Überraschenderweise kann TVP-Trainer John Willis auf sein Siebener-Ass Carlos Soteras-Merz zurückgreifen.
Die Bundesliga-Halbfinals stehen an. Während es in Berlin zu einem packenden Duell kommen könnte, immerhin könnten sich die Gastgeber vom RK 03 ein Finale daheim sichern, steht der Sieger im anderen Halbfinale bereits fest. So zumindest könnte man einen Social-Media-Post des Vereinskanals unter der Woche deuten.
RK 03 Berlin - TV Pforzheim Samstag 10. Mai, 15:00 Uhr
Die Stimmung im Berliner Team könnte nicht besser sein. Mit dem letzten Sieg gegen den Hamburger RC konnten sich die Männer um das Trainerduo Christian Lill und Maximiliano Bonanno endgültig das Halbfinale im eigenen Stadion sichern. Aber man träumt in Weissensee noch ein Stück weiter: „Wir wollen unser Spiel machen und uns auf unsere Stärken besinnen. In Sturm und Hintermannschaft gleichermaßen stark agieren. Und dann mit den Fans und dem vollen Stadion im Rücken die Sensation schaffen“, wie RK-Teammanager Lutz Joachim mitteilt. Daher kam dem RK das vergangene Spiel gerade recht: „Das Spiel gegen HRC am letzten Sonntag hat noch einmal gut zur Vorbereitung gedient. Die zwei Trainingseinheiten unter der Woche ebenfalls“, so Joachim.
Das Halbfinale wird zur Neuauflage des letztjährigen, denn bereits im vergangenen Jahr standen sich beide Mannschaften ebenfalls im Stadion Buschallee gegenüber. Allerdings mit dem besseren Ende für die Schwarzwälder Gäste. Von daher kommt kein Unbekannter und beim RK ist man bestens eingestellt: „Als amtierender Deutscher Meister sind sie auf jeden Fall Favorit und wollen ihren Titel selbstverständlich verteidigen. Und im Normalfall sind sie uns individuell auf den meisten Positionen sicherlich überlegen, aber wir können als Team und als gesamter Verein stärker sein und das wollen wir zeigen“, urteilt Joachim, und gibt sich auch ein wenig optimistisch: „In der Hinrunde war Pforzheim super stark. In der Rückrunde hingegen hatten sie Probleme und haben das eine oder andere Spiel verloren. Es könnte also ein offenes Spiel geben und mit einer perfekten Leistung wollen wir sie auf dem falschen Fuß erwischen. Wenn Pforzheim Fehler macht sind wir da. Wir wollen ins Heim-Finale.“ Auch das zuletzt dicht gefüllte Berliner Lazarett hat sich ein wenig gelichtet und die Gastgeber können mit einem vollständigen Kader auflaufen.
„Die Geschichte wiederholt sich“, schiebt der TV Pforzheim in seiner Pressemitteilung voran. Stapelt aber sogleich ganz tief: „Das wird angesichts unserer Verletztenliste kein Spaziergang. In diesem Alles-oder-nichts-Spiel sind wir nach unserer verkorksten Rückrunde nicht unbedingt der Favorit“, kommentiert Pforzheims Manager Jens Poff die aktuelle Situation in der Goldstadt. Die Pforzheimer wissen ebenfalls, wer in Berlin auf sie wartet, denn im März begegneten sich beide Vereine im Viertelfinale des DRV-Pokals, mit dem glücklicheren Ende für die Schwaben: „Dieses deutliche Ergebnis von 52:10 für uns täuscht über das echte Kräfteverhältnis hinweg. Wir haben uns damals erst in der zweiten Halbzeit durchsetzen können und glauben, dass sich die Berliner in der Bundesliga-Rückrunde stark verbessert haben“, urteilt Pforzheims Headcoach John Willis und erklärt damit den RK 03 Berlin zum Favoriten dieser Partie.
Die unfreiwillige Spielpause am vergangenen Wochenende durch die Spielabsage des RC Luxemburg sieht Willis als glücklichen Umstand an, denn somit bleibt sein stark gebeutelter Kader vor weiteren Verletzungen geschont. Auch setzt Willis auf eine schnelle Genesung seiner Super-Sprinter Manasah Sita und Morgan Vangue, die „den Berliner Abwehrriegel überlaufen“ sollen. Dazu erhält Willis im Halbfinale unerwartete Verstärkung durch Innendreiviertel Carlos Soteras-Merz, der überraschenderweise nicht im polnischen Lodz mit der Deutschen Siebener-Nationalmannschaft weilt. Nicht an Bord sind die verletzten Tafadzwa Chitokwindo, Luis Vasquez und Markus Bachofer.
Die Erfahrungen aus dem letztjährigen Halbfinale sind Willis zudem ebenfalls im Gedächtnis geblieben: „Mit der großen Fangemeinde im Rücken sei es schwer, den RK 03 in Berlin zu besiegen.“ Aber davon unterkriegen lassen will sich Willis mit seinem Team nicht: „Wenn es uns gelingt, den Ball zu halten und selbst Druck zu machen, werden wir auch zu Gelegenheiten kommen, unsere Versuche zu legen. Mit der richtigen Einstellung können wir es schaffen.“
TotalRugby Prognose: Das Spiel wird ein ganz heißer Tanz ums Ei. Die Berliner sind bis in die Haarspitzen motiviert und wollen den historischen Einzug ins Finale im heimischen Stadion erkämpfen. Die Pforzheimer stehen unter Zugzwang, denn sie wollen sich den Titel nicht ohne weiteres nehmen lassen, auch wenn sie personell stark angeschlagen sind. In der ersten Halbzeit prallen daher zwei Mannschaften aufeinander, die um jeden Meter kämpfen werden und keinen Zentimeter zurückweichen. Das Spiel wird in der zweiten Halbzeit entschieden. Aber für wen, das können wir auch nicht vorhersagen. Dennoch legen wir uns auf den RK 03 fest. Denn mehr Motivation im Rücken zum Sieg geht nun wirklich nicht mehr. Und die verleiht bekanntlich Flügel. Der RK 03 Berlin siegt in einem packenden Spiel mit +3 Punkten.
