Hannover 78 scheint das Rennen um den zweiten Halbfinalplatz im Norden für sich entschieden zu haben.
Dieser Spieltag wird nicht unbedingt in die Annalen der Rugby-Bundesliga eingehen. Doch wichtige Entscheidungen fielen dennoch. Victoria Linden besiegelte den eigenen Abstieg durch die Absage des Spiels gegen Spitzenreiter Berlin. Das gleiche gilt für den RC Luxemburg, dessen Abenteuer Bundesliga nach nur einem Jahr beendet ist. Hannover 78 und Pforzheim gehen indes weiterhin auf den Halbfinaleinzug hin.
TV Pforzheim 40 - 12 RK Heusenstamm
Für den TV Pforzheim war es das selbsterklärte Alles-oder-nichts-Spiel. Die Rhinos hatten zuvor mit ihren drei Rückrunden-Niederlagen nicht nur ihren komfortablen Vorsprung und die Tabellenspitze verspielt, selbst der Halbfinaleinzug schien plötzlich in Gefahr. Doch mit dem deutlichen Sieg daheim über die Füchse und durch die zeitgleiche Niederlage der RGH im Lokalderby gegen den SCN, ist den Rhinos das Halbfinale nun nicht mehr zu nehmen. Im sechsten Jahr Bundesliga-Zugehörigkeit sind die Rhinos damit zum sechsten Mal im Halbfinale. Die Füchse dagegen verbleiben vorerst auf Platz fünf, können aber noch sowohl vom TSV Handschuhsheim als auch vom SCN abgefangen werden.
Die erste Halbzeit jedoch war ein offener Schlagabtausch zwischen zwei bei guten Bedingungen offensiv aufspielenden Teams. Auf einen Pforzheimer Doppelschlag durch Sturm-Tank Tim Kasten und Spielmacher-Genie Matthew Bressons antwortete der Gast aus dem Rhein-Main-Gebiet mit einem eigenen Versuch durch Tobias Apelt. Noch vor der Pause konnte der amtierende Meister durch seinen Brecher Tim Kasten zu einem weiteren Versuch kommen und den alten Abstand von 14 Punkten zur Pause wiederhergestellt.
Der zweite Durchgang allerdings gehörte gerade in der Anfangsphase eindeutig den Gastgebern. Dei heimstarken Pforzheimer hatten das Spiel spätestens mit dem Doppelschlag durch einen Sturmversuch von Lee Murray und einen weiteren durch Ali Sürer entschieden. Vedad Garanovic konnte für den RKH noch einmal spät Ergebnis-Kosmetik durch den zweiten Füchse-Versuch betreiben. Doch da war die Partie längst entschieden.
Bei den Rhinos selbst lautete die Analyse nach dem Spiel wie folgt: Die individuelle Klasse hat sich gegen das Kollektiv durchgesetzt. In Pforzheim muss man sich mit Blick auf die wohl anstehende Halbfinal-Auswärtsfahrt nach Berlin mit dem Gedanken anfreunden neben Tafadzwa Chitokwindo auch vom zweiten Super-Sprinter aus Simbabwe, Manasah Sita, verabschieden zu müssen. Doch TVP-Teammanager Jens Poff sieht darin auch etwas Gutes. Immerhin könne man so verstärkt auf den eigenen Nachwuchs setzten, was sich in dieser Saison mit dem Einsatz von Phil Paine bereits „prächtig entwickelt habe“. Noch bevor es für den Tabellen-Zweiten in das nunmehr sichere Halbfinale geht, wird der bereits sicher als Absteiger feststehende RC Luxemburg am übernächsten Wochenende seine Zelte im Südwest-Energie-Stadion aufschlagen.
RC Luxemburg 0 - 88 Heidelberger RK
Beim HRK war die Devise vor dem Gastspiel im Großherzogtum die gute Ausgangslage, nachdem man den amtierenden Meister Pforzheim überflügelt hatte, nicht wieder zu verspielen. Dementsprechend entschlossen ging der Klub auf dem Kunstrasen des luxemburgischen Cessange zu Werke und ließ von Anfang an keinen Zweifel am eventuellen Sieger aufkommen. Auch der kurzfristige Ausfall vom zuletzt in Topform spielenden Außen Robert Hittel und Flanker Benedikt Rehm konnte den Klub nicht stoppen. Für den nunmehr als sicheren Absteiger feststehenden RCL kam es dabei aber nicht dermaßen dicke, wie in der Hinrunde, als man in Heidelberg 120 Punkte kassierte. Zwar warfen sich mutige Akteure der Himmelblauen immer wieder in den Weg des kaum aufzuhaltenden Klub-Sturms, aber schlussendlich war der im ungewohnte Grün auflaufende Klub um Jaco Otto mehr als eine Klasse besser.
