Zu selten gab es für Aachen ein Durchkommen durch die starke Defensiv-Reihe der NSU. Foto (c) Nikolai Timm
Zwei Aufstiegsduelle, zwei deutliche Siege. Mit der SG Odin/Döhren und der Neckarsulmer Sport Union kommen zwei selbstbewusste Aufsteiger ins Rugby-Oberhaus. Beide Teams konnten am Samstag den ersten von zwei Aufstiegs-Matchbällen verwandeln und finden sich in der höchsten deutschen Spielklasse wieder. Für Neckarsulm ist dies eine Premiere, die Hannoveraner hingegen sind Gründungsmitglied der Bundesliga und haben nun den Weg zurück ins Oberhaus geschafft.
Berlin Grizzlies 20 - 36 SG Odin/Döhren
Sie haben es tatsächlich geschafft. Mit der SG Odin/Döhren kehrt ein Gründungsmitglied der Rugby-Bundesliga (damals noch als S.V. Odin von 1905) in die höchste deutsche Spielklasse zurück. Im Aufstiegsfinale bei den Berliner Grizzlies zeigte die beste Nord-Mannschaft der zweiten Bundesliga der besten Ost-Mannschaft deutlich ihre Grenzen auf. Spielertrainer Rafael Pyrasch lobte gegenüber TotalRugby den „aufopferungsvollen Kampf“ seiner Jungs: „Wir sind auf dem Platz gestorben für den Sieg“ so der Nationalspieler zum Erfolg seiner Mannschaft.
Dabei hatte das Spiel mit Verspätung begonnen. Die Grizzlies hatten die am Spieltag aus dem 300 km entfernten Hannover angereisten Gäste darum gebeten, den Kickoff nach hinten zu verlegen. Als dann mehrere Grizzlies per Taxi mit ordentlich Verspätung zu ihrem Heimspiel eintrafen (vor Ort war aus informierter Quelle zu hören, dass sie auf direktem Wege vom Flughafen angereist waren), konnte es endlich losgehen. Die Hannoveraner Gäste konnten sich der Unterstützung zahlreicher mitgereister Anhänger sicher sein, die sich auch lautstark bemerkbar machten. So brachte den Hannoveranern das druckvolle Spiel vor allem über den dominierenden Sturm direkt Feldvorteile ein.
Insgesamt hatte die SG bei den Standardsituationen ein deutliches Übergewicht und konnte sich so immer wieder Feldvorteile verschaffen. Die offenen Gedränge waren ebenso heiß umkämpft, wobei der Kampf hier ausgeglichener war und Schiedsrichter Freyburg des Öfteren die Gemüter beruhigen musste. Wenn die Grizzlies gefährlich wurden, dann vor allem über ihre explosive Innen-Paarung und ihr schnelles Reihespiel. Die Ruck-Geschwindigkeit und die schnelle Passarbeit des Gedrängehalbs hielten das Tempo konstant hoch. Außerdem profitierten sie auch von etlichen Unachtsamkeiten der Gäste, als beispielsweise ein starkes Gedränge der Hannoveraner dazu führte, dass der Ball auf der eigenen Seite herausschoss - woraufhin der pfeilschnelle argentinische Gedrängehalb der Berliner nur noch seine Hand zum Versuch auflegen musste.
Defensiv zeigte sich die SG deutlich stabiler und konnte koordiniert Lücken immer wieder schließen bevor es gefährlich werden konnte. Über 80 Minuten verdiente sich die SG Odin/Döhren mit dem 36:20 damit den langersehnten Aufstieg. Spielertrainer Rafael Pyrasch zieht nach dem deutlichen Sieg dennoch auch den Hut vor den Grizzlies, die ein brutales Tempo gegangen seien. Mit Blick auf die kommende Bundesliga-Saison und angesprochen auf die magere Bilanz des letzten Nord-Aufsteigers Victoria Linden gibt sich der Gedrängehalb selbstbewusst: „Wir haben nicht vor viele Spiele zu verlieren in der Bundesliga.“ Gleichzeitig warnt der Hannoveraner, der bereits für die Siebener- und Fünfzehner-Nationalmannschaft aufgelaufen ist, den FC St. Pauli. Dieser habe im kommenden Relegationsspiel ein hartes Stück Arbeit vor sich, um die Klasse halten zu können.