Heidelberger RK - SC Germania List Samstag 10. Mai, 15:00 Uhr
Wer in diesem Duell Favorit sein dürfte, ist in Rugby-Deutschland alles andere als ein Geheimnis. Unter der Woche jedoch sorgte der HRK über seinen Facebook-Auftritt für unangenehmen Wirbel. Denn dort wurden die eigenen Anhänger zwischenzeitlich bereits zu einer Fanfahrt in die Hauptstadt zum Bundesliga-Finale in zwei Wochen eingeladen. Im Umfeld des SC Germania List wird man sich mit Recht gefragt haben, ob das Bundesliga-Halbfinale denn bereits gelaufen sei. Das Heidelberger Selbstbewusstsein ist, angesichts des 104:12 in der gleichen Paarung beim Vorjahres-Halbfinale, sicherlich angebracht. Dennoch wäre ein wenig mehr Respekt vor der zweitbesten Mannschaft der Bundesliga-Nordstaffel angebracht.
Diese steht auf dem künstlichen Grün am Heidelberger Harbigweg vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Mit Daniel Koch und Jarrod Saul fehlen Coach Duaine Lindsey zwei wichtigen Säulen auf der Dreiviertelreihe - beide weilen mit der deutschen Siebener-Nationalmannschaft in Lodz. Zu allem Überfluss fällt dazu noch Nico Windemuth verletzt aus. Lindsey gibt sich aber dennoch positiv: „Wir hatten die ganze Saison über mit Verletzungen zu kämpfen, es ist schon eine Leistung sich für dieses Spiel qualifiziert zu haben.“ Über die eigenen Chancen macht man sich derweil keine Illusionen bei Germania, denn „wir wissen wie hart es ist gegen den HRK zu spielen“ führt der irische Coach der Hannoveraner weiter aus.
Man werde nach Heidelberg fahren und mit Stolz auf das SCG-Trikot auflaufen. Es gehe auch darum zu beweisen, wie sehr man sich in den letzten zwölf Monaten weiterentwickelt habe. Auf äußere Einflüsse wie die DRV-Nominierungen und Verletzungen habe man nun Mal keine Einfluss.
Auf Seiten der Gastgeber gibt es nur ein akzeptables Resultat bei dieser Begegnung - den neunten Bundesliga-Finaleinzug in Folge klarzumachen. Einen ähnlich leichten Spaziergang, wie im Vorjahr an gleicher Stelle gegen den erwartet man bei Leibe nicht. Trotz steil ansteigender Formkurve fehlen dem Klub nämlich zahlreiche wichtige Akteure. Jarrid Els und Raynor Parkinson verletzten sich beide im Vollkontakttraining am Heidelberger Stützpunkt, dessen Sinnhaftigkeit der Klub in seiner Pressemeldung in Frage stellt. Weiterhin wird der explosive Außen Robert Hittel sich weiter auf seine Prüfungen konzentrieren, während bei Thore Schmidt und Andreas Götz zumindest eventuell auf einen Einsatz gehofft werden darf.
Verstärkung für das Klub-Lazarett: Jarrid Els und Nikita Ovchinnikov
Immerhin wird man beim Klub wieder auf den eigenen Kapitän zurückgreifen können. Kehoma Brenner hat seine Rotsperre mittlerweile abgesessen und wird darauf brennen seine Mannschaft ins Finale zu führen. Doch daran will Klub-Trainer Pieter Jordaan noch nicht denken und betont: „Wir konzentrieren uns einzig und allein auf das Halbfinale, was danach kommt interessiert uns aktuell nicht.“ Mit der Germania erwartet der Südafrikaner an der Klub-Seitenlinie eine Mannschaft „die alles dafür tun wird, um {dem HRK} die Saison zu versauen.“
TotalRugby-Prognose: Am morgigen Samstag treffen in Heidelberg zwei ersatzgeschwächte Teams aufeinander. Doch während man beim HRK zum einen mit dieser Situation mehr als vertraut ist und darüber hinaus noch einen unglaubliche Kaderdichte aufzubieten hat, sind die Ausfälle für Germania List eigentlich nicht zu verkraften. Den Germanen steht ein harter Gang bevor und weder die fünfstündige Busanreise, noch der ungewohnte Kunstrasen werden es den Listern leichter machen. Die eigenen Angriffswaffen auf der Dreiviertelreihe fallen aus, während der schier übermächtige HRK-Sturm im Zaum gehalten werden will. Das Selbstverständnis des gastgebenden Klubs wiederum ist ein ganz anderes. „Der Meistertitel ist schon viel zu lange in fremden Händen“ war da in der Aufforderung zur Fanfahrt zum Endspiel zu lesen. Zwar war diese so schnell gelöscht, wie sie unerwarteterweise zu lesen war. Doch die Prämisse ist alles andere als falsch. Beim Klub will man den Titel zurück und wird sich dabei weder von Germania List, noch von Verletzungen aufhalten lassen. Zu formstark präsentierte sich der Klub in letzter Zeit, der HRK wird das Ticket nach Berlin ziehen und zwar mit +35 Punkten.
|