Für den RCL beginnt damit die Abschiedstournee aus der Bundesliga mit dem letzten Heimspiel gegen die RGH in der kommenden Woche, bevor es zum vorerst letzten Bundesliga-Spiel zum Meister TV Pforzheim geht. Der Klub dagegen wird hoffen müssen, dass seine Akteure unversehrt vom Kenia-Länderspiel zurückkommen werden. Im letzten Heimspiel der regulären Saison dann gilt es sich das Halbfinale daheim zu sichern, wenn Frankfurt zu Gast ist.
SC Neuenheim 24 - 19 RG Heidelberg
Dem Sportklub ist gegen die RGH ein wichtiger Befreiungsschlag im Abstiegskampf gelungen. Die Königsblauen konnten auf dem heimischen Museumsplatz eine hart umkämpfte Partie im zweiten Durchgang drehen und haben nun den direkten Klassenherhalt selbst in der Hand, wenn es in zwei Wochen zum Derby gegen den Erzrivalen Handschuhsheim geht. Für die RGH geht es hingegen in den beiden abschließenden Heimspielen gegen Luxemburg und den RK Heusenstamm um die „goldene Ananas“ wie es der Trainer der Orange Hearts gegenüber TotalRugby formulierte.
Dabei war den stark dezimiert angetretenen Gästen aus dem Süden der Neckarstadt der deutlich bessere Start gelungen. Mit drei Straftritten zu einem für den SCN, und somit 9:3 Punkten, ging es in die Pause. SCN-Coach Lars Eckert wird mit seiner Pausenansprache den richtigen Ton gefunden haben. Ebenso machte der RGH die Tatsache zu schaffen, dass man mit nur zwei Bankspielern keinerlei Alternativen mehr aufbieten konnte. Der zweite Durchgang ging nämlich deutlich an den Gast, der mit drei zu eins Versuchen das Ergebnis komplett drehen konnte und die 7:79 Schlappe aus der Hinrunde gegen eine RGH in Bestbesetzung zumindest teilweise vergessen machen konnte.
Für die Ausgangslage der Königsblauen im Abstiegskampf war der Sieg essenziell. Denn Handschuhsheim kann zwar im Nachholspiel gegen Frankfurt erneut die Plätze mit dem SCN tauschen, sich dabei aber in keinem Fall einen Vorsprung herausarbeiten, der nicht im direkten Derby-Duell aufzuholen wäre. Der SCN hat damit Schicksal in Sachen Klassenverbleib wieder selbst in der Hand.
Nord/Ost
Berliner RC 52 - 24 RC Leipzig
Coach Danny Stephens hatte nach der aus BRC-Sicht zu hohen Derby-Niederlage gegen den RK 03 und der unglücklichen Schlappe gegen 78 die Losung ausgegeben von nun alle Spiele zu gewinnen und damit zumindest Platz vier zu sichern. Mit einem deutlichen Sieg über den Rugby Club Leipzig, gegen den die Westberliner noch in der Vorrunde verloren hatten, ist ihnen auch genau das gelungen. Dabei waren die zuletzt immer stärker werdenden Sachsen durchaus mit Ambitionen in die Hauptstadt gereist.
Doch die Gastgeber machten mit einem frühen Doppelschlag und zwei blitzsauberen Versuchen über die Dreiviertelreihe schnell klar, dass sie keine weitere Niederlage kassieren wollen würden. Auch bei den Standards standen die Hauptstädter gegen die gerade im Sturm stark eingeschätzten Gäste sicher, so dass es nach 15 Minuten 14:0 stand. Kurz vorm Pausentee fanden beide Teams noch einmal den Weg über die Linie, doch insgesamt dominierte der Gastgeber das Geschehen.
