Als DRV-Präsident wiedergewählt: Klaus Blank.
Eklat in Hannover: Im vollbesetzten Sitzungssaal des Haus des Sports gab es laute Wortgefechte, eine unerwartete Kampfkandidatur um das Präsidentenamt und einige wichtige Beschlüsse, die im Chaos um die DRV-WRA-Kooperation wohl untergehen dürften.
Zahlreiche Vereinsvertreter aus der gesamten Bundesrepublik waren zum alljährlichen Treffen nach Hannover gereist. Doch nur wenige von ihnen dürften mit dem gerechnet haben, was sie auf diesem denkwürdigen Deutschen Rugby-Tag erleben würden. Nach den üblichen Eingangsformalitäten folgten die Rechenschaftsberichte der Präsidiumsmitglieder. Als Präsident Klaus Blank seinen im Vorfeld bereits schriftlich vorgelegten Bericht mündlich weiter erörterte, brachte Blank auch die anstehende Vertragsverlängerung mit der WRA nur kurz zur Sprache. Zu den laufenden Unterredungen wolle man sich in großer Runde nicht en Detail äußern, zumal in der Vergangenheit bereits Sponsoren-Deals an zu vielen Mitwissern gescheitert seien. Wortmeldungen gab es zu diesem Zeitpunkt bezüglich der WRA-Vertragssituation nicht, doch die diesbezügliche Auseinandersetzung sollte noch in aller Heftigkeit folgen.
Nachdem die Rechenschaftsberichte, wie üblich ohne großes Aufsehen abgenickt und das Präsidium erwartungsgemäß ohne Gegenstimmen entlastet wurde, war es an der Zeit den Präsidenten des DRV zu wählen. War noch im Vorfeld des DRTs eine Bestätigung von Klaus Blank ohne Gegenkandidaten zu erwarten gewesen, hatte es in den letzten 24 Stunden vor dem DRT dramatische Entwicklungen gegeben. So schlug ein Vertreter des BSC Offenbach plötzlich und völlig unerwartet Ian Rawcliffe für das DRV-Präsidentenamt vor.
Unerwartete Kampfkandidatur von Ex-DRV-Präsident Ian Rawcliffe - Der in Hannover nicht zu gegen war
Dieser war jedoch nicht in Hannover zugegen und der Vertreter seines Offenbacher Stammvereines konnte ebenso keinerlei Details zu Rawcliffes überraschender Kandidatur bieten. Gerüchten zufolge befindet sich Rawcliffe, der bereits zwei Mal dem DRV als Präsident vorstand, gerade in Asien und konnte sich demnach nicht zu seiner Kandidatur äußern. Ein Großteil der Vereins- und Landesverbands-Vertreter auf dem DRT, darunter auch fast alle Bundesliga-Vereine, waren völlig überrascht von der plötzlichen Kandidatur.
Amtsinhaber Klaus Blank jedenfalls war in Hannover zu gegen erwähnte diverse Meilensteine seiner Präsidentschaft und begründete seine Kandidatur wie folgt: „Wir sind mit unseren Zielen weitergekommen, aber mit dem Weg noch lange nicht am Ende" so Blank, der betonte den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen zu wollen. Noch bevor es jedoch zu einer Abstimmung kommen konnte, beantragte der niedersächsische Rugby-Verband eine Beratungspause.
Nach besagter Pause äußerten die Vertreter der Landesverbände weiteren Rede- und Informationsbedarf, ob der Kampfkandidatur von Ex-Präsident Rawcliffe gegen seinen Nachfolger Blank, doch niemand konnte die im Raum stehenden Fragen ausräumen. Stattdessen meldete sich plötzlich der bis dahin still im Hintergrund sitzende DRV-XV-Stürmer Michael Poppmeier als „Vertreter der Nationalspieler“ zu Wort und forderte von Klaus Blank und dem DRV-Präsidium Klarheit in Sachen Vertragssituation WRA-DRV. Weiterhin äußerte der Deutsch-Südafrikaner seine Sorgen um die Zukunft der Nationalspieler.
Poppmeiers Wortbeitrag sollte der Auftakt zu 20 beispiellosen Minuten werden, die wohl in die Geschichte des Deutschen Rugby-Verbandes eingehen werden. Klaus Blanks Replik, in der er Verständnis für die Sorgen äußerte und sonst auf die laufenden und geheimen Verhandlungen hinwies, die er jedoch öffentlich so nicht besprechen könne, genügten Poppmeier nicht. Nun bat er den am anderen Ende der letzten Reihe sitzenden WRA-Geschäftsführer Robert Mohr um eine Klarstellung seinerseits.
Doch dem Präsidium in Form von Sitzungsleiter Mahmud Maratchi wurde es nun zu bunt. Der richtige Zeitpunkt diese Frage zu erörtern wäre beim Bericht von Klaus Blank gewesen, nicht vor der Abstimmung zum Präsidenten. Doch bevor es zur Abstimmung per Akklamation kommen konnte, beantragte ein weiterer Ex-DRV-Präsident, Claus-Peter Bach verständlicherweise eine geheime Abstimmung.
