Münchens Sieggarant gegen den favorisierten RC Rotweil: Verbinder Peter Morris. Foto (c) Doris Marka
Die reguläre Saison im Rugby-Unterhaus biegt auf die Schlussgerade ein. Während an der Spitze der vier Staffeln weiter um den Playoff-Einzug und damit die Chance auf einen Bundesliga-Aufstieg gekämpft wird, geht der Existenzkampf im Tabellenkeller weiter. Erstes Opfer ist der Berliner SC, der den Gang in die Drittklassigkeit antreten werden muss. Derweil stolperte der RC Rotweil bereits zum zweiten Mal in Folge und hat damit seine überragende Ausgangssituation innerhalb von nur sieben Tagen verspielt.
Süd
Es ist nicht lange her, da galt der RC Rottweil noch als Maß aller Dinge in der zweiten Liga Süd während der München RFC nach epischem Fehlstart noch für das genaue Gegenteil stand - doch die wie schnell sich die Dinge im Rugby wandeln können, zeigen die Ergebnisse vom vergangenen Wochenende. Der. bis zur Vorwoche mit makelloser Bilanz an der Tabellenspitze stehende Schwarzwaldclub trat in Bayerns Landeshauptstadt an und verlor mit 12:25 erstaunlich deutlich.
Angeführt von Verbinder Peter Morris erspielten sich die himmelblauen Gastgeber über die wendige Dreiviertelreihe ein ums andere Mal Vorteile. Rottweil hingegen schaffte es selten Tackles zu brechen, oder Lücken zu finden. Dazu fehlten den Befreiungsversuchen der Schwarz-Gelben die nötige Präzision und Distanz, so dass München ein ums andere Mal gefährlich kontern konnte. Zur Halbzeit lag München jedoch lediglich durch einen Versuch über außen von Alexander Markra vorne.
Kurz nach der Halbzeitpause sah es kurzzeitig danach aus, als könnte Favorit Rottweil seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden. Zwei Versuche in schneller Folge, darunter einer im Sturm von Kapitän Oswald, sowie ein aus einem abgefangen Pass resultierender Versuch von Außen Schüler brachten den RCR zwischenzeitlich in Führung. Doch diese Episode sollte nur der Auftakt zur Peter-Morris-Show sein. Der RFC-Verbinder begann seine überragende zweite Hälfte mit einem Durchbruch über außen und obwohl er denn Ball schlussendlich nahezu mittig ablegen konnte, verpasste er es den eigenen Versuch zu erhöhen.
Dennoch lag der RFC nun wieder mit 13:12 vorne und Morris setzte sein überragendes Spiel fort. Zwei weitere Versuche zu einem lupenreinen Hattrick in der Schlussphase - darunter ein sehenswerter Überkick - sicherten seinem Team den verdienten Sieg und darüber hinaus noch den kaum für möglich gehaltenen Bonuspunkt. In der Schlussphase kam es noch zu unschönen Szenen, darunter auch auf Video dokumentierte Faustschläge, die uns zugespielt worden sind und die wir an anderer Stelle getrennt behandeln wollen.
Starke Münchner dominierten das Geschehen gegen den RCR
Auf Rottweiler Seite erkannte Präsident Karl-Heinz Bahr den „verdienten Sieg“ der Münchner an. Gleichwohl war im Spielbericht auf der Homepage des RCR von „englischen Münchnern“ die Rede und man sah sich beim unterlegenen Gast genötigt zu betonen, dass der Gegner „überwiegend mit englischen Spielern besetzt“ sei. Was dies mit dem Spielverlauf zu tun hat, erschließt sich uns nicht - niemand käme bei TotalRugby auf die Idee von „rumänischen Rottweilern“ zu sprechen, obwohl einige Spieler des RCR aus der Balkan-Rugbyhochburg stammen. Rugby ist und bleibt ein Spiel, das Menschen aller Nationalitäten und Hautfarben verbindet, die Andersartigkeit des Gegners zu betonen, passt nach unserem Verständnis des Sports nicht dazu.
