Im Bundesliga-Finale wird es zum altbekannten Duell HRK-TVP kommen!
Wer auf eine große Überraschung gehofft hatte, dem wurde am Wochenende leider nicht viel geboten. Die beiden Süd-Topteams Heidelberger RK und TV Pforzheim untermauerten erneut ihre Ausnahmestellung im deutschen Vereinsrugby. Gerade beim Gastspiel des amtierenden Meisters Pforzheim hatten nicht wenige geneigte Beobachter mit einer Überraschung gerechnet, zumal Pforzheim mit einer unterirdischen Rückrunde alles dafür getan hatte, diesen Eindruck zu erwecken. Doch die beste Nord-Mannschaft der Saison, der RK 03 Berlin, konnte das Duell vor eigenem Anhang nur für eine knappe Stunde offen gestalten.
RK 03 Berlin 15 - 52 TV Pforzheim
Dass Pforzheim überhaupt in der sieben Busstunden entfernten Hauptstadt antreten muss, war für die Goldstädter bereits die erste Niederlage. Denn nach einer überragenden Hinrunde und zehn Zählern Vorsprung auf den engsten Verfolger schien das Heim-Halbfinale eine ausgemachte Sache. Doch gleich drei Auswärtsniederlagen, darunter die völlig unerwartete Schlappe bei den Löwen vom TSV, bedeuten für die Rhinos das undankbare Los auswärts beim RK 03 antreten zu müssen.
Doch anders als bei den oft lethargischen Auftritten der Hinrunde wollte der Gast schnell den Eindruck vermitteln, dass man hier nicht halbherzig an die Sache herangehen würde. Die Mannschaft von John Willis, die überraschend inklusive ihres Siebener-Asses Carlos Soteras-Merz auflaufen konnte, drückte die Berliner von Anfang an in deren Hälfte. Zumindest in den ersten Minuten gelang es den Schwarz-Gelben aus dem Osten der Hauptstadt sich zwei Mal in höchster Not zu befreien.
Nachdem die Berliner sich mit Geschick und etwas Glück mehrmals aus der Bredouille retten konnten, war es in Minute 15 ein schnöder Fangfehler, der den Gastgebern teuer zu stehen kommen sollte. Matthew Bressons setzte einen gut platzierten Kick und den Vorball sammelte Rhinos-Innendreiviertel Trent Winterstein dankend auf und konnte ungestört bis zur Mallinie sprinten.
Der RK nutzte dies aber als Weckruf und war plötzlich selbst im Spiel, nach mehreren Phasen tief in der Gäste-Hälfte war es Dritte-Reihe-Stürmer Lee Murray, der auf Seiten der Pforzheimer für zehn Minuten für ein zu hoch angesetztes Tackle in die „Sin Bin“ geschickt wurde. Der Neuseeländer des Meisters hatte sich kaum gesetzt als dem RK 03 prompt dann auch der erste eigene Versuch gelang. Nach unzähligen Sturm-Phasen war es der bullige Ex-Kölner Paul Schmitz, der aus kurzer Distanz den Weg über die Linie fand.
Nun folgte die stärkste Phase der Hauptstädter: Als Ex-Siebener-Nationalspieler Falk Duwe nach einem Durchbruch und 50-Meter-Sprint per Offload auf den anderen Ex-Siebener-Spieler Raphael Hackl ablegte, bedurfte es schon dem ganzen Können von TVP-Schluss und aktuellen DRV VII Spieler Carlos Soteras-Merz um den Angriff abzuwehren.
Mit der Rückkehr von Gelbdsünder Lee Murray eroberte sich der TVP auch das Momentum zurück. Und tatsächlich war es Murray selbst, der nach einem starken Durchbruch von Luke Wakefield das Offload zum zweiten Rhinos-Versuch nutzen konnte. Als dann Max Schilling ebenso für ein zu hohes Tackle mit Gelb bestraft wurde, konnte Pforzheim Versuch Nummer drei durch Luke Wakefield nachlegen, womit die von Kapitän Rob May angeführte Gäste-Fünfzehn mit 19:5 Führung in die Pause ging.
Zum Auftakt von Hälfte zwei erfolgte ein letztes Aufbäumen der Berliner. Der bis dahin das beste Spiel der Saison machende Falk Duwe belohnte sich und seine Mannschaft mit einem schnell angespielten Straftritt, zum 10:19. Doch spannender sollte dieses Finale nicht mehr werden, denn geradezu postwendend gelang Pforzheim durch einen überragenden Cross-Kick von Schluss Soteras Merz der vierte Versuch und dieses Mal behielten die Gäste den Fuß auf dem Gas. Oliver Paine spritzte durch eine viel zu große Lücke in der RK-Defensive und beim Stand von 31:10 war dies eine Art Vorentscheidung.
