Vollgas gegen England: Johannes Schreieck und die DRV VII. Foto (c) Perlich
Unsere Siebener-Jungs hatten sich viel für Tag zwei beim zweiten EM-Turnier des Sommers vorgenommen. Beide Trainer hatten betont, wie wichtig es sei, den Kopf drei Mal über die gesamten 14 Minuten und eventuell darüber hinaus anzuhaben. Natürlich schafft es keine Mannschaft 100% an dieses Optimum heran. Doch während die deutsche Mannschaft gegen Wales für ihre Fehler bitter bestraft wurde und am Ende deutlich verlor, gelangen ihr trotz eigener Patzer mit schier unglaublicher Moral zwei grandiose Siege. Das Comeback unserer DRV VII nach 19-Punkte-Rückstand gegen England, wird noch lange in Erinnerung bleiben.
Am morgen des zweiten Turniertages ging es für unsere Jungs gegen die Waliser, die sich im Vergleich zur Vorwoche in Moskau mit zahlreichen World-Series-Spielern verstärkt hatten. Zu einem Sieg, wie in Moskau, sollte es nicht reichen. Dennoch gelang der deutschen Mannschaft gegen das bis dahin ungeschlagene Wales der bessere Start. Nach dem Ankick eroberte die deutsche Mannschaft tief in der Waliser Hälfte das Spielgerät. Von dort wanderte der Ball schnell durch die Hänge, wo auf Außen ungewohnterweise Fabian Heimpel wartete. Der Verbinder unserer Siebener-Jungs schien den Ball im Malfeld untergebracht zu haben, wurde aber vom Linienrichter zurückgepfiffen. Heimpel schien mit der Fußspitze die Auslinie touchiert zu haben.
Im Gegenzug setzte es dann den ultimativen Nackenschlag für die DRV VII: Wales sicherte sich die Gasse und legte einen 90-Meter-Versuch zur glücklichen 7:0 Führung. Wales war dann drauf und dran nachzulegen, doch kurz vor dem eigenen Malfeld sicherten sich unsere Siebener-Jungs einen wichtigen Turnover. Mit dem Ball ging es dann nach einem Durchbruch vom starken Innen Sebastian Fromm bis in die gegnerische 22. Wo dann nach zwei Phasen Bastian Himmer zum Ausgleich ablegen konnte. Mit diesem Stand ging es dann auch in die Pause.
Der Wiederankick der Waliser landete eigentlich sicher in den Händen von Fabian Heimpel, der geliftet wurde, dann aber in der Luft angegriffen wurde und die Pille so wieder verlor. Direkt an der 22 spielte Wales dann auf die linke Flanke, wo sich unsere Siebener-Jungs leider gegenseitig misstrauten. Beide gingen auf den vorletzten Spieler, der unter Druck auf den Außen spielen konnte, wo ein einfacher Versuch folgte. Ein erneutes Comeback unserer Siebener-Jungs scheiterte durch einen viel zu leichten Ballverlust, auf den Wales mit einem schönen Grubber-Kick reagierte, der dann zu Versuch Nummer drei führte. Zwar bäumten sich unsere Jungs noch einmal ordentlich auf und arbeiteten sich bis in die 22 des Gegners, doch ein Ballverlust und ein weiterer Gegenversuch bedeuteten den endgültigen K.O. der deutschen Mannschaft.
Gegen Frankreich hochkonzentriert, gegen England mit dem Mute der Verzweiflung!
Während die deutsche Mannschaft in der Vergangenheit oftmals nach Niederlagen, wie der gegen Wales, den Kopf hängen ließ, zeigte die DRV VII nun eine Reaktion. Zuerst stand das Spiel gegen Frankreich im Plate-Halbfinale an. In der Vorwoche war die deutsche Mannschaft gegen den gleichen Gegner ebenfalls im Plate-Halbfinale mit 5:35 untergegangen. Frankreich arbeitete sich auch in diesem Spiel direkt nah in die deutschen Linie. Mit etlichen Offloads, die sehr schwer zu verteidigen sind, war Frankreich drauf und dran in Führung zu gehen. Stattdessen gelang der deutschen Mannschaft nach einem Turnover über Sebastian Fromm der erste schön herausgespielte Versuch. Sebastian Fromm war es dann auch, der per Offload Daniel Koch bediente, welcher ebenso ganz außen ablegte. Da auch der dritte Versuch von Johannes Schreieck ganz außen gelegt wurde, war leider keine der Erhöhungen drüber.