Lachender Dritter im Süden war dagegen Neckarsulm - Die Unterländer konnten gegen Schlusslicht Regensburg ihre Tabellenführung weiter ausbauen. Gleich 15 Versuche erzielten die Württemberger gegen hoffnungslos unterlege Gäste aus der Oberpfalz. Beim Halbzeitstand von 38:0 konnte Coach Mark Kuhlmann bereits etliche Reservisten aufs Feld bringen, dennoch kratzte die NSU an der 100-Punkte-Marke, gewann am Ende aber "nur" mit 95:0. Allzu komfortabel ist die Tabellenführung der NSU allerdings noch nicht - Rottweil ist mit sieben Punkten Rückstand und einem Spiel weniger auf dem Konto noch in Reichweite und am kommenden Wochenende wird Neckarsulm spielfrei sein und StuSta seinen Rückstand beim TSV II auf einen Punkt verkürzen können.
Denn die Studentenstädter aus der bayerischen Landeshauptstadt konnten ihre Pflichtaufgabe in Karlsruhe mit 60:10 bravourös meistern und halten damit Platz zwei. In der kommenden Woche steht für die StuSta erneut ein weiter Trip an und zwar dann in die Kurpfalz zum TSV II. Dieser hatte im Heidelberger Derby gegen den Heidelberger TV eine bittere 8:20 Pleite hinnehmen müssen. Aber da Karlsruhe bekanntlich ebenso verloren hatte, bleiben die Badener weiterhin Vorletzter hinter den Kurpfälzern.
Ost
Nichts neues im Osten - die Berliner Grizzlies marschieren weiter unaufhaltsam Richtung Playoff-Einzug - der ihnen bereits jetzt nur noch theoretisch genommen werden kann. Der erst im vergangenen Sommer aufgestiegene und insgesamt noch sehr junge Hauptstadtclub machte mit seinen Dresdner Gästen kurzen Prozess und gewann mit 49:15. Die Grizzlies sicherten sich bereits ihren eigenen Ankick und noch bevor Dresden das erste Mal den Ball in der Hand hatte, lagen die Hillbillies aus der sächsischen Landeshauptstadt bereits mit 0:7 hinten. Die ersten Minuten sollten dann auch den Ton für den Rest der Partie vorgeben - Berlin ließ sich den Bonuspunkt-Sieg trotz hartem Dresdner Widerstand nicht nehmen. Damit stehen die Grizzlies elf Punkte vorm Bundesliga-Absteiger Hohen Neuendorf, bei noch drei ausstehenden Spielen. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, damit die Grizzlies nicht als erster in die Playoffs einziehen, womit ein Durchmarsch bis in die Bundesliga keine Utopie mehr wäre.
Bundesliga-Absteiger Rugbyunion Hohen Neuendorf erledigte seine Hausaufgaben im Derby gegen Velten, das zugleich ein Verfolger-Duell war. Doch so richtige Derby-Stimmung wollte nach den Vorkommnissen rund um das Veltener Spiel in der Vorwoche nicht aufkommen und wir wollen es vorweg nehmen: Es war ein äußerst faires Duell zwischen dem Zweiten und Dritten. Die Gäste aus der Ofenstadt agierten allerdings lethargisch und konnte selbst keine großen Akzente setzen. Hohen Neuendorf konnte mit 14:0 nach Versuchen von Prop Ay und Gedrängehalb Wendt, der mit einem schönen Solo den zweiten Versuch der RU besorgte, souverän in die Pause gehen. Auch in Halbzeit zwei hatten die Gäste wenig entgegen zu setzen und kassierten vier weitere Versuche durch Schomacker, Hermann, zwei Mal Zweite-Reihe-Stürmer Langer. Die RU steht nach dem 38:0 acht Punkte vor den Veltenern, die allerdings ein Spiel weniger auf dem Konto haben.
Endgültig abgestiegen ist der Berliner SC, der aufgrund von Personalproblemen zum möglichen Abstiegs-Endspiel gegen den USV Jena gar nicht erst angetreten war und folgerichtig 0:50 am grünen Tisch verloren hat. Die Jenaer profitieren damit und haben den Klassenerhalt nunmehr sicher. Der USV Potsdam hingegen tauschte durch ein klares 42:12 über den Berliner RC II die Plätze mit der Zweitvertretung des Hauptstadtklubs. Bei elf Punkten Rückstand auf den Zweiten Hohen Neuendorf und zwei Spielen weniger in der Wertung - wobei das Duell gegen Velten sicherlich für Potsdam gewertet werden dürfte - könnten die Adler sogar noch Mal einen Angriff auf den zweiten Playoff-Platz wagen.
