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Die Lions vor dem entscheidenden Spiel 2: Ist mit besserer Chancenverwertung der Sieg drin?
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Dienstag, 27. Juni 2017

Wie können die Lions am Samstag diese All Blacks um Kapitän Kieran Reid überhaupt schlagen? Foto (c) NZRU Instagram
Wie können die Lions am Samstag diese All Blacks um Kapitän Kieran Reid überhaupt schlagen? Foto (c) NZRU Instagram

Am späten Samstagabend war in Neuseelands Metropole Auckland bei den europäischen Gästen von den britischen Inseln Wunden lecken angesagt. Der überragende Favorit Neuseeland hatte sich erwartungsgemäß mit 30:15 gegen die British&Irish Lions durchgesetzt. Doch entgegen vieler Prognosen konnte die zusammengewürfelte Auswahlmannschaft mit den besten Spielern Irlands, Wales, Englands und Schottlands spielerisch mit dem besten Team der Welt mithalten - Den Lions gelangen ähnlich viele Durchbrüche (7-11), sie hatten eine höhere Erfolgsquote bei den Tackles (87%-81%) und konnte das Spielgeschehen zu immerhin 42% in der All Blacks Hälfte halten. Selbst die Iren hatten bei ihrem Erfolg gegen die All Blacks letzten November in Chicago keine derart guten Statistiken vorzuweisen. Doch die mangelnde Chancenverwertung und wenig Glück mit engen Schiedsrichter-Entscheidungen besiegelten das Schicksal der Touristen.

Ein früher Versuch der All Blacks, durch einen schnell angespielten Straftritt von Gedrängehalb Aaron Smith, bei dem das Leder blitzschnell auf die rechten Außenseite gespielt wurde, brachte den Gastgeber gegen überrumpelte Gäste in Front. Dabei schien der letzte Pass auf Hakler Codie Taylor tendenziell nach vorne zu gehen, doch genausowenig wie beim zweiten Neuseeland-Versuch, als Kieran Read vor seinem Offload einen Vorball zu produzieren schien, fiel die knappe Entscheidung von Schiri Peyper gegen die All Blacks aus. In der Zwischenzeit hatten die Lions einen überragenden 90-Meter-Versuch erzielt, der den Touristen plötzlich schier grenzenloses Selbstvertrauen zu verliehen schien. Über zwanzig Minuten hinweg waren die Lions tonangebend und konnten die Weltmeister-Mannschaft konstant unter Druck setzen. Allen voran das walisische Duo aus Schluss Liam Williams und Innen Jonathan Davies, die bereits die ganze Saison über für die Scarlets mit den Defensivreihen der Pro 12 Katz und Maus gespielt hatten, bewiesen, dass ihnen dies auch gegen die beste Mannschaft der Welt gelingen konnte. Mehre Durchbrüche und vielversprechenden Situationen gab es jeweils in den zehn Minuten vor und nach dem Pausenpfiff.


Lions verschwenderisch und die All Blacks gnadenlos bei eigenen Chancen

Doch der Wendepunkt kam, als die Lions aus ihren Durchbrüchen wiederholt kein Kapital in Form eines zweiten Versuches schlagen konnten. Erst wurde Conor Murray zwei Meter vor der Linie am Ende eines überragenden Konters durch ein Tap-Tackle von Aaron Smith gestoppt. Dann übersah der sonst stark aufspielenden Innen Ben Te’o, der sein Gegenüber Sonny Bill Williams ruhig stellen konnte, eine Überzahl. In einem vielversprechenden Angriff hätte er rechts neben sich auf Flanker O’Brien spielen müssen, der wiederum den undegedeckten Faletau zum Versuch hätte auflegen können. Doch Te’o versuchte sein Glück aus zehn Metern lieber selbst und rutschte zu allem Überfluss noch aus. Die danach folgende Fünf-Meter-Gasse für die Lions wurde zur einzigen verlorenen in der Partie, zahlreiche Chancen waren dahin.

Die All Blacks auf der anderen Seite zeigten sich gewohnt gnadenlos und Steve Hansens kontroverse Entscheidung, Star-Außen Savea für den noch sehr unerfahrenen Rieko Ioane zu opfern, sollte sich auszahlen. Der junge Ex-Siebener-Spieler Neuseelands zahlte das Vertrauen seines Coachs mit gleich zwei Versuchen zurück und bewies zugleich, dass er schneller ist als alles was die Lions zu bieten haben. So konnten die Gäste am Ende durch Ersatz-Gedrängehalb Rhys Webb lediglich noch Ergebnis-Kosmetik betreiben, da auch die Einwechslung von Schlüsselspielern wie Johnny Sexton und Maro Itoje keinen Umschwung mehr brachten. Gegen die All Blacks ist noch schwieriger als gegen jede andere Mannschaft der Welt ein Spiel zu drehen.