Hängende Berliner Köpfe, viele Händen auf den Hüften, und nunmehr energisch agierende Pforzheimer bestimmten die letzten Minuten. Manasah Sita, Lee Murray und Carlos Soteras-Merz brachten den amtierenden Meister in kurzer Folge über die 50-Punkte-Marke. Der Schlusspunkt gebührte aber den aufopferungsvoll kämpfenden Berlinern, die nach einem Straftritt das Gedränge wählten. Der eingewechselte Matthias Neumann konnte am Ende einer ansehnlichen Passstafette zum dritten und letzten RK-Versuch ablegen - sehr zur Freude der etwa 1.000 zahlenden Zuschauer.
Gäste-Trainer John Willis analyiserte das Spiel im Nachgang wie folgt: „Den Unterschied machte dann am Ende unser Vorteil bei der Chancennutzung aus. Wir haben die Lücken besser gesehen, waren im entscheidenden Moment einen Schritt schneller und überraschender im Angriff.“ Im Finale erwartet der gebürtige Neuseeländer aber eine noch härtere Partie auf seine Mannen zukommen und fordert von ihnen „noch eine Schippe draufzulegen.“
RK Team-Manager Lutz Joachim zeigte sich nach dem Spiel niedergeschlagen und dennoch optimistisch: „"Es ist natürlich schade, dass wir verloren haben und jetzt nicht das Finale zuhause spielen können. Aber Pforzheim war einfach besser und wir haben eben nicht diesen perfekten Tag erwischt, den wir gebraucht hätten.“ Dennoch werde man den eingeschlagenen Weg weitergehen und es „in der nächsten Saison wieder versuchen.“
Mit Blick auf das in zwei Wochen stattfindende Finale an der Buschallee äußerte sich Joachim gegenüber von TR wie folgt: „Wir freuen uns trotzdem auf das Finale im Stadion Buschallee und wollen auch da ein toller Gastgeber sein. Alle Rugbyfans und Interessierten aus Berlin und Brandenburg, aber gerne auch von weiter weg, sind herzlich eingeladen beim DM-Finale am 24. Juni dabei zu sein.“
Heidelberger RK 69 - 12 SC Germania List
Für die Lister Germania ergab sich der Betriebsausflug nach Heidelberg erst sehr kurzfristig. Das Sportgerichtsurteil, nach welchem das SCG-Spiel gegen Berlin doch unentschieden gewertet wurde, bescherte der Germania den Halbfinaleinzug anstelle des anderen Hannoveraner Top-Klubs. Unglücklicherweise weilten zwei der besten Germanen - Jarrod Saul und Daniel Koch - genau an diesem Wochenende mit der Siebener-Nationalmannschaft in Polen. Insgesamt reisten durch Verletzungen bedingt nur 16 Hannoveraner in den Süden der Republik. Zwar vermisste auch der HRK zahlreiche Akteure, aber der HRK ist nunmal der HRK und kann diese besser als jeder andere Verein verkraften, so dass am Ende mit auf der HRK-Bank Spieler mit Nationalmannschafts-Erfahrung wiederzufinden waren.
So waren die Vorzeichen am künstlichen Grün am Heidelberger Harbigweg klar und auch Germania-Coach Lindsay wollte am Ergebnis lediglich den Fortschritt messen, den seine Mannen in den 12 Monaten gemacht hatten. Der HRK wollte sich die dem eigenen Selbstverständnis nach ins Vereinsheim gehörende Meistertrophäe zurückholen. Wie bereits im Vorjahr legte der Ruderklub los wie die Feuerwehr und es sollte gerade einmal 100 Sekunden dauern, bis der gastgebende Klub durch Nationalmannschafts-Verbinder Raynor Parkinson in Führung gehen konnte. Der gebürtige Südafrikaner fand eine Lücke, durch die er den Weg ins Malfeld fand. Parkinson konnte selbst erhöhen und der Punkte-Reigen war eröffnet.
Noch vor dem Pausenpfiff konnten Loris Geibel, Jaco Otto, Kapitän Kehoma Brenner und Sean Armstrong zum 40:0 Pausenstand erhöhen. In Durchgang zwei konnte Germania das Spiel immerhin in den ersten zehn Minuten offen gestalten, bevor erneut Parkinson und Poppmeier per Doppelschlag das gewohnte Bild herstellten - speziell im Sturm fand der Hannoveraner Klub kein Mittel gegen dominanten Gastgeber. So konnte sich es der Klub nach einer gespielten Stunde erlauben seinen Spielmacher Parkinson zu schonen und dem Eigengewächs Niclas Hohl Spielzeit zu geben. Gegen Ende der Partie konnten Maurice Riege und Niclas Koch noch ein wenig Ergebnis-Kosmetik betreiben, aber am Ende steht ein souveräner Finaleinzug für den HRK, der nun in der übernächsten Woche in Berlin den Ausrutscher aus dem Vorjahr korrigieren und den TV Pforzheim vom Thron stoßen will.
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