Die Berliner Buschallee war ordentlich gefüllt und das obwohl die Hausherren gar nicht auf dem Platz waren.
Was für ein Endspiel an der Berliner Buschallee. Vor knapp 1.500 zahlenden Zuschauern in der Heimstätte des RK 03 Berlin lieferten sich der Titelverteidiger TV Pforzheim und der Herausforderer Heidelberger Ruderklub ein packendes Endspiel. Unzählige Male wechselte die Führung zwischen beiden Teams und am Ende rettete der HRK mit einer heroischen Verteidigungsleistung die Führung über die Zeit, trotz eines späten Sturmlaufs der Pforzheimer Gäste. Damit ist der Ruderklub zum zehnten Mal deutscher Vereinsmeister im Fünfzehner-Rugby
Bei windigen aber trockenen Bedingungen kam der Heidelberger Herausforderer deutlich besser aus den Startblöcken. Als ein Pforzheimer Stürmer den Ankick bei windigen Bedingungen nicht unter Kontrolle halten konnte, war es Jaco Otto der das das Leder aufnahm und in seiner unnachahmlichen Weise an zwei Tacklern vorbei bis ins Malfeld der Pforzheimer stürmte. Noch vor dem ersten Ruck des Spiels stand es damit 7:0 für den Favoriten. Zu diesem Zeitpunkt hätte man als Sympathisant der Pforzheimer ein ähnlich deutliches Ergebnis befürchten können, wie in der Rückrunde zwischen beiden Teams.
Doch dem Titelverteidiger gelang postwendend die Antwort. Unter Vorteil spielend probierte Pforzheim-Gedrängehalb Oliver Paine von der 22 aus einen gewagten Boxkick in Richtung der Eckfahne. Der perfekt platzierte Kick war gerade so erlaufbar für TVP-Hakler Faimalo Magele. Ausgerechnet der 110-Kilogramm-schwere Hakler schwang sich grazil in die Luft und pflückte den Ball unter Druck von HRK-Außen Malazier aus der Luft und konnte zum Versuch ablegen. Der TV Pforzheim war mit einem Schlag zurück im Spiel und konnte direkt nachlegen. Matthew Bressons spielte mit einem spektakulären kurzen Pass Innen Luke Wakefield durch die Lücke. Der hatte dann nur noch Schluss Aounallah zu umkurven, was er mit Bravour schaffte.
Als Manasah Sita nach einem Durchbruch leichtfertig den Ball liegen ließ, statt zum fast sicheren Versuch einzulaufen, schwang das Momentum erneut um. Kurz danach kassierte Pforzheim an der Mittellinie einen unnötigen Straftritt im Ruck und mit dem Rückenwind konnte Verbinder Raynor Parkinson den Ball an die Fünf-Meter-Linie nageln. Von da gelang es dem HRK seine unglaubliche Stärke im Paket zu nutzen und sich über die Linie arbeiten. Bis zur Pause blieb das Spiel offen, mehrere Durchbrüche jedoch führten zu keinen Versuchen. Zwei Bressons-Straftritte und einer von Raynor Parkinson bedeuteten, dass es beim äußerst engen Spielstand von 18:15 in die Pause ging.
Die zweite Hälfte startete dann ähnlich stürmisch wie die erste. Ein Befreiungskick von Harris Aounallah wurde früh geblockt und unter Druck gab der Ruderklub dadurch einen Straftritt her. Diesen setzte Bressons zur Gasse. Auch wenn das Paket der Rhinos kurz vor der Linie vom HRK geblockt wurde, nach mehreren Pick-and-Go-Phasen war Pforzheim schließlich über der Linie. Wie so oft in dieser Partie blieb der TVP dann aber nicht lange am Drücker. Erst ließ sich Pforzheim vom HRK-Sturm über die eigene Linie drücken, wo der Sturm des Ruderklubs den Ball aber nicht zum Versuch ablegen konnte. Im zweiten Versuch gelang dem Herausforderer aber der wichtige Versuch.
Selbst von einer gelben Karte für Thore Schmidt, durch die Kapitän Kehoma Brenner temporär auf die ungewohnte Hakler-Position im Gedränge musste, ließ sich der Klub nicht von seinem Sturmlauf abbringen. In Unterzahl konnte Sean Armstrong den Ball am Gedränge auflesen und gleich zwei Verteidiger verdammt alt aussehen lassen. Damit hatten die Herausforderer die Führung zurückerobert. Als dann der HRK ein Paket fünfzehn Meter vor der Linie bis ins Malfeld schieben und damit auf 39:27 davonziehen konnte, roch es stark nach einer Vorentscheidung zu Gunsten des Klubs an der Buschallee.
Ein letztes Mal jedoch konnte der Titelverteidiger das Momentum noch an sich reißen und eine wahrliche Belagerung der HRK-Mallinie starten. Die letzten zehn Spielminuten verbrachte der Ruderklub damit, die eigene Linie mit dem Messer zwischen den Zähnen zu verteidigen. Dabei überschritt der Klub die Grenzen des Legalen wiederholt und kassierte einen Straftritt deshalb nach dem anderen. Aber erst beim fünften Vergehen zückte Schiedsrichter Maughan die überfällige gelbe Karte für Verbinder Raynor Parkinson, der allerdings nur das letzte Glied in einer langen Kette von Indiskretionen produzierte.
Als sich Pforzheim dann endlich den Weg über die Linie gewuchtet hatte, berührte Außen Sita dem Anschein nach die Auslinie hinter dem Mal, so dass der HRK glücklich mit einem 22 Dropout davon kam. Ironischerweise gelang dem Titelverteidiger nach zehn Minuten im wenig erfolgreichen Nahkampf an der Mallinie durch den direkten Konter der Anschlussversuch. Trent Winterstein brachte den langen Dropout unter Zuhilfenahme seiner unglaublichen schnellen Steps im HRK-Malfeld unter. Alles war angerichtet für ein Herzschlagfinale - Doch der letzte Ansturm der Pforzheimer Rhinos sollte ohne Erfolg bleiben. Beide Teams wurden mit dem fälligen Applaus vom Feld begleitet und die Freude der HRK-Spieler kannte keine Grenzen mehr.
Es bleibt festzuhalten: Dies war sowohl auf als auch neben dem Platz ein würdiges Finale um den wichtigsten Vereinstitel im deutschen Rugby. Beide Teams hatten den zahlreichen Fans ein packendes Finale geboten und mit sechs Versuchen auch Abstand von jeglichem konservativen Spielstil genommen. Pforzheim hatte, wie Rob May gegenüber TotalRugby erklärte, den Kampf im Sturm offen gestalten können. Dadurch hatte die starke Innen-Kombination um Trent Winterstein und Luke Wakefield sich Vorteile im Kampf ums Mittelfeld verschaffen können. Doch ein gewohnt starker Jaco Otto und Sean Armstrong auf Seiten des neuen Meisters waren für Pforzheim nur schwer unter Kontrolle zu bringen.
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