 


Wie können die Lions ihre Chancen auf einen Sieg verbessern?

Wie soll also der notwendige Sieg am Samstag in Neuseelands Hauptstadt Wellington errungen werden, ohne den die Serie bereits vor dem letzen Länderspiel zum Misserfolg würde? Den All Blacks schnelle Bälle aus den Rucks zu verwehren und mehr Bälle zu klauen - den All Blacks gelangen im ersten Spiel 10 Turnover, den Lions nur 5 - wäre extrem wichtig und mit Sam Warburton steht ein optimaler Kandidat dafür in den Startlöchern. Doch damit würde sich Lions-Coach Gatland ebenso seines besten Ballträgers im Sturm entledigen: Sean O’Brien hatte als Flanker die meisten Meter mit dem Leder unter dem Arm gemacht. Maro Itoje von Beginn an zu bringen wäre eine weitere Option. Der Zweite-Reihe-Stürmer Englands kann für gegnerische Teams in den Rucks zur absoluten Pest werden und die Tatsache, dass George Kruis heute Morgen im Hurricanes-Spiel zum Einsatz kam, könnte als Zeichen dahingehend gewertet werden, dass Itoje dieses Mal von Beginn an spielen wird. In eben jenem Spiel gegen die Super Rugby Mannschaft Hurricanes, das 31: 31 endete, konnte Tommy Seymour auf Außen mit zwei Versuchen überzeugen. Auch wenn beide Versuche vor allem aus perfekter Vorarbeit von Greig Laidlaw und später Iain Henderson resultierten, war doch das gute Support-Spiel des Schotten im letzten Spiel der Lions-Tour unter der Woche bemerkenswert. Ebenso könnte aber auch Leigh Halfpenny, der heute morgen unerwartet früh von der Bank aus zum Einsatz kam und für Samstag dennoch eine Option darstellt, zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zu Liam Williams wäre er eine weitaus konservativere Option, da er selten aus der eigenen Hälfte läuft, sondern sich auf seinen rechten Huf verlässt. Doch als Kicker sucht Halfpenny seines Gleichen.

Da die Lions sich aber im Paket nicht die gehoffte Überlegenheit erarbeiten konnten und bei den lediglich vier Gedrängen im ersten Spiel keines der Teams wirklich Oberwasser hatte, dürfte ein konservativer Gameplan für Gatland in Spiel zwei keine wirkliche Option sein. Also darf man vermuten, dass er sich mit Liam Williams auf Schluss nicht einer seiner besten Angriffs-Waffen entledigen wird, zumal er mit einem Aufschrei in der britischen Öffentlichkeit rechnen müsste. Genau diesen kassierte Gatland im Übrigen, da er einen Großteil der sechs kurzfristig von ihm nachnominierten Spieler, unter anderem Schottlands talentierten Spielmacher Finn Russel, gar nicht erst zum Einsatz kommen ließ. Da er seine Entscheidung zur Nachnominierung zum Teil auch damit begründet hatte, dass die schottischen und walisischen Spieler gerade in der Nähe seien - Schottland hatte gegen Australien, Wales gegen Tonga gespielt - wurde ihm die Entwertung des so heiligen Lions-Trikots vorgehalten. Diese Spieler dann nicht zum Einsatz kommen zu lassen und dadurch gleich mehrere etablierte Tour-Kräfte nur vier Tage vorm entscheidenden zweiten Spiel zu verbrennen, scheint mehr als fragwürdig. So spielte die gesamte erste Reihe der Lions am heutigen Morgen durch, was einen Einsatz von Joe Marler, Dan Cole und Rory Best am Samstag fast unmöglich erscheinen lässt. Währenddessen machte sich der als Ersatz eingeflogene Waliser Thomas Francis gleich zwei Mal warm, stand zu Einwechslung bereit, nur um dann doch nicht eingesetzt zu werden.

So oder so, die Aufgabe der Lions in Spiel zwei ist noch ein wenig schwieriger geworden, zumal auch die All Blacks im erst dritten Spiel der Saison sich eher noch steigern dürften. Eine deutlich bessere Chancenverwertung auf der einen Seite, aber auch die Angriffsmaschine der All Blacks in den Rucks und mit soliden Tackles auf der anderen Seite, dürften die wichtigsten Schlüssel sein, um die drei Spiele dauernde Testserie noch am Leben zu halten. Denn in der kommenden Woche steht das dritte Spiel in der Festung Eden Park an, wo es den zweiten „Blackwash“ in Folge hageln könnte. Also drei Niederlagen in den drei weltweit so stark beachteten Spiele gegen Neuseeland.

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