Die zweite Hälfte begann dann ebenso mit einem Paukenschlag - Frankreich war erneut nach mehreren Phasen durchgebrochen, als der scheinbar schon geschlagene Johannes Schreieck ein Tackle aus dem Hut zauberte, mit dem er den eigentlich enteilten Franzosen gar noch ins Aus zog. Die Franzosen jedoch wollten nicht aufstecken, erhöhten den Druck gegen eine leidenschaftlich verteidigende deutsche Mannschaft. Doch als sich dann Clemens von Grumbkow in einem Tackle eine Gehirnerschütterung zuzog, war der Damm erst einmal gebrochen. Frankreich brach durch und hatte nach dem 7:15 Oberwasser. Die deutsche Mannschaft verteidigte weiter leidenschaftlich, ließ die Franzosen nach der gefühlt dreißigsten Phase doch zum Versuch kommen. Das deutsche Trainerteam blickte gebannt auf die Stadionuhr, die jedoch ausgefallen war. Erst der dann doch erfolgende erlösenden Schlusspfiff des Unparteiischen beendete die Ungewissheit. Die deutsche Siebener-Auswahl hatte sich den ersten Sieg über Frankreich jemals gesichert.
Die deutsche Mannschaft hatte sich ihre beste Leistung für das abschließende Spiel gegen England aufbewahrt. Bei mittlerweile sommerlichen Temperaturen sollte es ein regelrechter Abnutzungskampf werden - mit dem besseren Start für die DRV-Auswahl. Wieder konnte Sebastian Fromm per Offload für Johannes Schreieck auflegen. Doch anders als im Frankreich-Spiel verlieh der Sieg der deutschen Mannschaft nicht die erhoffte Sicherheit. Auf Außen brach ein Engländer mit einem starken Antritt auf und schien die Auslinie zu touchieren, bevor er zum Versuch ablegen konnte. Doch der gleiche Linienrichter, der zuvor bereits Fabian Heimpels Versuch gegen Wales aberkannte, schien das Schicksal unserer Mannschaft erneut nicht wohlgesonnen. Als die Engländer dann kurz vor und nach der Halbzeitpause durch deutsche Fehler bedingt viel zu einfach nachlegen konnte, sah es nicht gut aus um die Chancen der DRV VII.
Doch auch durch die frischen Beine auf dem Feld, den unnachahmlichen Optimismus von Hakler Jarrod Saul, gab sich die DRV-Auswahl nicht auf. Beim Stand von 7:26 aus deutscher Sicht begann die wohl verrückteste Aufholjagd in der Geschichte dieser Mannschaft. Mit unglaublichen Druck auf die zunehmend ermüdenden Engländer schaffte die deutsche Mannschaft durch Sebastian Fromm, Fabian Heimpel und Robin Plümpe die drei benötigten Versuche zu legen. Doch wie bereits gegen Frankreich waren alle Versuche auf Außen gelegt worden, so dass die deutsche Mannschaft beim Stand von vier zu vier Versuchen immer noch zwei Zähler zurück lag. Den Ankick konnte sich England sichern und für einen Moment schien es so, als würde die unglaubliche Aufholjagd der deutschen Mannschaft so kurz vor dem Ziel scheitern. Doch Bastian Frank Himmer hat anderes im Sinn und sorgte kurz vor der Sirene - nach der England den Ball hätte schlicht ins Aus befördern können - den entscheidenden Turnover holte. Nunmehr im Ballbesitz versuchten die deutschen Jungs nicht überhastet abzuschließen, sondern zeigten sich geduldig und legten den vierten Versuch in Folge. Die Sensation war geschafft und auch der nach einer Gehirnerschütterung nicht mehr spielfähige Clemens von Grumbkow hielt es nicht mehr zurück - der „Elder Statesman“ des Teams rannte aufs Feld und beglückwünschte seine Mitspieler.
Neben einem riesigen moralischen Triumph, der über die schmerzenden Beine nach zwei knüppelharten Turnieren hinweghelfen dürfte, war dieser Sieg auch mit Blick auf die Saisonziele wichtig. Deutschland ist in der Gesamtwertung nunmehr punktgleich mit Frankreich Vierter. Eine Top-Sechs-Wertung in der Abschlusstabelle ist für die Förderung der deutschen Mannschaft durch das Bundesinnenministerium existenziell wichtig. Außerdem liegen wir nun in der inoffiziellen Hongkong-Wertung, derjenigen Teams, die es zum World Series Qualifier-Event schaffen wollen, auf dem zweiten Rang. Vor Italien, das nach toller Leistung in Moskau nun stark abfiel sind es zwei Punkte, vor Georgien und Portugal sind es acht Punkte Vorsprung. Damit rücken zumindest diese beiden Ziele ein Stück weit näher. Die Qualifikation zur WM dagegen ist nach der Hälfte der Grand Prix Serie leider fast schon außer Reichweite. Spanien, Russland und Irland haben jeweils 16 Punkte Vorsprung auf uns und wir müssten mindestens zwei dieser Teams hinter uns lassen. Bei 20 Punkten für einen Turnier-Sieg und jeweils zwei Punkten weniger pro schlechterer Platzierung, wäre es reichlich vermessen, zu glauben noch zwei Teams einholen zu können. Für unsere Siebener-Jungs steht zwei Wochen bereits das nächste Turnier im französischen Clermont an, bevor die EM mit dem Turnier im englischen Exeter abgeschlossen wird.
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