Erschöpfte, aber glückliche Gesichter bei Debütant Ben Ellermann (links im Bild) und Co. Foto (c) Lugano
Seit vier Jahren hatte die „Simbas“ genannte kenianische Rugby-Nationalmannschaft nicht mehr auf heimischen Boden verloren. Einige prominente Teams, darunter Spanien und Namibia, war in der schwülen Höhenluft Nairobis sprichwörtlich die Puste ausgegangen. Doch der DRV XV ist es gelungen die in der Weltrangliste zwei Ränge vor Deutschland platzierten Kenianer zu schlagen. Für das Selbstbewusstsein der deutschen Mannschaft, die im kommenden Frühjahr einen schwierigen Kampf vor der Brust hat, um sich noch für die WM 2019 in Japan zu qualifizieren, wird dieser Sieg Gold wert sein.
Über 80 Minuten hinweg war die Partie im ausverkauften Rugby-Stadion der kenianischen Hauptstadt hin und hergewogen. Einen frühen Gedränge-Strafversuch für die deutsche Mannschaft, die insgesamt in den Standards klar die Überhand hatte, konnte Kenia schnell ausgleichen. Erst war es Flanker Eric Kerre und dann Zweite-Reihe-Stürmer und Kapitän Wilson K’Opondo, die mit kraftvollen Läufen ihre Mannschaft wieder in Front brachten. Durch einen Hilsenbeck Straftritt ging es beim Stand von 12:10 für die Gastgeber in die Pause.
Der zweite Durchgang belohnte die 10.000 Zuschauer dann mit einem dramatischen Verlauf. Coach Kobus Potgieter zeigte sich im Nachhinein nicht zufrieden mit der ersten Hälfte seiner Mannschaft, deshalb dürfte die Pausenansprache ein wenig lauter ausgefallen sein - Kapitän Michael Poppmeier gelang dann auch prompt mit dem Anpfiff der zweite deutsche Versuch. Insgesamt war die deutsche Mannschaft nun besser im Spiel, doch Kenias Gedrängehalb Samson Onsomu konnte nach einem überragenden Zuspiel zu Kenias drittem Versuch ablegen. Wieder lagen die Gastgeber vorne und nach einem explosiven Antritt von Kenias Siebener-Ass David Ambunya, der per Solo zum vierten Versuch Kenias ablegte, schienen die Gastgeber beim Stand von 26:15 drauf und dran das Spiel zu entscheiden.
Doch anstatt sich bei unangenehm schwülen Bedingungen und auf 1660 Meter Seehöhe ihrem Schicksal zu ergeben, raffte sich die deutsche Mannschaft noch einmal auf. Eine rote Karte für Kenias Nummer acht Martin Owila trug ihr Übriges zum deutschen Comeback bei. Sein Gegenüber Jarrid Els und später Harris Aounallah konnten mit zwei schnellen Versuchen die deutsche Mannschaft Minuten vor dem Abpfiff wieder heran bringen - doch noch lag Kenia 29:27 vorne. Ähnlich wie im Vorjahr gegen Uruguay verpasste Verbinder Chris Hilsenbeck erst vom Tee die erste Chance per Straftritt in Front zu gehen, bevor er mit der letzten Aktion doch noch zum Helden werden sollte. Der Dropgoal-Spezialist aus dem Handschuhsheimer Löwenrudel erlegte die Simbas in deren Revier mit seiner ausgewiesenen Spezialität. Der in diesem Sommer innerhalb der zweiten Liga Frankreichs wechselnde Verbinder hat sicherlich bereits bessere Dropgoals gekickt, aber auch wenn die Flugbahn leicht krumm war - Hilsenbeck gelang aus 40 Metern der entscheidende Siegtreffer.
Potgieter: "Muss meinen Hut vor der Leistung in Hälfte zwei ziehen"
Kobus Potgieter zeigte sich gegenüber TotalRugby nach dem Abpfiff erleichtert. „Es war ein richtig gutes Rugby-Spiel, Kenia hat bewiesen dass sie mit dem Ball in der Hand eine richtig starke Mannschaft sind.“ Mit der Leistung in der ersten Hälfte war Potgieter dagegen nicht zufrieden, er hielt sie für enttäuschend, speziell da man die sich bietenden Chancen nicht genutzt habe. Zu viele Balle hatte die deutsche Mannschaft leichtfertig hergegeben und einige Kicks waren taktisch unklug so Potgieter weiter. „Doch die Leistung in der zweiten Hälfte, speziell das Comeback nach einem Elf-Punkte-Rückstand in der Schlussviertelstunde, ich muss meinen Hut vor der Leistung ziehen!“
Simbas-Coach Jerome Paarwater zeigte sich trotz der knappen Niederlage seiner Mannschaft zufrieden mit dem Spiel. In den Gedrängen habe es die erwartete Lektion durch die Deutschen gegeben, aber darüber hinaus habe man gut mit der DRV XV mithalten können. Die deutsche Mannschaft, die am heutigen Tag die Chance für einige nicht näher genannten Team-Aktivitäten nutzen wird, geht es morgen zurück in die Heimat. Für das HRK-Kontingent bedeutet das Bundesliga-Playoffs, während für die Frankreich-Legionäre die Saison bereits beendet ist. Wohl erst im November wird die deutsche Mannschaft dann wieder und die Vorbereitung für die Rugby Europe Championship 2018 und damit die WM-Quali fortsetzen.
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