Zu Beginn des zweiten Durchgangs roch dann aber alles nach einem Sachsen-Comeback. Denn dem Gast gelungen zwei schnelle Versuche zum zwischenzeitlichen Ausgleich und zuerst fand der BRC keine Antwort auf dem Sturmlauf. Doch so schnell die Messestädter in die zweite Hälfte gestartet waren, so schnell ging ihnen auch wieder die Puste aus. Die Jungfernheide bleibt kein gutes Pflaster für den RCL, der noch nie in der Hauptstadt gewonnen hat. Die Hauptstädter antworteten gleich mit vier eigenen Versuchen und spielten den RCL gegen Ende des Spiels mit schnellen Spielzügen über die Dreiviertel schwindlig.
Dem RCL bleibt in der letzten Partie lediglich die Möglichkeit den fünften Platz vom Hamburger RC zu erobern. Der Berliner RC hingegen hat sich mit dem Sieg gegen den direkten Konkurrenten endgültig Platz vier gesichert und kann dem Heimspiel gegen Germania List entspannt entgegensehen.
SC Germania List 94 - 3 FC St. Pauli
Beim FC St. Pauli wollte man die letzten Spiele als eine Art Warmlaufen für die anstehenden Relegationsduelle um den Klassenerhalt nutzen. Doch statt sich beim Trip an die Leine zu Germania List Selbstbewusstsein für die existenzielle Aufgabe zu sichern, holten sich die Hamburger in der Landeshauptstadt Niedersachsens eine blutige Nase ab. Wieder mit der Dreiviertelreihe in Bestbesetzung antretend, nachdem alle Germanen heil von den Centrale 7s mit der Siebener-Entwicklungsmannschaft des DRV zurückgekommen sind, legte der Gastgeber los wie die Feuerwehr.
Maurice Rige, Henrik Meyer, Nico Windemuth und Janis Groß spielten angeführt von Daniel Koch den Hamburger Gast schwindlig und legten vier schnelle Versuche, die den Bonuspunkt nach bereits zwanzig Minuten sicherten. Sollte irgendein Paulianer zu diesem Zeitpunkt gehofft haben, dass der SCG nun den Fuß vom Gas nehmen würde, hatte er sich getäuscht. Bis zur Halbzeitpause folgten weitere vier Versuche des Gastgebers, der nun speziell über die pfeilschnellen Dreiviertel Katz und Maus mit seinem Gegner spielte.
Zur zweiten Hälfte nahm die Mannschaft von Kapitän Tom Behrendt zumindest den Kampf an, hielt die eigenen Mallinie 20 Minuten lang sauber, übertrieb es aber zuweilen mit der Härte. Während ein erstes heftiges Handgemenge noch ohne Folgen blieb, sah Paulis Schluss für ein unfaires Tackle später gelb. Die gleiche Aktion resultierte in einem Strafversuch und in der Folge stellte sich wieder das gewohnte Bild aus Hätte eins ein. Germania erlief erkickte und erspielte sich einen Versuch nach dem anderen. In Erinnerung sollte dabei besonders ein 80-Meter-Sprint von Jarrod Saul nach einem Befreiungskick bleiben, der in einem wunderschönen Versuch resultierte. In den letzten zehn Minuten boten sich dem SCG noch etliche Chancen die 100-Punkte-Marke zu knacken, doch dem Gast blieb diese Blamage glücklicherweise erspart.
Hannover 78 64 - 0 Hamburger RC
Chancenlose Hamburger ebneten Hannover 78 in einer schwachen Auswärtsspartie den Weg ins Halbfinale der Rugby-Bundesliga. Zwar müssen die 78er vom Trainerduo Schippe/Krause noch gegen St. Pauli antreten, doch in der momentanen Form scheint der andere Hamburger Klub keine wirkliche Herausforderung für starke Hannoveraner zu sein. Gleichzeitig steht aber genauso fest: Einen Ausrutscher kann sich der momentane Zweite nicht erlauben, denn der Vorsprung auf den Zweiten Germania beträgt genau einen einzigen Punkt und die Lister haben den direkten Vergleich gewonnen.
Hamburgs gefürchteter Sturm konnte über die gesamten 80 Minuten seine Wirkung nicht entfalten und 78s blitzschnelle Reihe konnte mit ihren Gegenübern machen was sie wollte. Dennoch wird diese Saison für den HRC als erfolgreich in die Annalen gehen, selbst wenn die Mannschaft von Trainer Carsten Segert im letzten Spiel gegen den RK 03 die erwartete Niederlage kassieren sollte und damit hinter den RCL auf Platz sechs rutschen sollte. Denn es nicht einmal sechs Monate her, als der HRC den Klassenerhalt erst im Nachsitzen sichern konnte.
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