West
Im Westen sind Aachen und Hausen weiterhin die Top-Favoriten auf den Playoff-Einzug. Die Kaiserstädter vom RC Aachen hatten mit Schlusslicht RT Münster wenig Probleme und schickten die Münsteraner Touristen mit einer deftigen 51:0 Klatsche zurück in die heimische Studentenstadt im Norden Westfalens. Das Ergebnis war für die Aachener - die nach dem Derbysieg über Köln in der Vorwoche mehr als genug Selbstbewusstsein getankt hatten - ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Playoff-Einzug. Bei sechs Punkten Vorsprung auf den Zweiten Hausen könnten sich die Aachener am letzten Spieltag der regulären Spielzeit gar einen Ausrutscher gegen Hausen erlauben, sollten sie ihre Duelle gegen Essen und Düsseldorf erwartungsgemäß gewinnen.
Das wiederum wäre das optimale Szenario für die TGS Hausen, die sich am Wochenende einen souveränen 29:10 Bonuspunkt-Sieg gegen Düsseldorf erkämpfte. Die Löwen von Trainer Benoit Grob hatten beim Halbzeitstand von 19:3 bereits alles unter Kontrolle und konnten, trotz einer längeren schwachen Phase im zweiten Durchgang, den so wichtigen Bonuspunkt noch ergattern. Düsseldorf gelang mit dem Schlusspunkt noch der Ehrenversuch, doch am Ende stand eine klare Niederlage auf dem Papier. Düsseldorf verharrt damit auf dem fünften Rang, einzig die beiden Aufsteiger Essen und Münster stehen hinter den Dragons.
Hausen bleibt auch gegen Düsseldorf in der Erfolgsspur
Für Hausen war auch der Bonuspunkt essenziell, da Verfolger Köln sich von der Derbyniederlage gegen Aachen erholt hat. In Darmstadt zeigte der ASV, das was er in der Vorwoche gegen den Spitzenreiter vermissen hatte lassen. Ein dominanter Auftritt, der früh mit dem ersten ASV-Versuch belohnt wurde. Tapfer kämpfende Darmstädter hielten lange gut dagegen und konnten das Resultat zur Pause mit 3:19 noch recht knapp halten. Doch in den letzten zwanzig Minuten konnte der Gast mit vier Versuchen das Ergebnis schlussendlich sehr deutlich gestalten. Der Ehrenversuch der Gastgeber resultierte bei schönstem Frühlingswetter aus einer ansehnlichen Reihe-Kombination, von der es allerdings von Darmstädter Seite zu wenige zu sehen gab, so dass die Partie 10:52 endete. Die Darmstädter, die bei einem Sieg an den Kölnern hätten vorbeiziehen können, endet die Saison damit im Mittelfeld. Die Domstädter wiederum müssen darauf hoffen, dass Tabellenführer Aachen, wie in der Vorrunde gegen Hausen gewinnt, oder dass die Löwen unerwartet anderswo patzen. Sonst wird es für den Bundesliga-Absteiger nicht zum Playoff-Einzug reichen.
Nord
Hatte Kellerkind DRC Hannover in der Vorwoche noch mit einem völlig überraschenden Auswärtssieg in Paderborn punkten können, kam der DRC nun beim Lokalrivalen und Spitzenreiter SG Odin/Döhren böse unter die Räder. Ganze 104 Punkte konnte die Spielgemeinschaft Odin/Döhren über die 80 Minuten hinweg erzielen, ohne dass dem DRC auch nur ein einziger eigener Punkt gelungen wäre. Auch wenn die Ricklinger mit Personalsorgen angetreten waren, ein solches Ergebnis ist eine Machtdemonstration. SG-Trainer Harald Lacht gab sich gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitungen im Anschluss auch äußerst selbstbewusst: „Wenn sich keiner mehr verletzt, sollten wir es in die 1. Liga schaffen“. Nur um dann doch nachzuschieben, dass die richtig schweren Aufgaben in den Playoffs warten werden. Tatsächlich ist der SG der Einzug in die Aufstiegsspiele kaum mehr zu nehmen. Dreizehn Punkte Polster bei einem Spiel mehr als Bremen, sowie zwei Spiele gegen schlagbare Gegner. In Hannover kann man so langsam die Planungen für die Playoffs beginnen.
Für den DRC allerdings hat die Niederlage keine direkten Auswirkungen in der Tabelle, da Schlusslicht Germania List II in Paderborn mit 0:26 unterlag. Damit trennen beide Teams weiterhin drei Punkte und die Entscheidung um den Ligaverbleib dürfte in zwei Wochen im direkten Duell beider Teams fallen.
Keine Chance hatte Germanias Zweitvertretung beim Auswärtsspiel in Paderborn
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