Doch zu dieser konnte es gar nicht erst kommen, da sich bis der dahin ebenso wortlos neben Kobus Potgieter und Michael Poppmeier sitzende Jonas Braus laut zu Wort meldete. Sinngemäß prognostizierte Braus das Ende des deutschen Rugby, sollte dieses Präsidium in der jetzigen Besetzung wiedergewählt werden. Sollte ihnen der Name Braus kein Begriff sein, ergeht es Ihnen, wie dem Großteil der Vereins-Vertreter auf dem DRT.
Eklat und laute Wortgefechte - Denkwürdige 20 Minuten beim DRT
Auf wiederholte Nachfragen von verschiedener Seite aus dem Plenum, wer er denn nun sei und wen er vertrete, beschrieb sich der immer lauter werdende Braus als Ex-Juniorennationalspieler. Der Lärm-Pegel im Saal stieg nun Minute für Minute an und als aus dem Kanon der Vorwurf laut wurde, dass Herr Braus als WRA-Vertreter vor Ort sei, räumte dieser ein, die WRA lediglich zu vertreten. Unter anderem berate er die WRA in in Sponsoring-Angelegenheiten und in dieser Funktion könne er garantieren, dass dem Verband ein großer Deal, den er geebnet habe, unter Garantie verloren ginge, sollte Klaus Blank in seinem Amt bestätigt werden. Weiterhin warf Braus dem gesamten Vorstand vor die Anwesenden hinters Licht zu führen.
Die Unruhe im Saal war nun greifbar und mehrere Wortmeldung sprachen von „Erpressung“ sowie einer „feindlichen Übernahme“, die gerade im Gang sei. Braus wiederum redete sich geradewegs in Rage und ihm wurde vom Podium aus erneut das Rederecht entzogen. Als dann noch Nationaltrainer Kobus Potgieter, ebenso relativ aufgebracht, seine Besorgnis um die aktuelle Situation vor den versammelten Vertretern des deutschen Rugbys äußerte, war der Eklat perfekt.
Nun meldete sich auch WRA-Chef Robert Mohr selbst zu Wort. Zuerst dementierte er jegliche Verbindung der Wild-Rugby-Akademie zur Kandidatur Rawcliffes. Dann beschrieb er die Vertragssituation und die Tatsache, dass die WRA-Förderung des deutschen Rugbys zum 31.8. wohl endgültig auslaufen werde. Seit einem letzten Schreiben vom 2. Juni habe man seitens der Akademie nichts mehr vom Präsidium gehört. Weiterhin betonte Mohr, dass man in den vergangenen zwei Jahren riesige Anstrengungen unternommen habe, um die Nationalmannschaften auf den jetzigen Leistungsstand zu bringen. Woraufhin der Vertreter von Germania List Mohr fragte „warum die Herren Otto und Parkinson denn für den HRK im Bundesliga-Halbfinale und nicht bei der Grand Prix Series spielten, während er seine Spieler abstellen müsse.“
Klaus Blank: "Wir sind für den Ernstfall vorbereitet"
Der bis dahin in Sachen WRA-Vertrag schweigsame Präsident Blank sah sich nun auch gezwungen seine Haltung über Bord zu werfen. Er bestätigte die Existenz des WRA-Schreiben, beschrieb dies aber als „Kündigungsschreiben“, in dem unter anderem die Beendigung der Förderung jeglicher Siebener-Maßnahmen in Aussicht gestellt wurde. Weiterhin ginge es bei den Verhandlungen auch um den Alleinvertretungsanspruch der WRA in Sachen Vermarktung der Nationalmannschaften die so aus Verbandssicht nur schwer hinnehmbar sei. Entgegen der Aussage von Mohr beschrieb Blank, dass auch in den letzten Tagen die Gespräche weitergeführt worden seien und das man gar nicht Mal weit von einer Einigung entfernt gewesen sei.
Zugleich versicherte Blank die anwesenden Vertreter aber auch, dass man für den Ernstfall, also einer Beendigung der Zusammenarbeit von WRA und DRV, vorbereitet sei. Abstriche gerade im Fünfzehner-Programm seien jedoch kaum zu vermeiden. Sportdirektor Manuel Wilhelm betonte gegenüber dem Plenum auch erneut, wie wichtig das Siebener-Programm für den Verband sei. Denn jegliche öffentliche Förderung, die sich mittlerweile auf einen siebenstelligen jährlichen Betrag belaufe, hinge von der olympischen Form unseres Sports ab.
In der folgenden Abstimmung konnte sich Amtsinhaber Klaus Blank am Ende deutlich mit 393:57 Stimmen gegen Ian Rawcliffe, dessen Kandidatur bis zum Ende wenig Beobachtern einleuchtete, durchsetzen. Klaus Blank wird also weiter die Geschicke des DRVs federführend leiten.
Viele Fragen bleiben dennoch nach einem ereignisreichen und denkwürdigen DRT offen: Können sich DRV und WRA doch noch in letzter Minute auf eine Fortführung der Zusammenarbeit einigen? Wie würde sich ein Ende des Engagements von Dr. Wild auf das deutsche Rugby auswirken? Was wird aus den „Profi-Spielern“ mit WRA-Vertrag sollte es tatsächlich zu einem Bruch kommen? Wer Die nächsten Wochen werden für das deutsche Rugby zweifelsohne spannend. Wir bleiben am Ball und werden euch über alles informieren.
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