Neckarsulmer SU 42 - 17 RC Aachen
Noch in der Vorwoche hatte Neckarsulm einen unglaublich nervösen Beginn hingelegt und war gegen Hausen fast eine Halbzeit lang einem Rückstand hinterhergelaufen. Doch beim Aufstiegsspiel am heimischen Rossmarkt zeigte sich die NSU von Beginn an gnadenlos. Die über die ganze Rückrunde hinweg mit weißer Weste spielenden Unterländer konnten nur Minuten nach dem Anpfiff die eigenen Nerven beruhigen und durch Florian Lehmann per Straftritt in Front gehen. Die Marschrichtung gegen verunsicherte Aachener war damit klar. Bei hochsommerlichen Temperaturen drückte die NSU und als Innendreiviertel Daniel Tully kraftvoll eine Lücke in Aachens Defensive erzwang und zum ersten Versuch ablegte konnten die zahlreichen Zuschauer erstmals jubeln.
Noch bevor die Uhr die 20-Minuten-Marke überschritten hatte legte der NSU-Sturm mit einem Pick-and-Go-Versuch nach. Beim Stand von 16:0 fingen sich die Gäste noch einmal und konnten erst einmal die Lücken in der eigenen Defensive stopfen. Kurz vorm Pausenpfiff erfolgte dann über den Aachener Sturm gar der Anschluss, jedoch ohne Erhöhung, so dass es beim Stand von 16:5 in die Pause ging. Nach dem Pausentee kam die Mannschaft von Trainer Mark Kuhlmann mit viel Druck zurück ins Spiel und konnte erneut über den starken Tully sowie über Erste-Reihe-Stürmer Marcel Kapolla zu zwei schnellen Versuchen.
Doch Aachen hatte sich noch nicht aufgegeben und kam in der bis dahin stärksten Gäste-Phase über zwei Versuche, unter anderem durch Schluss James Baxter, auf 17:28 ran und wollte die Partie noch einmal spannend gestalten. Doch Neckarsulms stark besetzte Bank machte in dieser Phase den Unterschied aus. Zweite-Reihe-Stürmer Brian Nyaude und erneut der an diesem Tag überragende Daniel Tully sicherten in der Schlussphase ihrer NSU den Aufstieg.
Vereins-Gründer Heinz Albers gab sich gegenüber der Heilbronner Stimme nach dem Abpfiff emotional: "Heute schließt sich ein Kreis. Das allererste Spiel unserer Rugby-Schul-AG war vor 16 Jahren in Heidelberg gegen Aachen. Einige Spieler von damals standen heute auch auf dem Feld und haben gegen Aachen den Aufstieg in die 1. Bundesliga geschafft.“ Die Marschroute sei es gewesen von Anfang so viel Gas zu geben, dass der Gegner nicht wisse was mit ihm geschehe. Zwei Mal zu Beginn beider Hälften legte sein Team einen Blitzstart hin, dementsprechend zufrieden gab sich der Coach der Unterländer.
Mit Blick auf die Premieren-Saison im Rugby-Oberhaus gab sich der Coach selbstbewusst: „"Mit zusätzlichen 50.000 Euro im Budget werden wir deutscher Meister.“ Unter anderem plane man sich in der Spitze zu verstärken, allerdings nicht mehr wie bisher zum „Nulltarif“. Auf die Bundesliga Süd-Klubs wartet ein selbstbewusster Aufsteiger, der in der kommenden Saison für einige etablierte Bundesligisten eine harte Nuss werden dürfte.
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