurecht auf diesem Niveau mitspielen, ihren besser geförderten Gegenspiele beispielsweise aus England durchaus ein Schnippchen schlagen können und dass von ihnen in Zukunft noch einiges zu erwarten sein dürfte.
Der Perspektiv-Kader, der seit seiner Schaffung vor gut zwei Jahren mehr und mehr Talente hervorbringt, beginnt sich langsam aber sicher auch in der Spitze auszuzahlen. Dabei profitiert nicht nur die DRV VII davon - denn zahlreiche Spieler, die heute oder in naher Zukunft knapp an der Nominierung für die DRV-Auswahl scheitern, werden über früh oder lang ihre Talente bei einem der mittlerweile 150 Rugby-Vereine in Deutschland einsetzen können. Ob als Spieler oder Trainer spielt dabei eine untergeordnete Rolle, je mehr Spieler Erfahrung auf Auswahlniveau sammeln, desto besser für das deutsche Rugby.
Außerdem würde eine breitere Spielerbasis, die seit Jahren ganz oben auf der Agenda steht, die Team-Leitung in die Lage versetzen, die Spiellast auf mehr Schultern zu verteilen. Das dürfte im Gegenzug Abhilfe bei der Verletztenmisere schaffen, zumal das Training der deutschen Mannschaft als sehr hart gilt. Als beispielsweise Ex-England Kapitän Rob Vickerman beispielsweise vor den Hongkong Sevens mehrmals das deutsche Training besuchte, zeigte er sich überrascht wie hart die deutschen Jungs im Training rangenommen werden.
Zu den Newcomern im Team kam mit Jonathan Dawes im Laufe der Saison ein fertig ausgebildeter Spieler aus dem Mutterland des Rugby, der durch über seine deutsche Mutter für die DRV VII spielberechtigt ist, zum Kader hinzu. Sollte der deutschen Siebener-Mannschaft im kommenden Jahr tatsächlich der Aufstieg in die World Series gelingen, kommen zehn weitere Turniere in den sowieso schon engen Terminkalender. Mit Ausnahme der Russen gelingt es keinem Nationalteam diese Strapazen mit weniger als 25 Spielern zu bestreiten.
Dass künftig gleich zehn Kaderspieler bei der Bundeswehr als Sportsoldaten angestellt sein werden - darunter auch Nachwuchstalente, die heute noch kein Thema für die erste Mannschaft sind - wird sich mittelfristig mit Blick auf die Kaderstärke auszahlen. Denn um auf diesem Niveau mitspielen zu können, bedarf es jahrelangen intensiven Trainings und möglichst wenig Ablenkung durch die Erwerbstätigkeit.
Doch ebenso wird ein effizientes Management der in Deutschland vorhandenen Spieler-Ressourcen auch eine Absprache zwischen dem Team-Management der Fünfzehner- und Siebener-Nationalmannschaft beinhalten müssen. Diese Problematik ist eine der Knackpunkte bei den momentan laufenden Verhandlungen zwischen der Wild Akademie und den DRV-Verantwortlichen. Wie eine solche Einigung am Ende aussehen sollte, werden die Verantwortlichen auf beiden Seiten entscheiden müssen. Für den deutschen Rugby-Sport bleibt zu hoffen, dass es zu einer Einigung kommen wird, die für beide Nationalmannschaften eine Verbesserung zum Status Quo bedeutet.
Drei Wochen Pause - dann beginnt die Vorbereitung auf die Oktoberfest 7s
Mit Blick auf die kommende Saison steht für unsere Siebener-Jungs nach einem dreiwöchigen Urlaub in gut zehn Wochen das absolute Highlight der vergangenen Jahre auf dem Programm. Die Oktoberfest 7s in München versprechen mit ihrem hochklassigen Teilnehmerfeld nicht nur für Rugby-Fans in Deutschland eine riesige Sache zu werden: Seit Monaten ist das Turnier im Olympiastadion zur Wiesn-Zeit auch bei unseren Siebener-Jungs das absolut dominierende Thema. Mit Südafrika kommt immerhin der amtierende World-Series-Sieger in die bayerische Landeshauptstadt. Welch bessere Vorbereitung könnte es für die DRV VII auf Hongkong 2017 und eine mögliche World-Series-Teilnahme geben? Bis zum Turnier in München werden mit der Ausnahme von Tim Biniak auch alle Lanzeitverletzten wieder zur Verfügung stehen.
Der deutschen Mannschaft ist zu wünschen, dass sich so viele Rugby-Enthusiasten wie möglich auf den Weg nach München machen werden. Die Jungs betonen immer wieder wie sehr sie der Support über Social Media nach vorne treibt. Es ist auch nicht selbstverständlich wenn ein paar hundert deutsche Fans die Mannschaft in Hongkong nach vorne treiben. Aber in München werden es tausende sein und noch deutlich mehr vor dem Bildschirm. Auch in der deutschen Öffentlichkeit wird dieses Turnier unseren Sport auf eine andere Ebene hieven. Umso wichtiger ist es für die deutschen Rugby-Fans bereits im Auftaktjahr die Ränge zu füllen.
Der Teamgeist in der DRV VII stimmt - trotz aller Ablenkungen und Querelen
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